Doch zur ersten direkten Wahl des Reichsrates kam es erst viele Jahre später (1873), aber nur durch Männer.
Frauen sollen "in der Küche regieren"
Denn noch härter um das Wahlrecht kämpften Frauen, nicht nur in Österreich. Schweizerinnen mussten bis 1971 warten, bis es ihnen auf Bundesebene zugestanden wurde. Mehrere parlamentarische Anläufe zuvor wurden in Volksentscheiden in der Schweiz gekippt: "Wenn die Frauen das Stimmrecht hätten, dann ständen wir Männer wie Idioten da", echauffierte sich ein Eidgenosse in einem TV-Interview, die Frauen mögen doch „in der Küche regieren“ – das war 1959.
So lange wie die Schweizerinnen mussten sich die Österreicherinnen immerhin nicht gedulden: Im November 1918 wurde das allgemeine und gleiche Wahlrecht beschlossen – es galt für Männer wie Frauen gleichermaßen.
Das Geld bestimmte
In der Monarchie durften ausdrücklich nur Männer Mitglieder des Reichsrates wählen, nur ganz vereinzelt und unter bestimmten Umständen waren auch Frauen zur Wahl zugelassen.
Das Wahlrecht ab Ende der 1870er-Jahre war allerdings nicht vergleichbar mit dem heutigen: Zunächst gab es eine Kategorisierung in Steuerleistungen, die Stimmen waren je nach Kurie ungleich gewichtet.
Dieses Zensuswahlrecht galt bis 1907, danach folgte das allgemeine Wahlrecht, das nicht mehr an die Steuern geknüpft war.
Somit war das allgemeine und gleiche Wahlrecht auch für alle Staatsbürgerinnen Ende 1918 ein bedeutender Schritt. Was aber nicht hieß, dass es bei den Wahlen in der Ersten Republik nicht doch Unterschiede zwischen Mann und Frau gab: Die Wahlkuverts, in denen die Stimmzettel steckten, hatten unterschiedliche Farben.
Wann die Ungleichheit verschwand
So wollten Regierung und Parlament allen Ernstes das Wahlverhalten einer für sie offensichtlich nicht kalkulierbaren Masse der Wählerschaft, der Frauen, erkunden. Diese Kuvert-Ungleichheit verschwand erst mit der Wiedererrichtung der Demokratie in der Zweiten Republik.
Das war aber nicht das einzige Kuriosum rund um das Wahlrecht. Auch für die Stimmzettel gab es bis weit in die Zweite Republik kein offizielles Formular, nur bestimmte Formvorschriften für deren Länge, Breite und Farbe ("weißliches und weiches Papier") sowie den gedrucktem Name des Kandidaten oder der Kandidaten und der jeweiligen Partei.
Ein Stimmzettel zum Ausschneiden
Und so fanden sich dann zuweilen in Parteiorganen Vordrucke von Stimmzetteln – zum Ausschneiden aus der Zeitung. Das wurde zumindest auf Bundesebene mit der Einführung der amtlichen Stimmzettel im Dezember 1958 durch eine Regelung in der Nationalratswahlordnung beendet. Die Bundesländer folgten mit ähnlichen Regelungen für die Gemeindeebene mit teils gewaltiger Zeitverzögerung und strichen die Möglichkeit, nicht-amtliche Stimmzettel einzusetzen.
Spät gestrichen wurde auch das Alkoholverbot: Während der Öffnungszeiten der Wahllokale durften Wirte keine Alkoholika ausschenken – dieser Passus hielt sich bis 1979. Alkoholkonsum an Wahltagen war dagegen immer erlaubt.
Kommentare