Studie: Ziehen Helikopter-Eltern Problemkinder heran?

Symbolbild
Eine Studie hat gezeigt, dass sich Überfürsorglichkeit negativ auf die emotionale Entwicklung von Kindern auswirkt.

Überfürsorglich, überbehütend, überwachsam: Sogenannte Helikopter-Eltern überlassen bei der Erziehung nichts dem Zufall. Dass das dem Nachwuchs nicht unbedingt gut tut, haben US-amerikanische und Schweizer Forscher herausgefunden.

Der neuen Studie zufolge haben Kinder, die bereits in sehr jungen Jahren von ihren Eltern permanent erzieherisch überwacht werden, später Probleme bei der Kontrolle ihre Emotionen und ihres Impulsverhaltens. Dies führe laut den Wissenschaftlern folglich auch zu Problemen in der Schule und im Sozialverhalten.

Im Zuge der Langzeiterhebung wurde untersucht, wie stark sich Mütter in das Spielverhalten ihrer Sprösslinge im Kleinkindalter einmischen. In einem zweiten Schritt analysierten die Forscher, wie sich die Kinder entwickelten.

Gute Absicht, schlechter Effekt

"Eltern die übermäßig kontrollierend sind, tun dies meist mit guter Absicht und versuchen für ihre Kinder da zu sein und sie zu unterstützen", betont Entwicklungspsychologin Nicole Perry von der University of Minnesota in Minneapolis, die an der Studie beteiligt war, gegenüber dem Guardian. Jedoch habe dieses Verhalten oft nicht den gewünschten positiven Effekt. "Um Verhaltenskompetenzen und emotionale Fähigkeiten zu festigen, sollten Eltern Kindern erlauben, eine Bandbreite von Emotionen zu erleben und ihnen Raum geben, um zu versuchen, diese Gefühle allein in den Griff zu bekommen", so Perry. Bemerkt man als Elternteil, dass die Aufgabe nicht bewältigt werden kann, könne unterstützend eingegriffen werden.

Wie die Forscher im Fachblatt Developmental Psychology schreiben, wurden für die Studie die Erziehung und das Verhalten von 422 Kindern im Laborsetting und über einen Zeitraum von acht Jahren untersucht. Bei der Ersterhebung, der Beobachtung einer sechsminütigen Interaktion zwischen Mutter und Kind, waren die Kinder zwei Jahre alt.

Im Alter von fünf und zehn Jahren wurde schließlich erhoben, inwieweit die Kinder Anzeichen von Depressionen, Angstzuständen oder Einsamkeit zeigten, wie sie schulisch performten und wie stark ihre sozialen Fähigkeiten ausgeprägt waren. Dafür wurden Lehrerbefragungen wie auch Selbstauskünfte der Kinder herangezogen.

Probleme bei Impulskontrolle

Unter Ausschluss beeinflussender Faktoren zeigte sich, dass die kontrollierten Kinder bereits im Alter von fünf Jahren Probleme bei der Impulskontrolle und der Steuerung ihrer Emotionen hatten. Im Alter von zehn Jahren hatte dies bereits in den sozialen Fähigkeiten der Kinder Niederschlag gefunden. "Kinder, die ihre Gefühle und ihr Benehmen nicht kontrollieren können, sind in der Klasse auffälliger, haben Schwierigkeiten, Freunde zu finden, und tun sich in der Schule schwerer", erklärt Perry den Zusammenhang. Man habe zudem gezeigt, dass Kinder mit Helikopter-Eltern weniger gut in der Lage seien, mit Herausforderungen des Heranwachsens zurechtzukommen, speziell im schulischen Bereich.

Aussagekraft eingeschränkt

Eingeschränkt wird die Aussagekraft der Studie dadurch, dass das mütterliche Verhalten nur einmalig und punktuell untersucht wurde. Etwaige Veränderungen wurden nicht miteinbezogen. Dieter Wolke, Professor für Entwicklungspsychologie an der englischen University of Warwick, merkt im Interview mit dem Guardian außerdem an, dass die psychische Gesundheit der Mütter nicht erhoben wurde. Wolke bestätigt aber, dass die Erkenntnisse mit früheren Studien übereinstimmen, die mangelnde Selbstkontrolle in der Kindheit mit Problemen im Erwachsenenalter in Verbindung gebracht haben. "Das Problem hierbei ist, dass wenn man nicht die Fähigkeit erlernt, sich selbst zu kontrollieren, man diese auch später im Leben nicht anwenden kann", so Wolke. Überfürsorgliche Erziehung sieht er daher kritisch, auch wenn diese meist ohne böse Absicht passiere.

Problematisch sieht Janet Goodall von der britischen University of Bath die Schlüsse, die aus der Studie gezogen werden. Demnach würde man den Eindruck gewinnen, dass übermäßig behütendes Verhalten die Probleme der Kinder auslösen würde – "die Studie hat aber nicht ergeben, dass es der Grund für die späteren Probleme ist, sie besagt, dass sie damit einhergehen." Goodall plädiert dafür, Eltern keine Schuldgefühle aufzuzwingen. Wirklich wichtig sei am Ende des Tages, dass "sie sich um ihre Kinder kümmern".

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