Landschaftsbild kann in Zukunft Windräder nicht mehr verhindern

Österreich hat derzeit zwei gravierende Probleme im internationalen Wettbewerb und für die Bevölkerung: hohe Lohnnebenkosten und hohe Energiepreise. Für eine Reform der Lohnnebenkosten will die Bundesregierung zunächst das Budget konsolidieren – frühestens ab 2027 sollen entsprechende Maßnahmen gesetzt werden.
Bei der Energie soll es schneller gehen: Die Regierung hat bereits das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) in Begutachtung geschickt, das dem Strommarkt ein modernes „Betriebssystem“ und der Bevölkerung flexiblere Stromtarife bringen soll.
Innerhalb der türkis-rot-pinken Koalition wird seit Mitte Juli jedoch ein weiterer Gesetzentwurf verhandelt. Ziel ist es, die oft überlangen und kostspieligen Verfahren für neue Ökostromprojekte wie Windkraft- oder großflächige Photovoltaikanlagen deutlich zu beschleunigen. Was steht im neuen „Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz“ (EABG) – und kann es die Energiewende weg von fossiler Stromproduktion vorantreiben?
„Der uns vorliegende Entwurf ist bisher nur regierungsintern diskutiert und noch nicht in Begutachtung. Wir müssen also noch abwarten, was am Ende im Gesetz Niederschlag finden wird. Was ich aber jetzt schon sagen kann: Der Entwurf geht jedenfalls in die richtige Richtung“, sagt Tatjana Katalan, Rechtsanwältin und Partnerinbei DORDA. Sie ist auf Verwaltungs-, Energie- und Umweltrecht spezialisiert und leitet die Industriegruppe Energy & Resources. Sie begleitet seit vielen Jahren Energieprojekte im Genehmigungsverfahren.
Zentral aus ihrer Sicht sind die Bundesländer. Denn die Landesregierungen müssen bis spätestens Februar 2026 sogenannte „Beschleunigungsgebiete“ ausweisen
„Jedes Bundesland muss Flächen für Erneuerbare-Energie-Projekte vorsehen und nach Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung Voraussetzungen für die Umsetzung schaffen. Der Bund wird nur Zielwerte für die Stromproduktion festlegen – wie und wo das umgesetzt wird, liegt bei den Ländern“, erklärt Katalan.
Wird ein Projekt in so einem Beschleunigungsgebiet eingereicht, erfolgt ein Screening-Verfahren, das mit einem Feststellungsbescheid abgeschlossen wird. „Haben die Projektbetreiber diesen Bescheid, muss weder die Umweltverträglichkeit noch der Vogelschutz oder die Naturverträglichkeit nochmals geprüft werden. Diese Projekte werden damit beschleunigt umgesetzt.“
Beschwerden gegen das Projekt hätten in diesen Fällen keine aufschiebende Wirkung mehr.
Wesentlich im neuen Gesetz ist auch der Entfall des Versagungsgrundes der Beeinträchtigung von Orts- oder Landschaftsbild sowie Landschaftscharakter.
Wie ist das möglich? „Jetzt ist das öffentliche Interesse an der erneuerbaren Energiegewinnung immer höher zu bewerten. Die zugrundeliegende EU-Richtlinie RED III verlangt, das ‚überwiegende öffentliche Interesse‘ in Bezug auf Wasserrahmenrichtlinie, Vogelschutz-Richtline und Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie anzuerkennen. Die Bundesregierung legt nun fest, dass das Interesse an Erneuerbaren grundsätzlich bei jeder Interessensabwägung überwiegt“, erklärt Katalan und begrüßt diesen Schritt.
Neu geregelt wird auch, dass künftig nicht mehr das Bundesverwaltungsgericht, sondern die neun Landesverwaltungsgerichte für derartige Verfahren zuständig sind. „Allerdings haben wir bei den Landesverwaltungsgerichtes bereits jetzt das Problem, dass es zu wenig Personal gibt und sich Verfahren mitunter enorm verzögern.“ Selbst bei einfachen Bauverfahren könne es derzeit bis zu einem Jahr dauern, bis ein Verhandlungstermin angesetzt wird.
„Dazu kommt, dass die Landesverwaltungsgerichte bisher noch wenig Erfahrung mit diesen oft sehr komplexen Verfahren haben. Wir müssen also abwarten, ob sich das positiv entwickelt.“ Die Verantwortung liege nun bei den Bundesländern, ausreichend qualifiziertes Personal bereitzustellen.
Wird das EABG den Ökostromausbau tatsächlich beschleunigen? Katalan ist vorsichtig optimistisch: „Solange die Bundesländer entsprechend Flächen ausweisen, vernünftige Maßnahmen festlegen und die Verfahren wie im Entwurf vorgesehen ablaufen, wird es eine Beschleunigung geben. Es hängt aber wesentlich von den Ländern ab.“
Ein letzter Punkt: Das Gesetz sieht künftig auch die Möglichkeit einer „Energiewendebeteiligung“ vor – also Zahlungen von Projektbetreibern an Gemeinden. Solche Vereinbarungen wurden bisher bereits für Beeinträchtigungen getroffen, eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage ist aber zu begrüßen. „Es ist gut, dass es hier künftig eine klare gesetzliche Basis geben wird.“
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