Zuckerkonsum: So stark unterschätzen ihn die meisten Österreicher

Zuckerkonsum: So stark unterschätzen ihn die meisten Österreicher
Eine "Allianz gegen zu viel Zucker" will den hohen Konsum senken. Die Ärztekammer tritt für mehr Präventionsmaßnahmen ein.

Maximal zehn Prozent der täglichen Kalorien sollten durch „freien Zucker“ aufgenommen werden, sagt die Weltgesundheitsorganisation. Für einen  durchschnittlichen Erwachsenen   sind das nicht mehr als 50 Gramm. Tatsächlich liegt der Durchschnittskonsum in Österreich fast beim Doppelten.

Doch das unterschätzen die meisten, zeigt eine Marketagent-Umfrage im Auftrag der Handelskette Spar. Wie stark, zeigt die nachstehende Grafik:

Zuckerkonsum: So stark unterschätzen ihn die meisten Österreicher

Und sieben von zehn Österreichern würden ihren täglichen Konsum gerne einschränken.Spar hat im Vorjahr  mit Unterstützung der Österreichischen Ärztekammer die „Allianz gegen zu viel Zucker“ ins Leben gerufen. Mittlerweile gibt es 38 Partner bzw. Unterstützer, darunter mehrere Lebensmittelproduzenten und ärztliche Fachgesellschaften. Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres: „Die Initiative ist sehr zu begrüßen. 25 Prozent der Kinder sind bereits übergewichtig. Wir benötigen aber generell mehr Präventionsmaßnahmen. Nur zwei Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben fließen in die Prävention – das ist zu wenig.“

Spar-Vorstandsvorsitzender  Gerhard Drexel: „Wir alleine haben seit Anfang 2017 bereits 1.000 Tonnen Zucker in unseren Eigenmarken reduziert. Bis Ende 2021 wollen wir weitere 1.000 Tonnen einsparen.“ In einem 100-Gramm-Fruchtjoghurt habe man den Zuckergehalt von etwa 15 g vor einigen Jahren auf unter 12 g reduziert.

Während in Österreich alle Initiativen auf Freiwilligkeit beruhen, gibt es etwa in Großbritannien seit knapp zwei Jahren eine Zuckersteuer. Laut einer Studie der Uni Oxford sank dadurch der Gehalt von Zucker in Erfrischungsgetränken um ein Drittel, berichtete  Der Spiegel.   Drexel sieht eine solche Steuer kritisch: „Viele Lebensmittelproduzenten in Großbritannien haben den Zucker reduziert und einfach durch künstliche Süßstoffe ersetzt. Das ist der verkehrte Ansatz und macht keiner unserer Partner in Österreich.“

Gesamtsüße senken

Ähnlich der Salzburger Internist Fritz Hoppichler, Präsident der Adipositas-Gesellschaft: "Man bleibt dadurch auf den süßen Geschmack konditioniert und holt sich die Kalorien dann von woanders. Wichtig ist, die Gesamtsüße zu reduzieren."„Bei Softdrinks wäre es am besten, auf Wasser auszuweichen – und das vom Kindergarten an“, sagt die Diabetologin Susanne Kaser von der MedUni Innsbruck, Präsidentin der Österreichischen Diabetes-Gesellschaft: „Ist  man einmal an diesen süßen Geschmack gewöhnt, ist es schwierig, sich diesen  abzugewöhnen.“

Hoppichler steht auch der Initiative Sipcan vor. Diese führt eine Liste von Getränken, die einen bestimmten Zuckergehalt (6,7 g/100 ml) nicht übersteigen. „Es ist gelungen, den Zuckergehalt in Getränken in den vergangenen zehn Jahren um 18 Prozent zu senken.“

Zu hoher Zuckerkonsum sei ein Teil der Überernährung vieler Menschen in Österreich, betont Kaser: „Die Energiezufuhr ist insgesamt zu hoch – vor allem im Vergleich zu der Bewegung, die wir täglich betreiben.  Das fördert das Entstehen von Übergewicht.“ Und dieses erhöht – bei entsprechender Veranlagung – das Diabetesrisiko: „Alle 50 Minuten stirbt ein Mensch mit Diabetes an den Folgeerkrankungen.“

Kritisch sieht der Zucker-, Stärke- und Fruchtkonzern Agrana Produkte, die mit dem Hinweis auf weniger Zucker werben. Bereits im Vorjahr bezeichnete das der Vorstandsvorsitzende Johann Marihart als „unverantwortlichen Aktionismus“: „Nur weniger Kalorien führen zu weniger Fettleibigkeit.“ Beim Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie verweist man auf die eigene Info-Plattform „Österreich isst informiert“ und die Wahlfreiheit der Konsumenten.

Warum eigentlich, Susanne Kaser

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