„Das wird sicherlich eine sehr, sehr herausfordernde Aufgabe. Gerade wenn man sich das Kühtai anschaut, dann haben die Genehmigungsverfahren elf Jahre gedauert“, sagt der für Kraftwerksprojekte zuständige Tiwag-Vorstand Johann Herdina. Bis die neuen Anlagen in Betrieb gehen, werden weitere fünf Jahre vergehen.
Ein ganzes Netz an Stollen wird im hinteren Längental durch die Berge getrieben, um das Wasser für den Stausee herbeizuleiten. Mehrere Bäche im Stubaital werden angezapft. Hier war der Widerstand gegen das neue Kraftwerk besonders groß. Eine Bürgerinitiative um den inzwischen aus dem Amt geschiedenen Tourismusverbandschef Sepp Rettenbacher stemmte sich mit Einsprüchen im Genehmigungsverfahren gegen das Vorhaben.
„Aus verschiedenen Gründen“, sagt der Bergführer, der immer wieder mal auch mit Tirols VP-Landeshauptmann Günther Platter auf Gipfel steigt. „Ich bin mit ihm fast in allem einer Meinung. Aber da nicht“, sagt der Stubaier. „Die Gletscher sind rückgängig. Ich glaube, dass deshalb irgendwann auch das Trinkwasser knapp werden könnte“, nennt er einen Grund, warum er gegen Wasserableitungen ist.
Als Touristiker sieht er aber auch eines der großen Projekte gefährdet, mit dem Sommerurlauber in das Tal gelockt werden sollen. Auf dem spektakulären „Wilden Wasser Weg“ werden Wanderer auf Aussichtsplattformen an tosenden Bächen und Wasserfällen vorbeigeführt.
Rettenbacher fürchtet „der Widerspenstigen Zähmung“ durch Wasserentnahmen für das Tiwag-Kraftwerk. Als Touristiker, die ansonsten mit Naturschützern in Tirol gerne über Kreuz liegen, sah sich der Stubaitaler in einer Allianz mit WWF und Alpenverein, die sich ebenfalls am Verfahren beteiligten. „Ich bin nicht gegen die Wasserkraft. Das ist sauberer Strom. Aber wir haben im Stubaital bereits mehrere Kraftwerke“, sagt Rettenbacher.
"Wird Einschränkungen geben"
Bis 2030 soll der österreichische Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden. Das wird nicht ohne Spuren in der Landschaft bleiben, wenn die dafür notwendigen Kraftwerke, Windräder und Fotovoltaik-Anlagen gebaut werden. Vor Ort hält sich die Freude meist in Grenzen.
„Die Menschen haben natürlich berechtigte Ängste, dass sie das beeinträchtigt“, sagt Tiwag-Vorstand Herdina und stellt klar: „Es wird Einschränkungen geben.“
Dass es Möglichkeiten zu Einsprüchen in Verfahren gibt, findet Herdina gut und richtig. Am Instanzenzug würde er nichts ändern, ist aber überzeugt: „Die Politik ist gefordert, die Verfahren zu beschleunigen. Sonst werden wir das Ziel, all diese großen Maßnahmen bis 2030 umzusetzen nicht schaffen.“
Die Entscheidungen bei den einzelnen Instanzen würden jeweils ein halbes bis dreiviertel Jahr dauern. Zu lange aus Sicht des Energiemanagers. Die Tiwag wird sich indes, das hat zuletzt auch Platter eingefordert, auch im Ausbau von Fotovoltaik im Land engagieren müssen.
Eines schließt Herdina aber aus: „Tirol wird kein Windkraftland werden.“ Die Errichtung derartiger Anlagen auf den den Bergen sei viel zu teuer. „Außerdem ist die Akzeptanz der Bevölkerung für Windräder auf Gipfeln nicht besonders groß.“
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