Warum man viel mehr über die Wechseljahre reden sollte

Warum man viel mehr über die Wechseljahre reden sollte
Der Aufbruch in die neue Lebensphase ist für viele Frauen noch immer ein Tabuthema. Doch das ändert sich gerade.

Ein Wort reicht, und die deutsche Moderatorin Julia Westlake fühlt sich alt: „Wechseljahre“ lautet es und ist vor allem negativ besetzt. „Frauen werden in eine Art Frührente geschickt. Männer sind in der Mitte des Lebens einfach nicht so stigmatisiert“, kritisiert sie. Die Arbeit für ihre neue Doku zeigte der NDR-Journalistin aber auch, wie schambesetzt das Thema noch immer ist.

Auch wenn Frauen zwischen 50 und 60 heute viel sichtbarer sind als noch ihre Mütter und Großmütter im gleichen Alter: Jene Jahre, in denen sich der weibliche Körper hormonell umbaut, körperlich und psychisch verändert, werden noch immer tabuisiert. Selbst von den Frauen. Obwohl keine, ob prominent oder nicht, darum herumkommt. Manche früher, etwa mit 40 Jahren. Andere später, erst mit 56. Im Schnitt sind Frauen 51 Jahre alt, zeigen Statistiken.

Schleichender Prozess

Die hormonelle Umstellung ist ein schleichender Prozess, der sich über mehrere Jahre erstreckt, erklärt die Gynäkologin Denise Tiringer vom auf Frauengesundheit spezialisierten Institut Santé Femme in Wien. Manche Frauen haben gar keine Beschwerden, andere leiden körperlich und psychisch sehr.

Was sich in den vergangenen Jahren geändert hat, ist der Umgang damit, bemerkt Cornely-Peeters (Ellen Cornely-Peeters: Ach, Meno! Eine Wechseljahre-Beraterin macht Mut, Verlag KiWi, 14,90 Euro). „Ich merke, dass sich Frauen mehr trauen und sagen: Ich muss mich nicht verstecken.“ Die Krankenschwester aus dem Raum Köln kam selbst schon mit 38 Jahren in den Wechsel und fühlte sich damals ziemlich alleine gelassen. Sie ließ sich vor 13 Jahren zur Wechseljahre-Beraterin (eine Weiterbildung im Gesundheitsbereich in Deutschland, Anm.) ausbilden und berät seither Frauen, „damit sie gut in die neue Lebensphase kommen und einen neuen Blick auf ihren Körper und das eigene Leben bekommen“.

Klarheit und Sicherheit

Der Bedarf sei da. „Meistens wird nur auf den körperlichen Aspekt geschaut, etwa Hitzewallungen oder Schmerzen.“ Ihr geht es in ihren Beratungsgesprächen um einen ganzheitlichen Ansatz. Es geht um „Tipps, um sich selbst gut zu versorgen“. Sie ist überzeugt: „Wenn Frauen durch das Gespräch Klarheit und Sicherheit bekommen, können sie ihren Organismus leichter auf den Weg durch diese Durchgangsphase bringen.“

Dazu zählen etwa mentale Techniken, ist Irene Guttmann überzeugt. Seit 30 Jahren als Business-Coach erfolgreich, machte sie sich ebenfalls aufgrund eigener Wechsel-Symptome auf die Suche nach Hilfe. Und stellte fest, dass ihr Mentaltraining, das sie in ihren Coachings vermittelt, auch gegen ihre körperlichen Beschwerden half. „Ich konnte damit etwas abfangen. Damit wurden meine Hitzewallungen nicht nur weniger stressig, sondern auch leichter.“

Körper und Geist

Es sei ein doppelter Gewinn: „Wenn ich schaffe, meine körperliche Symptomatik etwas abzuschwächen, hilft das auch mental.“ Mittlerweile arbeitet sie mit der Wiener Ärztin Beata Lutomska-Kaufmann zusammen, die bei Beschwerden auch medizinisch unterstützt. (Info: www.meinewechseljahre.com) Denn am wichtigsten sei Information. „Der Schlüssel für jede Frau, um gut durch die Wechseljahre zu kommen, ist, zu Wissen zu kommen.“

Vielleicht hilft ein wenig auch das Wissen, dass man im Englischen schlicht von „The Change“, also nur einem Wechsel spricht. Und ein solcher, findet Moderatorin Westerlake, ist schließlich gar nichts Schlechtes. „Wir werden die bessere Version unserer selbst.“ Nachsatz: „Für vieles war ich früher sowieso zu jung.“

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