Warum sich Omikron so viel schneller verbreitet
Omikron ist auch in Österreich längst die dominante Variante und hat Delta zurückgedrängt. Von Montag auf Dienstag wurden hierzulande 11.516 Neuinfektionen registriert. Das liegt über dem Schnitt der vergangenen sieben Tage von 9.631.
Aufgrund der Erfahrungen aus Ländern wie Großbritannien, Dänemark und den USA erwarten Expertinnen und Experten deutliche und steile Anstiege der Infektionszahlen in den nächsten Tagen und Wochen. Von 15.000 bis 16.000 täglichen Neuinfektionen gehen Schätzungen hierzulande aus, Bundeskanzler Karl Nehammer sprach im KURIER-Interview gar von 20.000 neuen Fällen pro Tag.
Im Vergleich zu Delta verbreitet sich Omikron deutlich schneller – eine mit Omikron infizierte Person steckt im Schnitt acht oder mehr Menschen an. Bei Delta sind es durchschnittlich 6,5 Personen, bei der Ursprungsvariante aus Wuhan in China waren es 2,5 Personen.
Ein Grund für diese deutlich stärkere Ausbreitung als bei früheren Varianten liegt darin, dass Omikron bei vielen asymptomatisch verläuft. Infizierte merken also nicht, dass sie das Virus weitergeben könnten.
Neue Studien aus Südafrika
Das zeigen vorläufige Ergebnisse zweier neuer südafrikanischer Studien. In der Ubuntu-Studie, die eigentlich die Wirksamkeit des Moderna-Impfstoffs bei Menschen mit HIV untersuchte, wurden 31 Prozent von 230 Teilnehmern positiv getestet. In allen Proben wurden Omikron nachgewiesen. "Dies steht im krassen Gegensatz zur Positivitätsrate vor Omikron, die zwischen weniger als ein Prozent und 2,4 Prozent lag“, sagten die Forscher in einer Erklärung. Die positiv Getesteten waren alle geimpft und hatten keine Symptome. Ihre Proben wurden von Mitte November bis Anfang Dezember erfasst.
In der zweiten Untersuchung, der Sisonke-Studie, wurde die Wirksamkeit des Impfstoffs von Johnson & Johnson erhoben. Auch hier stieg die Rate der positiv Getesteten während Omikron im Vergleich zu den Beta- und Delta-Wellen an. Während Omikron waren 16 Prozent der Proben positiv und asymptomatisch, bei den vorhergehenden Varianten waren es 2,6 Prozent. Diese Daten stammen aus den ersten drei Dezemberwochen 2021.
Die Forscher gehen davon aus, dass die asymptomatischen Verläufe stark zur Verbreitung von Omikron beitragen, da Infizierte ihre Infektion nicht merken und so an andere weitergeben. Sie schreiben, dass die "höhere asymptomatische Übertragungsrate wahrscheinlich ein wichtiger Faktor für die schnelle Verbreitung der Variante ist, selbst in Bevölkerungen mit hohen vorherigen Coronavirus-Infektionsraten“.
In Südafrika haben sich trotz strenger Lockdown-Bestimmungen Viele bereits früher mit dem SARS-CoV-2 infiziert. In Gauteng, wo erstmals Berichte über Omikron auftauchten, lag die Genesenenrate bereits vor der neuen Variante bei 72 Prozent. Dies sowie die Tatsache, dass die südafrikanische Bevölkerung im Schnitt deutlich jünger ist, machen Vergleiche mit Europa schwer.
Eine kürzlich veröffentlichte Meta-Studie zeigt etwa, dass in Europa 44 Prozent der Infizierten keine Symptome aufweisen, in Nordamerika sind es etwa 46 Prozent, in Asien 28 Prozent. Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig regelmäßiges Testen sei, damit auch symptomlose Personen sich während der Infektion isolieren und das Virus nicht weitergeben können. Auch andere Maßnahmen wie das Tragen von FFP2-Masken, Abstand halten oder simples Händewaschen sind wichtig, um eine Übertragung durch asymptomatisch infizierte Personen unwahrscheinlicher zu machen.
Omikron wird rascher weitergegeben
Einen weiteren Grund für die schnelle Verbreitung der Omikron-Variante lieferte Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) im Gespräch mit der Austria Presse Agentur.
Dass sich Omikron so rapide ausbreite, liege neben der Immunflucht in erster Linie am kürzeren seriellen Intervall zwischen zwei Infektionen. Heißt: Ein Infizierter kann das Virus rascher weitergeben als etwa bei Delta, weil er nach der Ansteckung schneller infektiös wird.
Diese Infektiosität würde dann aber auch rascher abklingen, als bei früheren Varianten. Dementsprechend ließe sich die Omikron-Welle auch gut eindämmen. So würde ein kurzer, harter Lockdown deutlich besser wirken, als etwa in der Delta-Welle. Eine Durchseuchung der Bevölkerung könnte somit vermieden werden. Auch würden Kontaktbeschränkungen im Vergleich mit Delta besser wirken, so Czypionka. Oder wenn man Infizierte - auch dreifach geimpfte - in Quarantäne schicke.
Ebendies merkte auch der Berliner Virologe Christian Drosten an: Er berichtete von Hinweisen darauf, dass die Generationszeit bei Omikron etwas kürzer ist. "Wenn das aber so ist und wie gesagt, es gibt dezente Hinweise darauf, dann wäre der R-Wert dieses Virus eigentlich kleiner und damit sind die Kontrollmaßnahmen effektiver", sagte Drosten.
Ein Nachteil ist die verkürzte Generationszeit hingegen bei den Tests, da man nach einer Ansteckung schneller infektiös wird. Besser wäre, die Gültigkeitsdauer von Tests zu verkürzen, wie das etwa schon der Molekularbiologe Andreas Bergthaler gefordert hatte.
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