Russland will Assad notfalls mit Bodentruppen helfen

USA offen für Zusammenarbeit mit Russland gegen IS, Kerry in London und Berlin.

Russland schließt eine Beteiligung am syrischen Bürgerkrieg mit Bodentruppen an der Seite von Präsident Bashar al-Assad nicht aus. Sollte die Bitte um Entsendung von Truppen aus Syrien kommen, werde dies erwogen, sagte der Sprecher der russischen Regierung, Dmitri Peskow, am Freitag in Moskau. "Gegenwärtig ist es aber schwer, hypothetisch zu sprechen", ergänzte er.

Die USA signalisierten die Bereitschaft, ihr militärisches Vorgehen in Syrien mit Russland abzustimmen. In Deutschland setzte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf eine Lösung des Bürgerkriegs bei der UNO-Vollversammlung Ende des Monats. Alle EU-Staaten haben angesichts des Flüchtlingsstroms aus Syrien ein besonderes Interesse an der Beendigung des Konflikts.

Russland lieferte bereits Waffen

Peskow machte zunächst keine näheren Angaben. Russland unterstützt Assad bereits mit Waffenlieferungen. Die Regierungstruppen sind seit Ausbruch der Aufstände 2011 zunehmend in die Defensive geraten. Zum stärksten Gegner von Assad hat sich die Extremistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) entwickelt. Der syrische Außenminister Walid al-Muallem hatte am Vortag erklärt, sollten russische Truppen nötig sein, werde man sie anfordern. Gegenwärtig sei das aber nicht der Fall.

Russland will Assad notfalls mit Bodentruppen helfen
epa04823318 Syrian Foreign Minister Walid Muallem talks to Russian Foreign Minister Sergei Lavrov (unseen) during their meeting in Moscow, Russia, 29 June 2015. Muallem and Lavrov were to discuss the Syrian conflict. EPA/SERGEI CHIRIKOV

Ebenfalls am Vortag hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow einen Rücktritt Assads als Utopie abgetan. Ein Abgang Assads, wie ihn manche im Westen fordern, werde keinen Erfolg im Kampf gegen Terroristen im Nahen Osten bringen, sagte Lawrow im Schwarzmeerkurort Sotschi am Donnerstag.

USA kooperieren weiterhin nicht mit Assad

Auch die USA bekämpfen den IS in Syrien und im Irak mit Luftangriffen, schließen den Einsatz von Bodentruppen aber aus. Die Amerikaner lehnen eine Zusammenarbeit mit Assad ab. Nachhaltige Erfolge hat der US-Einsatz bisher kaum gebracht. Obwohl kurdische Milizen Geländegewinne im Norden des Landes erzielen konnten, bleibt der IS die dominierende Kraft neben den Truppen Assads. Angesichts dieser Entwicklung weichte zuletzt die einheitliche westliche Front gegen Assad auf. Spanien und Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) etwa schlugen Verhandlungen mit dem syrischen Präsidenten vor.

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epa04912373 Austrian Foreign Minister Sebastian Kurz arrives for an EU Foreign Affairs Council meeting at the conference center in Luxembourg, 04 September 2015. EU Foreign Ministers gather in Luxembourg to discuss on the ongoing refugees and migrant crises. EPA/JULIEN WARNAND

Auch in den USA ist Bewegung in der Frage internationaler Zusammenarbeit bei der Lösung des Konflikts gekommen. Die US-Regierung sei offen für militärtaktische Gespräche mit Russland, sagte ein Sprecher des Präsidialamts. Solche Gespräche könnten nützlich sein, um Probleme und Zwischenfälle zu vermeiden. Zudem würden es die USA begrüßen, wenn Russland einen konstruktiven Beitrag zum Kampf gegen den IS leiste. Auch Deutschland vertritt diese Linie. "Wir würden uns wünschen, dass Russland sich in einem abgestimmten Format auch am Kampf gegen IS beteiligt", erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes.

Kerry zu Gesprächen in Berlin

Aus Sicht von der Leyens könnte die UNO-Vollversammlung Ende des Monats Gelegenheit zur Abstimmung eines gemeinsamen Vorgehens bieten. Voraussetzung für die Beendigung der Krisen in Syrien und im Irak sei ein Minimalkonsens darüber, "wen unterstützen und wen bekämpfen", sagte die CDU-Politikerin in Berlin. Auf der Vollversammlung noch im September sei "große Hoffnung und Erwartung" gerichtet, zu diesen Minimalkonsens zu kommen. Bevor man "mit den notwendigen Mitteln in Syrien und im Irak operativ tätig wird", müsse dieser politische Konsens hergestellt werden.

Russland will Assad notfalls mit Bodentruppen helfen
German Defence Minister Ursula von der Leyen arrives for the weekly cabinet meeting at the Chancellery in Berlin, Germany September 16, 2015. REUTERS/Hannibal Hanschke

Am Sonntag kommt US-Außenminister John Kerry zu Gesprächen mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach Berlin. Im Mittelpunkt des Treffens im Gästehaus des Auswärtigen Amts in der Villa Borsig soll die Lage in Syrien stehen, wie das Ministerium am Freitag mitteilte. Weiteres Themen sind demnach die aktuelle Flüchtlingskrise und andere aktuelle Fragen der internationalen Politik. Steinmeier hat wiederholt vor einer weiteren militärischen Eskalation des Syrien-Konflikts gewarnt. Allerdings räumte das Auswärtige Amt auch ein, Gespräche mit der IS-Miliz machten keinen Sinn. Bereits am heutigen Freitag führt Kerry Gespräche in London.

Fassbomben auf Zivilisten: 21 Tote

Im Kampf gegen Aufständische haben die syrischen Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten erneut Fassbomben auf Zivilisten abgeworfen. Bei dem Angriff auf eine von Rebellen gehaltene Stadt in der Nähe von Deraa (Daraa) seien am Donnerstagabend 21 Zivilisten getötet worden, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Unter ihnen seien zwei Kinder und vier Frauen gewesen.

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epa04643580 Syrian troops stand beside a heavy machine gun in Hmreet, in the southern province of Daraa, Syria, 01 March 2015. According to media reports, the Syrian Arab Army has established full control over the al-Habaria, Khurbet Sultana, Hamreet and Tal Qurein areas in the northwestern countryside of Daraa, killing a number of fighters from Jabhat al-Nusra (JAN) and destroying their weaponry, as the four and a half year old civil war, which has claimed the lives of some 200'000 and forced millions of others to flee their homes, continues. EPA/STR

Zunächst friedliche Proteste gegen Assads Polizei- und Geheimdienstregime in Damaskus ab März 2011 sind in Syrien in einen Bürgerkrieg umgeschlagen. Schätzungen zufolge wurden seither mehr als 240.000 Menschen getötet, mehr als vier Millionen Menschen wurden nach Angaben der Vereinten Nationen aus Syrien vertrieben. Zehntausende von ihnen versuchen derzeit, Europa zu erreichen.

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