Trump hat Klinik verlassen: Aber wie geht es ihm wirklich?
Die Weltöffentlichkeit blickte in den letzten Tagen gespannt auf das Walter-Reed-Militärkrankenhaus an der Ostküste der USA. Nach einer dreitägigen Krankenhaus-Behandlung wegen seiner Covid-Erkrankung ist der US-Präsident am Montag ins Weiße Haus zurückgekehrt. Trump inszenierte seine Ankunft als Demonstration von Stärke: Er stieg die Treppe zum Balkon auf der Südseite seiner Residenz hoch, nahm dort die Gesichtsmaske ab und salutierte dem Piloten seines abfliegenden Hubschraubers.
Noch einmal bekräftigte er seine zuvor auf Twitter verbreitete Botschaft: "Haben Sie keine Angst vor Covid."
Widersprüchliche Angaben
Zugleich aber dringt seit Tagen Widersprüchliches über Trumps Gesundheitsstatus nach außen. Klar ist: Es sind diverse therapeutische Bausteine, mit denen Trump kuriert werden soll. Zuletzt wurde ihm – nach Sauerstoffsättigungsproblemen – der Entzündungshemmer Dexamethason verabreicht.
Das Cortisonpräparat wurde im Juni als großer Wurf gefeiert. In einer Oxford-Studie hatte das Medikament die Sterberate bei schwerst kranken Covid-19-Patienten deutlich verringert. "Dexamethason ist eine Substanz, die Cortison freisetzt und Cortison hat wiederum eine immununterdrückende Wirkung im Körper", erklärt Günter Weiss, Infektiologe und Direktor der Innsbrucker Universitätsklinik für Innere Medizin. Es hemmt jene bei Covid-19 oft im späteren Verlauf beobachtete überproportionierte und überschießende Immunantwort, die zu einer Verschlechterung des Zustandes führen kann.
Immunantwort regulieren
"Auch wir verabreichen Covid-19-Patienten Cortison. Das Entscheidende ist, in welcher Phase der Covid-19-Erkrankung man es gibt", sagt Weiss. Zu Beginn habe man es vorrangig mit der Virusausbreitung zu tun: "Man benötigt Arzneien, die Viren eliminieren und ihre Vermehrung hemmen." Trump wurde vergangene Woche Remdesivir – ein Ebola-Virostatikum, das inzwischen als Corona-Arznei zugelassen wurde – verabreicht. Weiss hält das für "plausibel und nachvollziehbar".
Kommt es im Verlauf zur genannten fehlgeleiteten Immunreaktion, kann mit Cortison gegengesteuert werden. "Ich kenne Trumps genaue Krankheitsumstände nicht", betont Weiss. "Es ist aber anzunehmen, dass die behandelnden Ärzte wissen, was sie tun. Außerhalb der Intensivstation haben wir Cortison bei Covid-19 jedenfalls noch nie verabreicht. Was man sagen kann, ist, dass eine kritische Phase bei Covid-19 meist etwa eine Woche nach der Infektion auftritt." Dann könne es zu einer Verschlechterung der Atemsituation kommen, was wiederum ein Indikator für eine manifeste Lungenentzündung sein kann. Gerade bei älteren Risikopatienten könne das gefährlich sein.
Unmögliche Prognose
Ob der Einsatz von Dexamethason auf einen derart schweren Verlauf hindeutet, will Weiss weder bestätigen noch ausschließen. Eine überstürzte Verabreichung schließt er aus: "Wenn man es zu früh und zu wenig sorgsam gibt, kann es die Infektion verschlimmern." Auch das Risiko für Zweitinfektionen mit einem anderen Erreger durch das herunterregulierte Immunsystem steige.
Trump erhält auch einen experimentellen Antikörper-Cocktail, dessen Notfallzulassung in den USA vergangene Woche beantragt wurde. Der Biotech-Konzern Regeneron testet REGN-COV2 in klinischen Studien. Weiss: "Da wird man noch sehen, wie gut das bei Covid-19 funktioniert." Auch der Magensäureblocker Famotidin kommt beim US-Präsidenten zum Einsatz, "wohl prophylaktisch als Magenschutz", mutmaßt Weiss.
Zusätzlich nimmt Trump Zink, Vitamin D, Aspirin sowie das Schlafhormon Melatonin ein. "Damit möchte man wohl die Immunabwehr stärken, Aspirin könnte als Blutverdünner eingesetzt werden – hat allerdings keine prophylaktische Wirkung auf Thrombosen. Eine Wirksamkeit gegen Infektionen inklusive Covid-19 ist für diese Mittel allerdings nicht nachgewiesen."
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