Püspök-Chef: "Müssen zeigen, dass wir schnell und mutig sein können"

Lukas Püspök zeigt Burgenlands Landeshauptmann-Stellvertreterin Anja Haider-Wallner auf einer Windkraftanlage einen Windpark.
Das burgenländische Familienunternehmen Püspök zählt zu den größten Windstromerzeugern des Landes. Seit 2010 ist Lukas Püspök der Geschäftsführer des Unternehmens, das sein Onkel 1997 gegründet hat.
KURIER: Nach einem schwächeren Vorjahr soll es heuer wieder einen größeren Anstieg bei Windrad-Neuinstallationen geben. Ist die Windkraft wieder im Aufwind?
Lukas Püspök: Die Windkraft ist Gott sei Dank seit über 20 Jahren im Aufwind, aber es war auch immer ein "Stop and Go". Das sind alles Riesenprojekte und die brauchen stabile Rahmenbedingungen. Das war nicht immer der Fall. In den vergangenen Jahren, etwa mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, ist eine Basis geschaffen worden, damit Projekte erfolgreich umgesetzt werden können. Wenn es in einem Jahr ein bisschen mehr, dann wieder weniger sind, ist das nicht dramatisch - Hauptsache der Ausbau geht weiter.
Erneuerbare Energie ist in Österreich in einer ambivalenten Lage. Einerseits soll sie ausgebaut werden, andererseits soll sie sich stärker an Infrastrukturkosten beteiligen und einen Beitrag zur Budgetsanierung leisten. Welche Richtung überwiegt?
Das grundsätzlich Positive ist, dass sich der Diskurs in den letzten 20 Jahren in eine Richtung bewegt hat. Allen ist klar, dass wir viel mehr erneuerbare Energie brauchen und ein Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle alternativlos ist. Es geht aber natürlich immer um das Wie. Jetzt sind wir in einer Phase, wo deutlich mehr über Belastungen der Erneuerbaren diskutiert wird als über Beschleunigung. Das spüren wir schon. Es belastet das Investitionsklima.

Lukas Püspök im Büro seines Windkraftunternehmens in Wien.
Musste ihr Unternehmen deswegen schon Projekte auf Eis legen?
Unsere Erwartungen, wie viele Projekte wir in den nächsten Jahren umsetzen können, passen wir schon an. Die Verlängerung des Energiekrisenbeitrags trifft uns hart, aber auch die Erwartung zusätzlicher Netzentgelte. Ich glaube, früher oder später werden wir unsere Projekte alle umsetzen, aber nicht so schnell wie geplant. Bei der Transformation geht es ja auch um Geschwindigkeit.
In Österreich sollen bald die neuen Energiegesetze ElWG und EABG kommen. Was werden sie der Windkraft bringen?
Sie enthalten viele Dinge, die wichtig sind. Transparenz ist positiv für die Kunden. Leider sind auch Dinge hineingekommen, die mehr den Charakter des Bremsens haben. Aber wir sind noch nicht am Ende der Gespräche angelangt und haben die große Hoffnung, dass noch ein Kompromiss gefunden wird - und zwar kein fauler, sondern ein wirklich positiver.
Wie schwer tut sich Püspök dabei, neue Standorte für Kraftwerke zu finden?
Wir sind intensiv auf der Suche in ganz Österreich und darüber hinaus. Projekte wirklich auf Schiene zu bekommen, das ist sehr unterschiedlich in den Bundesländern, aber auch von Region zu Region. Es ist eine große Herausforderung, aber wir sind gut aufgestellt. Wir sind flexibel und gehen mit guten Konzepten auf die Gemeinden zu.
Aus der Windkraft-Branche hört man, dass es oftmals Probleme dabei gibt, Wind- und Solarkraft an gemeinsamen Standorten zu kombinieren. Empfinden Sie das auch so?
Das ist hundertprozentig so. Es wäre eine smarte Herangehensweise, wenn Netzanschlüsse durch mehrere Technologien gleichzeitig genutzt werden. Wir treiben das seit einigen Jahren intensiv voran, dass wir bestehende Windkraft-Netzanschlüsse zuerst durch Photovoltaik ergänzen - ab nächstem Jahr auch mit großen Batteriespeichern. Das bewirkt, dass der Netzanschluss fast rund um die Uhr genutzt wird. Das ist netzdienlich, spart Netzausbaukosten und macht so die Transformation für Industrie und Endkunden günstiger.
Wie geht es dem Standort?
In Interviews mit Unternehmern beleuchtet der KURIER die Lage im Land.
KURIER-Leser sind gefragt!
Haben Sie Vorschläge, wie der Standort Österreich zu alter Stärke finden kann? Mailen Sie an standortoesterreich@kurier.at. Wir werden die besten Ideen mit Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft erörtern.
Bisher sind folgende Interviews erschienen:
Walter Oblin (Post AG), Stephan Zöchling (Remus), Rupert Ursin (Quantum Tech.), Florian Czink (Schlumberger), Nikolaos Bogianizidis (Öklo), Sok-Kheng Taing (Dynatrace), Stephan Büttner (Agrana), Katrin Hohensinner-Häupl (Frutura), Klaus Magele (Morawa), Erich Benischek (Blaue Lagune), Birgit Rechberger-Krammer (Henkel), Cathrine Emond und Roland Gander (Novartis).

Lukas Püspök im Gespräch mit dem KURIER.
Gibt es in Österreich genügend Anreize, um mehr Speicher zu installieren?
In den vergangenen Monaten ist das Bewusstsein, dass wir viel mehr Speicher brauchen, bei allen Entscheidungsträgern stark gewachsen. Wir haben das Glück, dass wir aufgrund der geografischen Lage schon lange tolle Pumpspeicherkraftwerke haben. Im Osten haben wir aber fast gar keine Speicherkapazitäten. Wir würden dadurch einen noch größeren Leitungsausbau benötigen, könnten uns den aber sparen und große Batteriespeicher auf allen Netzebenen installieren. Das würde die Energiewende in Österreich günstiger machen.
Die Windkraft ist in Österreich ja auch sehr unterschiedlich verteilt. Ist es sinnvoll, im Westen stärker auf den Ausbau zu drängen?
Die Energiewende funktioniert nur, wenn wir unterschiedliche erneuerbare Erzeugungstechnologien auch regional überall kombinieren. Es muss in allen Bundesländern Windkraft, Photovoltaik und Batteriespeicher geben. Es geht nicht darum, dass auf jedem Bergrücken ein Windrad steht. Aber wir brauchen dermaßen viel sauberen Strom, dass wir einfach gut beraten sind, das auf ganz Österreich zu verteilen und auf möglichst viel der Importe zu verzichten. Es ist eine sehr wirtschaftliche Frage: Import und damit Wertschöpfung woanders oder Wertschöpfung und Arbeitsplätze in Österreich.
Gibt es ein Land, auf das Sie neidvoll blicken, wenn es um den Ausbau von Wind- und Solarkraft geht?
Es gibt viele Punkte, wo wir nach Deutschland schauen können, weil dort doch ein gutes Stück weniger Stop-and-Go-Politik betrieben wurde. Der Ausbau der Erneuerbaren erfolgt dort bis heute deutlich konsequenter, auch wenn natürlich nicht alles perfekt ist. Auch in den nordischen Staaten ist extrem viel weitergegangen bei den Erneuerbaren. In Schweden geht das so weit, dass Strompreise in manchen Gegenden so niedrig sind, dass sich neue Anlagen überhaupt nicht mehr rentieren. Spanien ist auch ein spannendes Beispiel. Ich glaube, wir können von vielen lernen und manchmal auch umgekehrt.
Apropos Rentabilität: In der Energiebranche meinen manche, es wird schwierig werden, mit Erneuerbaren in Zukunft noch Geld zu verdienen. Glauben Sie das auch?
Wenn man auf die vergangenen 20 Jahre zurückblickt, dann ist die Windkraft ein stabiles Modell, in dem es ordentliche Renditen gibt. Sie war aber nie auch nur annähernd so attraktiv wie Öl, Gas und andere fossile Technologien. Aber wir brauchen viel mehr Strom in Zukunft. Die Gestehungskosten von Windkraft und Photovoltaik sind konkurrenzlos günstig. Eine Finanzierung dieser Projekte ist nur möglich, wenn es eine langfristig stabile Absicherung gibt. Das ist grundsätzlich in der Energiewirtschaft so geworden, das hat nichts mit Erneuerbaren zu tun. Auch jedes Gas- oder Atomkraftwerk braucht mittlerweile eine stabile Basis, mit der es kalkulieren kann. Das ist ein Paradoxon: Man baut einerseits etwas, das den Strompreis senkt, trotzdem braucht es eine gewisse Absicherung, um einen Anreiz für Investitionen zu haben. Die Energiewirtschaft ist in dieser ganzen Transformation einfach ein unglaublich komplexes und volatiles System.

Der futuristische Hauptsitz von Püspök in Parndorf.
Wie schwer fällt es denn Püspök, die Finanzierung für Windkraftprojekte aufzustellen?
Wir haben Gott sei Dank sehr gute Finanzierungen. Mit der Europäischen Investitionsbank haben wir einen starken Partner, wir arbeiten aber auch mit regionalen Banken zusammen. Die Finanzierung war bis jetzt gut möglich, aber alle Eingriffe in das System, mit zusätzlichen Netzentgelten, Spitzenkappungen und so weiter, schaden dem Investitionsstandort Österreich. Sie bringen eine große Verunsicherung bei den Banken und erhöhen am Ende des Tages einfach die Finanzierungskosten und damit auch die Stromkosten in Österreich.
In den einzelnen Bundesländern sind die Rahmenbedingungen für Windkraft unterschiedlich. Beeinflusst das die Attraktivität Österreichs als Wirtschaftsstandort?
Es ist leider immer noch so, dass die Unterschiede wirklich sehr stark sind. Es geht aber überall in die richtige Richtung. Wir sind optimistisch, dass in allen Bundesländern Windkraft, Photovoltaik und Speicher entstehen werden. Das sollte natürlich viel schneller gehen. Der Föderalismus macht beim Ausbau der Erneuerbaren vieles nicht einfacher, aber er ist ein bisschen Teil unserer Identität, vielleicht auch ein wenig Folklore. Es gibt Beispiele von Bundesländern, die sich aktiv und schon länger dafür einsetzen und den Ausbau proaktiv vorantreiben. Man muss auch die positiven Beispiele sehen.
Aus Begeisterung für erneuerbare Energien begann burgenländische Gastwirt Paul Püspök 1997, Windkraftanlagen zu errichten. Er ist der Bruder des ehemaligen Raiffeisen-Managers und EEÖ-Präsidenten Peter Püspök. Im Jahr 2010 hat sein Neffe Lukas Püspök das Geschäft übernommen. Das Unternehmen engagiert sich seitdem auch in der Photovoltaik und bei Batteriespeichern.
275.000 Haushalte versorgt
Aktuell erzeugt Püspök Strom für 275.000 Haushalte. Beliefert werden diese aber nur indirekt. Seinen Strom verkauft Püspök großteils an Energieversorger. Der Unternehmenssitz in Parndorf versorgt sich selbst mit Solarenergie. 2023 wurde ein Büro in Wien eröffnet. Die Bahnhofsnähe beider Standorte soll Mitarbeitern CO2-freie Mobilität erleichtern. 2024 verkündete Püspök das größte PV-Projekt Österreichs (bei Nickelsdorf) mit 257 Megawatt Gesamtleistung und 144 Mio. Euro Investitionsvolumen.
Die meisten heimischen Unternehmen klagen über zu hohe Energiekosten. Wie könnte man die senken?
Mehr Erneuerbare bringen günstigeren Strom, das ist die einzige Vorwärtsstrategie. Um die Netzkosten in den Griff zu bekommen, müssen wir neue Konzepte andenken. Wir können nicht ein Generationenprojekt wie die Energiewende immer auf die Kunden und Verbraucher umwälzen, sondern müssen einen viel langfristigeren Weg finden, um das zu finanzieren. Das wird unter unterschiedlichen Begriffen diskutiert: Netz-ASFINAG, Strominfrastrukturfonds. Das wäre eine sinnvolle Aktion.
Bei der Frage, wie man die heimische Wirtschaft ankurbeln könnte, sind auch das Reduzieren von Lohnkosten, Bürokratie und Fachkräftemangel Fixpunkte. Sehen Sie noch weitere Handlungsfelder?
Das sind alles valide Punkte. Wir müssen aber auch hinterfragen, wo sich unsere Wirtschaft hin entwickeln soll. Wollen wir die Transformation positiv sehen und Champions in grünen Technologien werden oder halten wir an alten Strukturen fest? Ich glaube, man ist gut beraten, nicht nur an altbewährten Konzepten festzuhalten, sondern dorthin zu schauen, wo Transformation jetzt schon schneller stattfindet, von dort zu lernen, neue Realitäten zu akzeptieren und auch zu gestalten.
Welche Rahmenbedingung müsste sich sofort ändern, um Österreich zum Vorreiter in der Windkraft zu machen?
Das Energiesystem hat sehr viele Rädchen. Genauso wie ich in einem großen Maschinenraum oft nicht den einen Hebel habe, um meine Maschine perfekt einzustellen, müssen bei der Energiewende ganz viele Rahmenbedingungen passen. Es müsste rundherum sehr viel gemacht werden, damit die Transformation klappt. Deswegen wäre es unfair, hier nur eine Sache zu nennen.
In der aktuellen wirtschaftlichen Lage werden Klimaziele hie und da vernachlässigt. Ist das auch aus Ihrer Sicht notwendig?
Ich glaube, es ist der absolut falsche Weg, Österreichs Klimaziele aufzuweichen. Ich bin tief überzeugt, dass der ambitionierte weg in Richtung Klimaneutralität viel mehr wirtschaftliche Chancen für Österreich bringt. Aber leider ist es so, dass es in einer fundamentalen Transformation nicht immer nur Gewinner gibt. Es gibt viele Branchen, Unternehmen und Personen, die mit viel Kraft daran festhalten wollen, dass Dinge so bleiben, wie sie sind. Wir sollten nicht bei den langsamen Ländern dabei sein, sondern müssen zeigen, dass wir auch schnell und mutig sein können.

Kommentare