Nord gegen Süd: Der ewige Konflikt in neuem Licht
Der Sieggrabner Sattel ist jener Punkt, der das Burgenland in Nord und Süd teilt. Mittendrin natürlich das Mittelburgenland, das sich als selbstbewusste Pufferzone dazwischen behauptet und ganz eigene Charakteristika aufweist. Mit dem Start der neuen KURIER-Serie „100 Jahre Nord versus Süd“ wollen wir diesen ewigen Konflikt neu beleuchten. Nicht zuletzt deshalb, weil die Aussagen von Star-Winzer Leo Hillinger über das Südburgenland in der vergangenen Woche für heftige Aufregung in den sozialen Medien gesorgt haben.
Armer Süden - reicher Norden?
Denn die Rivalität zwischen Nord und Süd ist innerhalb des Landes legendär. Während der Rest von Österreich nichts von diesem Konflikt ahnt, wurden darüber hierzulande schon heftige Streitgespräche geführt – und dann bei einem guten Glas Wein auch wieder friedvoll beendet. Ganz nach burgenländischer Art.
Aber auch wenn der Schmäh „rennt“ und die „Hackl‘n“ zeitweise tief fliegen – was unterscheidet Nord- und Südburgenland, wie haben sich die Regionen in den vergangenen Jahren entwickelt und stimmen die Klischees vom südlichen „Armenhaus“ und dem reichen Norden noch?
Entwicklung
Den Anfang macht mit dem Tourismus ein Bereich, der aufgrund der vorliegenden Daten relativ gut vergleichbar ist. Und zu dem man bereits eines vorweg sagen kann: Der Süden – und vor allem auch die Mitte – haben gegenüber dem Norden kräftig aufgeholt. Der Grund dafür sind hauptsächlich die Thermen.
Denn während das Nordburgenland mit dem See schon seit jeher über ein touristisches Asset verfügte, musste ein solches in den anderen Landesteilen erst geschaffen werden. Denn abgesehen vom Kurort Bad Tatzmannsdorf gab es kaum touristische Infrastruktur, die Gäste in großer Zahl ins Land gelockt hätte.
1994 wurde die Sonnentherme in Lutzmannsburg eröffnet, 1995 dann die Burgenlandtherme in Bad Tatzmannsdorf und 1997 jene in Stegersbach. Diese durch den EU-Beitritt und die damit verbundenen Förderungen erst möglich gewordenen Investitionen haben dazu geführt, dass die Nächtigungen in der Mitte und im Süden sukzessive angestiegen sind (siehe Grafik). Damit einher ging natürlich eine Erweiterung des touristischen Angebots im Umfeld, wie zum Beispiel die Draisinentour im Mittelburgenland.
Und heute?
2009 zog dann auch der Norden mit der St. Martins Therme in Frauenkirchen nach und schuf so ein hochqualitatives Angebot in der Region, die das auch dringend notwendig hatte.
Denn im Norden gibt es zwar fast doppelt soviel Betten wie im Süden, der gewerbliche Anteil liegt aber wegen der zahlreichen privaten Zimmervermieter nur bei 56,1 Prozent. Deshalb gibt es im Süden mit seinen vielen Thermenhotels derzeit auch mehr Betten im 4- und 5-Sternbereich (3.199) als im Norden (2.970), obwohl es dort um fast drei Mal mehr Betriebe gibt als in den südlichen Landesteilen. Ein Punkt also für den Süden, der auch in der Entwicklung in Richtung Ganzjahresdestination die Nase vorn hat. Schließlich lockt das warme Wasser der Thermen auch im Winter Gäste an, während das Nordburgenland hauptsächlich Sommertouristen anzieht.
Die Zukunft
Generell boomt Urlaub im Burgenland, im Vorjahr gab es coronabedingt einen zusätzlichen Schub neuer, österreichischer Gäste (insgesamt aber natürlich ein Minus, weshalb hier auch die Zahlen von 2019 miteinander verglichen werden; Anm.) Abzuwarten wird sein, wie sich die Reduktion auf nur mehr drei Tourismusverbände auswirken wird und ob die fünf Säulen des Burgenland Tourismus – Wein, Natur, Kulinarik, Kultur und Sport – attraktiv und einzigartig genug sind, um neue Gästeschichten anzulocken.
Insgesamt hat das Burgenland längst mehr zu bieten als nur den Neusiedler See im Norden. Und das hat vor allem mit den Aktivitäten südlich des Sieggrabner Sattels zu tun.
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