US-Hirsche mit Corona infiziert: Infektionsrisiko durch Wildtiere?
„SARS-CoV-2 könnte in tierischen Verstecken lauern“, schreibt The Economist. Die Financial Times warnt: „Zoologen fürchten, dass Wildtiere zu einem Reservoir für Infektionen werden.“ Was steht hinter diesen neuen Sorgen? Zunächst einmal zwei US-Studien mit nordamerikanischen Weißwedelhirschen, die sich oft nahe menschlicher Siedlungen aufhalten:
- In 40 Prozent der Blutproben dieser häufigsten US-Hirschart wurden Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen, ergaben jüngste Daten des US-Landwirtschaftsministeriums.
- In der zweiten Studie (Penn State University) wurde in 80 Prozent von Lymphknoten-Proben aus US-Hirschen mittels PCR-Test Viruserbgut nachgewiesen. „Über diesen hohen Prozentsatz waren wir sehr überrascht“, sagt die beteiligte Forscherin Katriina Willgert. Es müsse mehrfache Vireneinträge von infizierten Menschen und dann eine Weiterverbreitung von Hirsch zu Hirsch gegeben haben.
Eine weitere Untersuchung (Cary Institute of Ecosystem Studies) kam zu dem Ergebnis, dass sehr wahrscheinlich rund 540 Säugetierarten Zellen mit jenen Andockstellen (ACE-2-Rezeptoren) besitzen, die das Coronavirus als Eintrittspforte nutzt. Damit haben sie theoretisch das Potenzial, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Darunter auch die Wasserbüffel mit weltweit mehr als 200 Millionen Exemplaren als Arbeitstiere und Milchlieferanten.
Keine Ansteckungen
„Es gibt keinen Nachweis, dass sich ein Mensch bei diesen Hirschen angesteckt hat“, erklärt der Virologe Norbert Nowotny von der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Dass das Virus unter den nordamerikanischen Hirschen offenbar zirkulieren könne, sei zwar eine neue Erkenntnis und müsse näher beobachtet werden: „Ob dies eine Gefahr für den Menschen darstellt, wissen wir nicht, zumal die PCR-Proben aus Lymphknoten nicht mit herkömmlichen Nasen- und Rachenabstrichen vergleichbar sind. Es fehlt der Nachweis von infektiösem Virus aus Nase und Rachen. Derzeit sehe ich keine reale Infektionsgefahr durch diese Hirsche, etwa für Jäger.“
Bei Wild in Österreich sei SARS-CoV-2 jedenfalls noch nicht nachgewiesen worden, und auch noch keine Antikörper dagegen, die auf eine durchgemachte frühere Infektion hindeuten.
„Und das gilt für alle Tierarten mit Ausnahme der Nerze – nur da sind Rückübertragungen von den Tieren auf Menschen nachgewiesen. Auch bei Frettchen – so wie Nerze aus der Familie der Marderartigen – sollte man vorsichtig sein, auch die sind besonders empfänglich für das Virus“, betont Nowotny: „Die einzigen wirklich gefährlichen potenziellen Überträger auf den Menschen in Europa sind nach heutigem Wissensstand aber die Nerze.“
Was nachgewiesen sei, ist die Infektion von Katzen und Hunden durch an im selben Haushalt erkrankte Menschen: „Es gibt in Österreich ganz wenige Katzen, die von ihren Besitzern angesteckt wurden – aber das ist die große Ausnahme. Bei einem Hund ist in Österreich noch keine Infektion nachgewiesen worden – international aber schon.“ Die betroffenen Katzen hätten allesamt nur leichte Symptome wie Husten oder Durchfall gehabt.
Auch bei Gorillas, Tigern, Löwen und Schneeleoparden sind in Zoos bereits Infektionen nachgewiesen worden – erst vor wenigen Tagen sind in einem Zoo in Nebraska drei Schneeleoparden an den Folgen von Covid-19 verstorben.
Nowotny: „In all diesen Fällen erfolgte die Ansteckung durch die Tierpfleger.“ Auch in heimischen Nutztieren (Schweine, Rinder, Geflügel, Schafe ...) ist kein SARS-CoV-2 nachgewiesen worden.
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