Windkraft Simonsfeld: Bürokratie bremst Milliardeninvestition

Windräder von Windkraft Simonsfeld.
Niederösterreichisches Unternehmen will Stromproduktion bis 2030 mehr als verdoppeln. Hürden: Genehmigungen und Erlösabschöpfung.

Zusammenfassung

  • Windkraft Simonsfeld plant Milliardeninvestitionen bis 2030 zur Verdoppelung der Stromproduktion, wird jedoch durch bürokratische Hürden gebremst.
  • Die Abschöpfung von Übergewinnen über 90 Euro/MWh durch den Staat erschwert die Finanzierung neuer Projekte erheblich.
  • Langwierige Genehmigungsverfahren und Netzanschlussprobleme behindern den Ausbau erneuerbarer Energien in Österreich.

In Ernstbrunn im Weinviertel hat einer der größten Windstromerzeuger Österreichs seinen Sitz. Ein nagelneuer Bürokomplex aus Holz und Lehm zeugt davon, wie sehr Windkraft Simonsfeld in den vergangenen Jahren gewachsen ist. Seit 2020 hat sich die Mitarbeiterzahl auf aktuell 140 Personen verdoppelt. Trotz eines gesunkenen Umsatzes blickt das Unternehmen auf ein erfolgreiches Jahr 2024 zurück. Der Blick nach vorne ist allerdings sorgenvoll. Das liegt weniger am heuer relativ schwachen Wind, sondern eher an bürokratischem Gegenwind.

Eine Milliarde Euro Investitionsvolumen

96 Windenergieanlagen und ein Solarkraftwerk betreibt Windkraft Simonsfeld aktuell. 2024 wurden 756,5 Gigawattstunden Strom produziert - genug um rund 189.000 Haushalte zu versorgen. 88,6 Millionen Euro Umsatz wurden generiert, 2023 waren es noch 112,3 Millionen Euro gewesen. "Da haben aber noch die hohen Strompreise durch die Energiekrise durchgeschlagen", sagt Finanzvorstand Alexander Hochauer. Das Ergebnis nach Steuern: 23,6 Millionen Euro.

Den Großteil seines Gewinns investiert Windkraft Simonsfeld stets in neue Projekte - nicht nur in Österreich, sondern auch in der Slowakei, Bulgarien, Rumänien und Frankreich. Bis 2030 soll insgesamt eine Milliarde Euro in neue Kraftwerke gesteckt werden. Die Stromproduktion soll mehr als verdoppelt werden. Das Ziel sind 500.000 versorgte Haushalte. "Dafür brauchen wir eine Menge Finanzmittel", sagt Technikvorstand Markus Winter. "Die werden uns jetzt aber entzogen."

Die Vorstände von Windkraft Simonsfeld: Technikvorstand Markus Winter (li.) und Finanzvorstand Alexander Hochauer (re.).

Die Vorstände von Windkraft Simonsfeld im neuen Teil der Firmenzentrale: Technikvorstand Markus Winter (li.) und Finanzvorstand Alexander Hochauer (re.).

Budgetsanierung auf Kosten des Erneuerbaren-Ausbaus

Der Energiekrisenbeitrag Strom ist dem Windstromerzeuger ein großer Dorn im Auge. Die 2022 von der EU ermöglichte und von Österreich angenommene Form der Abschöpfung von Übergewinnen bei Energieunternehmen wurde von der neuen Bundesregierung in verschärfter Form bis 2030 verlängert. Alle Erlöse, die über 90 Euro pro Megawattstunde hinaus gehen, werden vom Staat einbehalten. Österreich ist mittlerweile das einzige Land in der EU, das diese Form der Abschöpfung noch vornimmt. Die Regierung erhofft sich dadurch Einnahmen von rund 250 Millionen Euro jährlich, die in die Budgetsanierung fließen sollen.

Die Maßnahme trifft alle Unternehmen mit mehr als 1 Megawatt Produktionsleistung, es gibt aber einige Ausnahmen, darunter für Gaskraftwerke. Dass erneuerbare Energien, die es ja eigentlich zur Erreichung der Klimaziele auszubauen gilt, durch diese Maßnahme geschwächt werden, wird von Branchenvertretern scharf kritisiert. "Das Geld wird abgeschöpft ohne die Kostenstruktur der Unternehmen zu berücksichtigen", sagt Winter.

Projektfinanzierung wird schwieriger

Während Einnahmen aus ertragreicheren Wintermonaten bisher Verluste in den schwächeren Sommermonaten ausgleichen konnten, werde die Erlösobergrenze von 90 Euro dies nun verunmöglichen. Der durchschnittliche Erlös sinke. Dadurch gebe es auch weniger Bereitschaft, in neue Projekte zu investieren. Das Risiko für Kapitalgeber steige, Energieunternehmen kämen schwerer zu Geld von der Bank. Weniger Investitionen würden auch weniger Absatz für Windkraftanlagenhersteller und damit höhere Preise bedeuten.

Zu all diesen Problemen käme noch die Dauerthemen Netzausbau und Genehmigungen hinzu. Ein großer Teil der neuen Mitarbeiter, die Windkraft Simonsfeld in den vergangenen Jahren angestellt hat, arbeiten an neuen Projekten. All jene Projekte, die es braucht, um das Ziel der 500.000 versorgten Haushalte bis 2030 zu erreichen, seien bereits geplant. Von der Planung zur Umsetzung vergingen im Schnitt jedoch 10 Jahre, in manchen Fällen sogar 20 Jahre.

Anlage genehmigt, Anschluss nicht da, alles von vorne

Markus Winter schildert, wie absurd manche Genehmigungsverfahren ablaufen können: "Ein Projekt ist seit Herbst 2024 genehmigt. Der Netzanschluss kommt aber erst 2027. Zu dem Zeitpunkt ist die genehmigte Anlage aber nicht mehr verfügbar. Daher müssen wir umgenehmigen und das ganze Verfahren erneut durchlaufen." Ein anderes Projekt, eine Windkraftanlage, mit dessen Strom der Zitronensäurehersteller Jungbunzlauer beliefert werden soll, wurde 2024 nach 20 Jahren Verfahrensdauer genehmigt. Nun jedoch wurde ein Kaiseradler im Projektgebiet gesichtet, das Projekt wurde wieder gestoppt.

Bei wiederum einem anderen Projekt haben sich Rotmilane in einem Windpark angesiedelt. Der Nachwuchs der Vögel ist mit den Windrädern aufgewachsen. Eine Anlage wurde zwecks Modernisierung abgebaut, darf nun wegen Anwesenheit der Vögel aber nicht mehr aufgebaut werden.

Von der Planung bis zur Errichtung einer Windkraftanlage können viele Jahre vergehen.

Von der Planung bis zur Errichtung einer Windkraftanlage können viele Jahre vergehen.

Günstige PV-Wind-Kombination abgelehnt

Im Photovoltaikbereich sei die Lage bei Genehmigungen genauso schwierig, so die Vorstände. In Ernstbrunn wollte Windkraft Simonsfeld eine PV-Anlage auf einer Altlastendeponie errichten. Sie würde eine ideale, brach liegende Freifläche darstellen. Die Anlage könnte man allerdings vom Buschberg im Weinviertel aus sehen, was nicht erlaubt wäre. Das Land schlug vor einen 9 Meter hohen Schutzwall zu bauen. "Dessen Errichtung würde mehr kosten als die PV-Anlage und noch dazu Schatten auf die Module werfen", sagt Winter.

An anderer Stelle sollte eine PV-Anlage direkt in einem Windpark errichtet werden. Das wäre enorm günstig, weil der Netzanschluss schon vorhanden wäre. Die Kapazität des Anschlusses könnte man wegen unterschiedlicher Spitzenerzeugungszeiten von Solar- und Windkraft optimal nutzen. Vom Land Niederösterreich wurde das Projekt abgelehnt - ohne Angabe von Gründen.

Zusammensetzen und Lösungen finden

All dies bereitet dem Unternehmen viel Kopfzerbrechen, die Vorstände bleiben dennoch optimistisch. "Wir fordern ständig Gespräche ein. Jede Verzögerung kostet uns Geld, aber wenn Österreich seine Klimaziele nicht erreicht, drohen dem ganzen Land Strafzahlungen", sagt Hochauer. "Wenn man sich an einem Tisch zusammensetzt, wird man Lösungen finden", ist Winter überzeugt.

Das Geschäftsmodell der Windkraft sei auch trotz Investitionsschwierigkeiten attraktiv. "Der Vorteil von Erneuerbaren ist, dass man gute Preise bis weit in die Zukunft anbieten kann, weil man keine Brennstoffkosten hat", sagt Winter. "Für Industriebetriebe ist das gut, weil ein gewisser Teil ihrer Energieversorgung dadurch planbar ist."

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