Nach den neuesten Daten des US-Arbeitsministeriums sind in den USA 10,7 Millionen Stellen unbesetzt. Wirtschaftswissenschafter verweisen auf die hohe Zahl von Arbeitnehmern, die in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten aufgrund der Pandemie gekündigt haben. Neue Forschungsergebnisse weisen aber jetzt auf einen weiteren Faktor hin: Long Covid.
Ein am vergangenen Mittwoch veröffentlichter Bericht der "Brookings Institution" besagt, dass schätzungsweise 16 Millionen Amerikaner zwischen 18 und 65 Jahren noch lange nach der Infektion unter Covid-Symptomen leiden, wie zahlreiche US-Medien berichten. Long Covid kann Gehirnnebel, Konzentrationsschwierigkeiten, Müdigkeit, Atemproblemen, Muskelschmerzen, Kopfschmerzen, Schmerzen in der Brust und sogar Angstzustände oder Depressionen umfassen - alles Symptome, die es den Menschen schwer machen können, zu arbeiten.
Der Bericht schätzt, dass zwei bis vier Millionen derzeit aufgrund von Long Covid arbeitslos sind. Das ist fast so viel wie die Zahl der Amerikaner, die in der Zeit der "Great Resignation" jeden Monat ihren Arbeitsplatz aufgeben: Nach Angaben des Bureau of Labor Statistics gaben im Juni rund 4,2 Millionen und im Mai bzw. April fast 4,3 Millionen ihren Arbeitsplatz auf.
Das Phänomen mit den Namen "Great Resignation" und "Big Quit" ist in den USA seit dem Frühjahr 2021 verwendet: Seit damals verzeichnen die USA deutliche Anstiege der Kündigungsraten durch Beschäftigte.
Laut dem aktuellen Bericht könnte aber ein Drittel der verlorenen Arbeitsplätze vakant sein, weil die Arbeitnehmer an Langzeitfolgen einer Coronavirus-Infektion leiden.
Ausgehend von einem US-Durchschnittslohn von 1.106 Dollar pro Woche schätzt der Bericht, dass drei Millionen Menschen, die aufgrund ihrer Erkrankung arbeitslos sind, einen Verdienstausfall von 168 Milliarden Dollar pro Jahr bedeuten. Diese hohen Zahlen berücksichtigen möglicherweise nicht einmal die "volle wirtschaftliche Belastung" durch die Langzeitfolgen des Infekts. Das liegt daran, dass die Berechnung weder die geringere Produktivität von Long Covid-Patienten, die während ihrer Krankheit arbeiten, noch die Gesundheitskosten berücksichtigen.
Langzeitfolgen bei gesunden, jungen Männern
Eine aktuelle Studie, die kürzlich im Fachmagazin Lancet erschienen ist, analysierte die Folgen einer Coronavirus-Erkrankung bei jungen, gesunden Männern und Frauen. 93 Prozent der Studienteilenhmer waren männlich, das Durchschnittsalter betrug 21 Jahre.
Die Schweizer Forscher führten eine Kohortenstudie an allen Armeestützpunkten in der Schweiz durch: Teilnahmeberechtigt waren 501 Angehörige der Schweizer Armee (SAF) im Alter von 18-30 Jahren mit einem positiven oder negativen PCR-Test auf SARS-CoV-2 während ihres Dienstes zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember 2020. Die Teilnehmer wurden in vier Gruppen eingeteilt: Kontrollgruppe (serologisch negativ), Gruppe mit asymptomatischer Infektion (serologisch positiv, aber ohne Symptome), Gruppe mit einer nicht kürzlich aufgetretener Covid-19-Infektion ( mehr als 180 Tage seit positivem PCR-Test) und Gruppe mit einer kürzlich aufgetretenen Covid-19-Infektion (weniger als 180 Tage seit positivem PCR-Test).
An einem einzigen Tag wurden mehrere Tests durchgeführt, um Auswirkungen der SARS-CoV-2-Infektion auf kardiovaskuläre, pulmonale, neurologische, reproduktive, psychologische und allgemeiner Gesundheitsparameter zu analysieren. (Sie können die Studie hier auf Englisch nachlesen.)
Die Wissenschafter stellten einen signifikanten Trend zu Stoffwechselstörungen bei den Teilnehmern fest, deren Infektion mit Covid-19 länger zurücklag. Im Vergleich zur Kontrollgruppe hatten sie einen höheren BMI, niedrigere aerobe Schwelle und höheren Gesamtcholesterin sowie LDL-Cholesterinwert.
Der einzige signifikante psychosoziale Unterschied wurde bei den Ergebnissen eines Fragebogens zum chronischen Fatigue-Syndrom (Chalder Fatigue Scale) festgestellt: Die Gruppe, deren Erkrankung länger zurücklag, gab höhere Werte für Müdigkeit an als die Kontrollgruppe. Bei anderen psychosozialen Fragebögen oder Spermienqualität gab es keine signifikanten Unterschiede.
"Junge, zuvor gesunde Menschen erholen sich weitgehend von einer SARS-CoV-2-Infektion. Die Konstellation von höherem BMI, Dyslipidämie (Stoffwechselstörung) und geringerer körperlicher Ausdauer 180 Tage nach Covid-19 deutet jedoch auf ein höheres Risiko für die Entwicklung von Stoffwechselstörungen und möglichen kardiovaskulären Komplikationen hin. Diese Ergebnisse werden für künftige Untersuchungen und das Follow-up-Management von Bedeutung sein", so das Fazit der Studie.
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