"Die Theorie besagt, dass eine kurzfristige Unterdrückung des Immunsystems nach intensiver sportlicher Betätigung zu einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen führt, insbesondere für Erkrankungen der oberen Atemwege", erklärt Choukri Ben Mamoun, Experte für Infektionskrankheiten am Yale Institute for Global Health, gegenüber der Plattform Medscape.
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Dokumentiert wurde ein vermehrtes Auftreten von Erkrankungen der oberen Atemwege "sowohl bei hochtrainierten als auch bei gesunden, untrainierten Personen nach erhöhter Aktivität während eines Wettkampfs oder anstrengenden Trainingsblöcken", präzisiert Mamoun. Relevant sind diese Erkenntnisse nicht nur für motivierte Hobbysportlerinnen und -sportler. Sondern auch für Menschen mit körperlich fordernden Berufen, etwa Feuerwehrleute oder Personen im Polizeidienst.
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Suche nach Belegen in Blut Speichel und Urin
Eine neue Studie, die am Pacific Northwest National Laboratory (staatliches Forschungsinstitut in den USA) durchgeführt wurde, wirft nun Licht auf den dahinterstehenden Mechanismus. Man untersuchte Blut-, Speichel- und Urinproben von elf Feuerwehrleuten vor und zehn Minuten nach einer intensiven Übung, die eine Bekämpfung von Waldbränden imitieren sollte. Die Feuerwehrleute wanderten bei feuchtem Wetter 45 Minuten lang über hügeliges Gelände und trugen dabei bis zu 20 Kilogramm schwere Ausrüstung mit sich.
Nach der körperlich hochanstrengenden Übung wiesen die Studienteilnehmenden unter anderem weniger proinflammatorische (entzündungsfördernde) Zytokine und mehr antimikrobielle Peptide im Organismus auf – Veränderungen, die auf eine größere Anfälligkeit für Infektionen hinweisen, so die Forschenden.
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Entzündungsfördernde Zytokine sorgen beim Eindringen eines Erregers für das Anlocken von Immunzellen zum Infektionsort, eine stärkere Durchblutung des betroffenen Gewebes und für die Aktivierung der Immunzellen. Antimikrobielle Peptide besitzen zudem eine immunregulierende Wirkung und unterstützen eine effektive Immunreaktion beim Menschen.
Literaturrecherche stützt neue Befunde
Mit einer Analyse bereits erschienener Studien zum Thema konnte das Team die Ergebnisse untermauern. So wurde in einer Handvoll Studien mit Marathonläufern, Feuerwehrleuten, Soldaten und Fußballspielern eine Zunahme der Atemwegssymptome nach anstrengenden Trainingseinheiten festgestellt.
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"Die Beziehung zwischen Bewegung und dem Immunsystem ist komplex und variiert von Person zu Person", betont Mamoun, der nicht an der Studie beteiligt war. Ärztinnen und Ärzte könnten die Ergebnisse der neuen Studie jedenfalls nutzen, um individuelle Bewegungsempfehlungen zu geben.
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