T-Zell-Test: Was er misst und bei wem er sinnvoll ist
Seit Beginn der Pandemie beschäftigt uns vor allem eine Frage: Wie gut schützt uns unser Immunsystem vor einer Infektion mit SARS-CoV-2? Während bisher vor allem Antikörpern viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, rückten zuletzt T-Zellen als weiterer wichtiger Bestandteil der körpereigenen Abwehr von Krankheitserregern in den Fokus.
Die T-Zellen suchen wie eine Wachpatrouille den Körper nach jenen Zellveränderungen ab, auf die sie spezialisiert wurden. Diese Spezialisierung erfolgt durch einen früheren Kontakt – in Bezug auf das Coronavirus durch Infektion oder Impfung. Einige dieser T-Zellen bleiben über viele Monate bis Jahre in Ruhe, weshalb sie auch als Gedächtniszellen bezeichnet werden – kommt es dann zu einem erneuten Kontakt mit dem Virus werden sie aktiv, wobei die T-Effektorzellen (früher Killerzellen genannt) infizierte Zellen zerstören und die T-Helferzellen wiederum einen weiteren Zelltyp, die B-Zellen, anregen, Antikörper zu produzieren.
Eine aktuelle Studie der Rockefeller University in New York zeigt, dass die T-Zellen, die nach der Immunisierung durch die vier Covid-Impfstoffe von Biontech/Pfizer, Moderna, Johnson & Johnson sowie Novavax produziert werden, zu etwa 80 Prozent so stark gegen Omikron aktiv werden wie gegenüber früheren Varianten. Angesichts der Tatsache wie stark sich Omikron von früheren Varianten unterscheidet, ist es sehr wahrscheinlich, dass T-Zellen auch zukünftige Varianten ähnlich robust angreifen würden, schreiben die Forscher. Eine Auffrischungsimpfung erinnert T-Zellen an das Virus – sie beginnen erneut mit ihrer Arbeit, was für ein vielfältiges Repertoire an Gedächtniszellen sorgt. Bei einer Infektion können sie schnell reagieren und Antikörper produzieren. Die Wahrscheinlichkeit für schwere Verläufe nimmt dadurch ab.
Schwierige Interpretation
Doch wie werden T-Zellen gemessen und macht es Sinn, die eigenen T-Zellen untersuchen zu lassen? Ähnlich wie beim Antikörpertest, der vergangenes Jahr zeitweise sehr stark nachgefragt war, um herauszufinden, wie hoch die individuellen Antikörperspiegel sind, können auch T-Zellen mittels Labortest gemessen werden. Dazu wird Blut abgenommen und – vereinfacht gesagt – bei der Analyse geschaut, wie viele Botenstoffe (Zytokine) die T-Zellen nach Kontakt mit SARS-CoV-2-Proteinen ausschütten. Diese Botenstoffe wiederum stoßen unter anderem die Bildung von Antikörpern an.
Wie auch beim Antikörper-Test ist allerdings die Interpretation des Ergebnisses schwierig, meint Labormediziner Helmuth Haslacher von der MedUni Wien. „Die diagnostische Überlegung ist, dass wenn jemand wenig oder keine Antikörper nach einer Impfung oder Infektion produziert hat, man feststellt, ob T-Zellen vorhanden sind. Der T-Zell-Test kann also die Vermutung bestätigen, dass jemand infiziert war oder ob die Person auf die Impfung reagiert hat, wenn der Antikörpertest nicht aussagekräftig war.“
Das betrifft vor allem Menschen mit Krankheiten, die das Immunsystem betreffen oder die Medikamente nehmen, die Einfluss auf das Immunsystem haben. „Ob die Person ausreichend geschützt ist, darüber sagt der Test allerdings nichts aus. Dazu fehlen bisher die Daten. Man weiß nicht, ab welchem Wert es ausreichend T-Zellen sind, um eine schwere Erkrankung unwahrscheinlich zu machen, auch sind die Zahlenwerte, die mit verschiedenen Tests gemessen werden, nicht direkt untereinander vergleichbar“, sagt Haslacher. Flächendeckendes Testen habe laut Haslacher daher keinen Sinn, außer bei Menschen mit Immunschwäche oder in der Forschung.
Ein Beispiel: Eine 28-jährige Frau leidet seit ihrem zehnten Lebensjahr an rheumatoider Arthritis. Sie ließ sich impfen, hatte aber zu diesem Zeitpunkt ein herabgesetztes Immunsystem durch die Einnahme eines Medikaments – dadurch können in den meisten Fällen keine Antikörper gebildet werden. Auf Raten ihres Arztes machte sie nach der ersten und zweiten Impfung einen Antikörpertest, bei dem jedoch keine Antikörper festgestellt wurden. Daher wurde ihr empfohlen bald eine dritte Impfung mit einem anderen Impfstoff aufzusetzen. Kurz darauf infzierte sie sich mit Covid-19 und hatte einen milden Verlauf, ein Antikörper-Test zeigte allerdings erneut keine Antikörper. „Dass ich kaum Symptome und kein Fieber hatte, hat mich beruhigt, weil es gezeigt hat, dass die Impfungen gewirkt haben – trotz fehlender Antikörper. Mir wurde aber empfohlen, einen T-Zell-Test zu machen, um zu entscheiden, ob Folgeimpfungen sinnvoll wären“, erzählt die junge Frau.
Deutlich teurer als Antikörper-Test
In einem Labor in Wien wurde ihr Blut abgenommen und zur Analyse nach Deutschland geschickt. Mittlerweile bieten auch österreichische Labors die Auswertung an. Der Test ist allerdings mit ca. 150 Euro je nach Labor deutlich teurer als der Antikörper-Test (ca. 25 Euro). Der Preisunterschied liegt daran, dass das Verfahren aufwändiger ist.
Im Fall der 28-Jährigen zeigte sich: Ihre T-Zellen reagierten. „Für mich war das eine große Erleichterung. Die vierte Impfung ist für mich daher erst sechs Monate nach der Infektion notwendig und nicht schon früher.“
Labormediziner Haslacher: „Der T-Zell-Test macht am ehesten bei solchen Patientinnen und Patienten Sinn, weil es natürlich einen Unterschied macht, ob man zumindest einen Teil der Immunität hat oder nicht. Allerdings ist die Interpretation auch in diesen Fällen schwierig. Es muss genau geschaut werden, was das Ergebnis speziell für diese Person bedeutet.“ Die größte Anwendungsmöglichkeit habe das Verfahren in der Forschung sowie bei Menschen mit Immunschwäche.
Das Ergebnis liefert aber keine Information darüber, wie lange eine Infektion her ist oder mit welcher Variante sich jemand infiziert hat. „Es kann auch nicht mit Sicherheit ausgesagt werden, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass jemand nicht oder nicht schwer erkrankt. Es gibt Betroffenen allerdings vielleicht mehr Sicherheit, als wenn sie gar keine Zellen hätten“, so Haslacher.
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