Assad ruft Gegner zum Kampf gegen IS auf

Der syrische Machthaber schließt sich dem Vorschlag Russlands an. Einen Rücktritt schließt er aus.

Der syrische Machthaber Bashar al-Assad hat den Westen für die Flüchtlingskrise in Europa mitverantwortlich gemacht. "Falls das Schicksal der Flüchtlinge die Europäer beunruhigt, sollten sie ihre Unterstützung von Terroristen einstellen", sagte Assad in einem Interview mit dem russischen Fernsehen. Der Westen ernte nun die Früchte, dass er Extremisten in Gut und Böse einteile, wurde der umstrittene Präsident in dem am Dienstag veröffentlichten Gespräch zitiert.

Assad fordert wie Russland Allianz

Seine innenpolitischen Gegner rief Assad zum gemeinsamen Kampf gegen die Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) auf. "Wir können einen Konsens erreichen, aber nichts davon können wir realisieren, wenn wir nicht den Terror besiegen", sagte er demnach. "Wenn wir heute einen beliebigen Syrer fragen, was er jetzt will, lautet seine erste Antwort: Sicherheit und Stabilität für alle", wurde Assad von russischen Agenturen zitiert.

Assad lobte seine Verbündeten in Russland als unparteiische Vermittler. Der Vorschlag Russlands einer umfassenden Allianz gegen den Terror soll auch den syrischen Präsidenten einbinden. Kreml-Chef Wladimir Putin will seine Pläne in der UN-Vollversammlung präsentieren. Russland baut Militärstützpunkte in dem von der syrischen Regierung gehaltenen Küstenstreifen Syriens aus. Die USA, die gemeinsam mit anderen Bündnispartnern selbst Luftangriffe in Syrien gegen den IS fliegen, sehen das sehr kritisch. Im Weißen Haus wertet man den Vorschlag Russlands, eine Allianz mit Assad zu schmieden, als Destabilisierung der Region: Assad habe jede Legitimität verloren.

Assad lehnt Rücktritt ab

Der syrische Präsident lehnt einen Rücktritt auf Druck westlicher Staaten aber weiterhin ab. Nur das syrische Volk könne in Wahlen darüber bestimmen, wer es regiere, sagte Assad.

"Der Präsident kommt mit der Zustimmung des Volks durch Wahlen in sein Amt. Und wenn er es verlässt, dann, weil das Volk es will und nicht aufgrund eines Urteils der Vereinigten Staaten, des UN-Sicherheitsrats oder der Genfer Konferenz", sagte Assad. "Wenn das Volk es will, bleibt der Präsident. Im gegenteiligen Fall sollte er rasch zurücktreten."

Washington besteht auf Ablösung

Die US-Regierung besteht hingegen auf einer Ablösung. Außenminister John Kerry habe in einem Telefonat mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow erklärt, dass es für den Bürgerkrieg in Syrien "ohne einen Übergang weg von Assad" keine Lösung geben könne, teilte das US-Außenamt am Dienstag mit.

Nach Ansicht des saudischen Außenministers Adel al-Jubeir ist der Rückzug Assads nur noch "eine Frage der Zeit". In Riad sagte er in der Nacht zum Mittwoch: "Wenn Assad keine politische Lösung akzeptiert, wird er durch eine militärische Lösung ausgeschlossen." Saudi-Arabien unterstützt in Syrien radikal-islamische Rebellen.

Deutschland und Frankreich gegen Bodentruppen

Gegen die Entsendung von Truppen nach Syrien sind Deutschland und Frankreich. "Wenn man - was wir nicht wollen - theoretisch mit Bodentruppen reingehen würde, man würde immer die Falschen treffen", sagte die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". Sie plädierte für eine diplomatische Lösung.

Die Mehrheit der Bundesbürger unterstützt die Luftangriffe anderer Staaten auf den IS im Irak und in Syrien. In einer YouGov-Umfrage fanden das 61 Prozent gut; nur 24 Prozent waren dagegen. Eine Zusammenarbeit mit Assad lehnten 51 Prozent der Befragten ab, nur 20 Prozent wären dafür.

Flüchtlingskrise hätte verhindert werden können

Der frühere finnische Präsident Martti Ahtisaari bedauerte im Rückblick, dass der Westen 2012 einen russischen Plan ignoriert habe, nach dem Assad nach Friedensgesprächen mit der Opposition die Macht abgeben sollte. Die USA, Frankreich und Großbritannien seien so überzeugt vom schnellen Sturz Assads gewesen, dass sie auf Moskaus Vorschlag nicht reagiert hätten, sagte der Friedensnobelpreisträger von 2008 dem Guardian Online. Die größte Flüchtlingswelle seit dem Zweiten Weltkrieg hätte verhindert werden können, wird Ahtisaari zitiert, der nun mit Details über die Verhandlungen an die Öffentlichkeit getreten ist (mehr dazu hier).

Im syrischen Bürgerkrieg sind seit 2011 etwa 250.000 Menschen getötet worden. Menschenrechtsorganisationen werfen der syrischen Führung zahlreiche Kriegsverbrechen vor.

Unterdessen haben Geheimdienstanalysten führenden US-Militärs beim US-Kommando Centcom vorgeworfen, bei einem Bericht zur Einschätzung der Gefahr durch die Terrormiliz IS im Irak und in Syrien Ergebnisse manipuliert zu haben. Das berichtete die New York Times am Mittwoch unter Berufung auf Regierungskreise. Angeblich sollen die Ergebnisse "komplett auf den Kopf gestellt worden sein", sagte ein Regierungsvertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte.

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