Warum Viren bei Kälte leichtes Spiel haben
Während die Covid-Infektionszahlen langsam zurückgehen, haben Atemwegserkrankungen nach wie vor Hochsaison. Fieber, Schnupfen, Husten und Heiserkeit sind derzeit stark verbreitet. Aktuelle Untersuchungen der MedUni Wien zeigen, dass seit Beginn dieser Woche ein Anstieg von Influenzaviren zu beobachten ist. Laut Virologin Monika Redlberger-Fritz rollt die Grippewelle in Österreich an. Die aktuell sehr niedrigen Temperaturen deutlich unter Null Grad haben darauf ebenfalls einen Einfluss.
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"Zieh dich warm an, sonst erkältest du dich" ist ein typischer Satz, der dieser Tage oft zu hören ist. Aber stimmt es wirklich, dass man bei kaltem Wetter eher krank wird? 10 populäre Erkältungsmythen im KURIER-Check.
- Wenn es kalt ist, wird man eher krank.
Stimmt. Es sind zwar nicht direkt die niedrigen Temperaturen, die zu Schnupfen, Husten und Halsschmerzen führen, sondern Viren, mit denen man sich bei anderen angesteckt hat. Viren lieben trockene Kälte - sie können sich in kalter trockener Umgebung besser ausbreiten.
Sie werden durch Husten und Niesen einer infizierten Person ausgestoßen - die trockene Luft entzieht die Feuchtigkeit aus den Schwebstoffpartikeln, in denen die Viren enthalten sind. Dadurch schrumpfen sie und können sich länger in der Luft halten, sowie weitere Distanzen zurücklegen. Der Zusammenhang zwischen Kälte und dem Anstieg von Atemwegserkrankungen zeigt sich auch in der Häufung der Erkrankungen in der kalten Jahreszeit. Denn: Die Viren selbst zirkulieren das ganze Jahr.
Die Kälte hat zudem Einfluss darauf, wie gut die Viren vom Immunsytem abgewehrt werden können. Bei niedrigen Temperaturen ziehen sich die Blutgefäße zusammen, man bekommt kalte Hände, kalte Füße und eine kalte Nase. Auch in den Schleimhäuten in Nasenrachenraum und Lunge wird die Durchblutung eingeschränkt. In den Schleimhäuten zirkulieren weniger Abwehrzellen, die wiederum Erkältungsviren abwehren könnten. In einer kalten Nase halten sich die Erkältungsviren auch länger. Die trockene Luft - sowohl draußen, als auch in geheizten Innenräumen - lässt die Nasenschleimhaut austrocknen. Auch das erleichtert es Viren leichter ins Gewebe einzudringen.
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Alkohol wärmt von innen auf.
Falsch. Ein Schnaps oder Glühwein scheinen ideal, um sich aufzuwärmen. Schon nach kurzer Zeit macht sich ein wärmendes Gefühl im Körper breit. Denn bei Alkoholgenuss weiten sich die Blutgefäße in der Haut, wodurch mehr Blut an die Körperoberfläche fließt. Das sorgt zunächst für ein wärmeres Gefühl. Doch nur für kurze Zeit: Die Wärme wird laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) über die Haut nach außen abgegeben, die Körpertemperatur sinkt. Gleichzeitig ziehe der Körper zudem Wärme von den inneren Organen ab. Bei unzureichendem Schutz kühlt der Körper aus.
- Antibiotika verkürzen die Krankheitsdauer und verringern Symptome.
Falsch. Antibiotika sind Medikamente, die bei durch Bakterien ausgelösten Erkrankungen helfen. Gegen Viren sind sie nicht wirksam. Allerdings werden Erkältungen durch Viren ausgelöst. Auch Influenza, Covid und RSV (Respiratorisches-Synzytial-Virus), die ebenfalls zu Erkältungssymptomen führen können, werden durch Viren ausgelöst.
Ein Antibiotikum ist aber nur dann hilfreich, wenn die Beschwerden durch Bakterien ausgelöst werden oder die virale Infektion überlagern. Dass die Arzneien gegen Viren wirkungslos bleiben, wurde auch in Studien belegt. So blieb etwa die Dauer einer akuten Nasennebenhöhlenentzündung mit und ohne Gabe von Antibiotika gleich. Für manche Viruserkrankungen gibt es eigene antivirale Medikamente, etwa bei Influenza und Covid-19.
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- Benutzte Taschentücher sind ansteckend.
Stimmt. Herumliegende benutzte Taschentücher können für andere Personen ansteckend sein. Sie sollten daher rasch entsorgt werden, da Erreger bis zu zwölf Stunden in einem Taschentuch überleben können. Sich selbst kann man übrigens nicht erneut anstecken, Taschentücher können also öfter als einmal benutzt werden.
- Nasse Haare in der Kälte begünstigen Erkältungen.
Nicht nachgewiesen. Wie auch beim Frieren gilt: Nicht die Kälte löst Erkältungen aus, sondern Viren. Inwiefern nasse Haare im Freien eine Infektion fördern, ist wissenschaftlich nicht untersucht.
Kälte erhöht den Blutdruck.
Richtig. Die Höhe des Blutdrucks ändert sich im Laufe des Tages. Nach dem Aufwachen steigt er stark an und nimmt im Verlauf des Morgens weiter zu. Verschiedene Faktoren wie zum Beispiel Geschlecht, Alter, verschiedene Lebensgewohnheiten sowie das Umfeld beeinflussen der Stiftung Gesundheitswissen zufolge den Blutdruck. So reagiert dieser vor allem auf Temperaturunterschiede: "Im Winter ist er höher als im Sommer, da sich die Blutgefäße durch die Kälte verengen und somit einen Anstieg des Blutdrucks bewirken", heißt es.
Anhaltend hoher Blutdruck kann über längere Zeit Gehirn, Herz und Nieren stark schädigen, erläutert die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Von Bluthochdruck spricht man, wenn die Werte bei mehr als 140 zu 90 liegen.
Frauen frieren schneller als Männer.
Stimmt. Diese Behauptung wird gerne mal als Unfug abgetan - stimmt aber. Studien zeigen, dass das unterschiedliche Kälteempfinden zwischen Mann und Frau biologisch und hormonell bedingt ist. Das liegt zum Teil an der Hautdicke und dem höheren Muskelanteil bei Männern.
Bei etwa gleichem Körpergewicht haben Frauen tendenziell weniger Muskeln, die Wärme erzeugen. Ebenso auch mehr Fett zwischen der Haut und den Muskeln, so dass sich die Haut kälter anfühlt, da sie etwas weiter von den Blutgefäßen entfernt ist. Frauen haben auch eine niedrigere Stoffwechselrate als Männer, was die Fähigkeit zur Wärmeproduktion verringert, so dass Frauen bei sinkenden Temperaturen eher zu einem Kältegefühl neigen.
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- Abends sind Erkältungssymptome stärker als untertags.
Stimmt. Viele fühlen sich abends kränker als im Lauf des Tages. Das liegt daran, dass der Körper tagsüber die Energie aufrechterhält, um Erreger in Schach zu halten. Abends leeren sich die Energiespeicher allerdings – die Krankheitserreger vermehren sich und der Körper reagiert verstärkt mit Abwehrmechanismen wie Husten und Niesen. Dies ist auch der Grund dafür, weshalb Fieber abends meist höher ist und man sich schlapper fühlt als untertags. Hinzu kommt, dass man tagsüber oft abgelenkt ist, während man abends mehr zur Ruhe kommt und Symptome verstärkt wahrnimmt.
Eine Erkältung verläuft in 3 Phasen:
- Inkubationszeit (Tag 1-3): Anfangs zeigen sich keine Symptome, aber das Immunsystem läuft auf Hochtouren. Es melden sich schleichend erste Beschwerden wie Halsschmerzen.
- Akutphase (Tag 4-6): In der Akutphase der Erkältung erreichen die Symptome ihren Höhepunkt. Halsschmerzen, Schluckbeschwerden, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen, Schnupfen, Husten, Fieber - alle vorhandenen Beschwerden erreichen ihren schmerzhaften Höhepunkt.
- Spätphase (Tag 7-8): Die unangenehmste Phase ist geschafft, die meisten Symptome klingen allmählich ab. Einige hartnäckige Erkältungsbeschwerden wie Husten können aber bis zu 2 Wochen andauern.
- Hochdosierte Vitamin-C-Präparate schützen vor Erkältungen.
Stimmt nicht ganz. Die gut gefüllten Regale in Apotheken und Drogeriemärkten vermitteln zwar einen anderen Eindruck. Tatsächlich hat die Einnahme von hochdosierten Vitamin-C-Präparaten weder einen vorbeugenden noch einen therapeutischen Effekt. Zwar ist Vitamin C lebensnotwendig, vor Erkältungen schützt es allerdings nicht. Erwachsene und Kinder, die sich ausgewogen und gesund ernähren, brauchen keine ergänzenden Mittel, um Erkältungen vorzubeugen.
Was allerdings in Studien gezeigt werden konnte ist, dass Vitamin-C-Mittel Erkältungskrankheiten verkürzen können – wenngleich nur minimal. Die Erkältung dauert dann im Schnitt nicht sieben Tage, sondern "nur" etwa sechs bis sechseinhalb Tage. Für diesen kleinen Effekt ist allerdings vermutlich die jahrelange Einnahme von Vitamin C notwendig.
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- Ein Saunabesuch kann Erkältungen verbessern.
Falsch. Wer akut erkältet ist, sollte die Sauna lieber meiden. Die hohen Temperaturen sind für den Körper eine zusätzliche Belastung und schwächen ihn während einer Erkältung mehr als, dass sie etwas verbessern. Zwar kann regelmäßiges Saunieren das Immunsystem stärken, das gilt allerdings nicht, wenn Husten, Schnupfen oder andere Erkältungssymptome bereits auftreten. Hilfreicher ist ein Erkältungsbad mit ätherischen Ölen – außer bei Fieber.
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