Nach Hillinger-Eklat: „Beim Strom war Süden Vorreiter“

Nach Hillinger-Eklat: „Beim Strom war Süden Vorreiter“
Der Autor Norbert Pingitzer lädt den Winzer zu einem Glas Wein und zu einem geschichtlichen Austausch ein.

Ein Auftritt des Joiser Winzers Leo Hillinger in der Puls4-Fernsehshow „2 Minuten 2 Millionen“ vergangene Woche hatte für Aufsehen gesorgt. Wie berichtet, will Hillinger 500.000 Euro in das Chalet-Projekt am südburgenländischen Hannersberg investieren. Die Kommentare des Winzers im Fernsehen hatten, um es höflich zu formulieren, doch für etwas Verwunderung gesorgt – vor allem die Aussage „...die haben keinen Strom und nix gehabt da unten“.

Entschuldigt

Hillinger hatte sich in aller Form entschuldigt, wenn „mein Burgenlandwitz falsch rübergekommen ist“.

Die „Causa“ hat Sachbuchautor („Tankstellen im Burgenland“, "Autos im Burgenland" und weitere) und Hobby-Historiker Norbert Pingitzer, der aus Mattersburg stammt und jetzt im  mittelburgenländischen Kobersdorf lebt, auf den Plan gerufen.

Seit Jahrzehnten beschäftigt sich der 70-jährige Ingenieur nicht nur mit der Geschichte seines Heimat-Bundeslandes, sondern auch mit dessen technischer Entwicklung. Und so hätten ihn die Aussagen Herrn Hillingers sehr erstaunt, sagt Pingitzer.

"Stromerzeugung vor 117 Jahren"

Denn wie er aufgrund seiner Recherchen wisse, habe es in Badersdorf (Bezirk Oberwart) „das erste E-Werk mit Hochspannungsleitung im Burgenland“ gegeben.

„Wie ich  meiner Reverenzliste der Leobersdorfer Maschinenfabrik entnehme, wurden von 1904 bis 1929 insgesamt 19 Wasserturbinen in das Gebiet des heutigen Burgenlandes geliefert. Die erste und zugleich mit Abstand leistungsfähigste mit 102 PS ging an das Erdödy- Kraftwerk in Badersdorf an der Pinka. Und zwar 1904. Ihr Charletdorf-Projekt, Herr Hillinger, ist davon nur 5 Kilometer entfernt“, erklärt Pingitzer.

Als Beweis hält Pingitzer zwei Isolatoren aus dem einstigen E-Werk, das vor drei Jahren abgerissen wurde, in die Kamera (siehe Bild oben).

Dass im Südburgenland vor 117 Jahren Strom erzeugt wurde, sei an und für sich schon beachtlich, so der technikaffine Autor. „Aber es wird noch besser. Die erzeugte Energie wurde dort gar nicht genutzt, sondern auf 5 Kilovolt (kV) hochtransformiert in das Schloss zur Mühle und zum Sägewerk nach Kohfidisch bzw. Kirchfidisch geliefert. Da waren die der Zeit voraus."

"Waren Vorreiter"

Daniel Ziniel, Bürgermeister (ÖVP) von Badersdorf, weiß um die Bedeutung der Stromerzeugung in seiner Heimatgemeinde. „Wir waren da Anfang des 20.Jahrhunderts Vorreiter“, bestätigt  der 28-Jährige. In der knapp 300-Seiten umfassenden Chronik der Gemeinde sei dem Thema gebührend Platz eingeräumt worden, so Ziniel.

Weil auch Pingitzers Vorfahren aus dem Nordburgenland stammen - sein Vater wurde 1919 in Gols geboren - wolle er dem Winzer ein Angebot machen. In burgenländischer Manier lade er ihn ein, „bei einem Glas Wein“ über die Geschichte ihrer beider Heimatland zu plaudern.

„Ich nehme Ihnen auch ab, dass Sie es mit ihrer Entschuldigung ehrlich gemeint haben. Darum kommt meine Einladung auch von ganzem Herzen", sagt Pingitzer.

"Kerzen, die keiner ausblasen kann"

Einen Besuch würde sein prominenter Gast, falls er denn käme, jedenfalls nicht bereuen, versichert Pingitzer.  Denn neben dem Genuss von Wein stellt er, selbst Mühlenbesitzer, in Kobersdorf einen Rundgang durch das denkmalgeschützte Gebäude in Aussicht.

Auch in seiner Mühle  - "unterhalb des Sieggrabener Sattels", wie Pingitzer mit Augenzwinkern bemerkt, -   sei  sehr früh Strom mit dem Wasserrad erzeugt worden. Seinem Gast  wolle er gerne „nette Anekdoten“ erzählen, wie etwa diese: „Als die  Glühlampen in der Mühle erstmalig in Betrieb gingen, erzählte die Müllerin im Dorf ganz stolz: 'Wir haben jetzt Kerzen, die kann niemand mehr ausblasen'.“

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