Minusgrade: Wie extreme Kälte auf den Körper wirkt
Minus 21,1 Grad wurden Dienstagfrüh im Waldviertel gemessen. In St. Pölten waren es minus 9,4 Grad, gefolgt von Eisenstadt mit minus 7,7 und Wien mit minus 7,6 Grad. Für Mittwoch und Donnerstag sprach die GeoSphere Austria für ganz Österreich eine Kältewarnung aus. Noch kälter ist es derzeit in Skandinavien: In Schweden wurden minus 43,6 Grad gemessen, in Finnland und Norwegen waren es jeweils um die minus 30 Grad.
Temperaturen unter Null Grad gehen nicht spurlos an unserem Körper vorüber – extreme Kälte kann rasch zur Lebensgefahr werden und ist sogar gefährlicher als extreme Hitze, wie Studien zeigen. Welche Effekte das eisige Wetter haben kann und wie man sich am besten schützt.
1. Wie der Körper reagiert und wann es zur Unterkühlung kommt
Bei Kälte ziehen sich die Blutgefäße in Armen und Beinen zusammen, die Durchblutung sinkt mit dem Ziel, dass weniger kaltes Blut in die Körpermitte und in den Kopf gelangt. Denn dort liegen die wichtigsten Organe und das Gehirn, die geschützt werden sollen. Die geringere Durchblutung spüren wir als erstes an kalten Zehen, Fingern und Ohren.
Verliert der Körper über längere Zeit mehr Wärme, als er produzieren kann, spricht man von einer Unterkühlung. Sie tritt bei einer Körperkerntemperatur von unter 36 Grad ein, wobei man ab 35 Grad von einem Notfall spricht, ab einer Körpertemperatur von 30 Grad wird es lebensbedrohlich. Bereits bei einem Absinken der Durchschnittskörpertemperatur von etwa 37 Grad um ein halbes Grad frieren wir. Dazu kann es beim Aufenthalt im Freien bei kaltem Wetter, in kaltem Wasser oder ungeheizten Wohnungen kommen. Es geht dabei nicht unbedingt um die Temperatur, also wie kalt es ist, sondern welche weiteren Bedingungen herrschen. So kann die Kombination mit Wind die gefühlte Temperatur deutlich absenken und es kann früher zu Unterkühlung kommen als bei niedrigerer Temperatur ohne Wind.
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Die Unterkühlung ist ein medizinischer Notfall: Sinkt die Körpertemperatur können Herz, Gehirn und die inneren Organe nicht mehr arbeiten. Alkohol, Drogen und bestimmte Medikamente können das Risiko für eine Unterkühlung erhöhen, da die Kälte weniger wahrgenommen wird. Auch ältere Menschen und kleine Kinder sind stärker gefährdet.
Erste Anzeichen sind kalte Füße und Hände, eine beschleunigte Atmung, ein schneller Herzschlag, blasse Haut und Zittern. Später kommen Verwirrtheit, Müdigkeit sowie eine langsame und undeutliche Sprache hinzu. Bei diesen Anzeichen sollte man sofort einen Arzt aufsuchen.
Um eine Unterkühlung zu verhindern, sollte man seine Aufenthalte im Freien bei extremer Kälte im Allgemeinen gut planen, Pausen im Warmen einlegen und die Zeit draußen geringhalten. Energiereiche Lebensmittel unterstützen bei der Wärmeerzeugung, regelmäßiges Trinken warmer Flüssigkeiten hilft dem Körper, die Temperatur zu regulieren. Unterstützend wirkt Kleidung in Schichten: Zuunterst am besten eine Schicht feuchtigkeitsableitender Kleidung, um Schweiß von der Haut fernzuhalten. Dann eine isolierende Schicht, um die Körperwärme zu speichern und schließlich eine wasser- und winddichte Außenschicht.
2. Bei Minusgraden kann es zu Erfrierungen kommen
Kalte, rote Finger oder gerötete Haut im Gesicht kennen die meisten von kalten Tagen. Ist dies der Fall spricht man noch nicht von einer Erfrierung und es drohen keine bleibenden Schäden. Es sind allerdings die ersten Anzeichen.
Oberflächliche Erfrierungen sind auf die oberen Hautschichten begrenzt und bessern sich, wenn sie gewärmt werden. Kann die Kälte weiter ins Gewebe eindringen, kann die Haut tatsächlich frieren und Gewebe zerstört und gefühllos werden. Dies tritt auf, wenn Körperstellen lang andauernder oder extremer Kälte ausgesetzt sind.
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Insbesondere Finger, Nase, Ohren, Wangen und Zehen sind für Erfrierungen gefährdet. Ein höheres Risiko haben Menschen mit schlechterer Durchblutung, etwa bei Diabetes, ältere Menschen und Raucher. Auch Erkrankungen, die die Kältewahrnehmung beeinträchtigen wie Demenz oder der Einfluss von Alkohol, Drogen und Medikamenten kann das Risiko für Erfrierungen erhöhen.
Um die Finger zu schützen, helfen Fäustlinge besser als Fingerhandschuhe. Um Wärmeverlust über den Kopf vorzubeugen, sollte unbedingt eine Haube getragen werden. Auch die Füße sollten in wasserdichten, isolierten Schuhen und mit dicken Socken warm und trocken gehalten werden. Das Gesicht kann mit einem Schal vor Erfrierungen und dem Einatmen extrem kalter Luft geschützt werden.
3. Kalte Luft kann für die Lunge problematisch sein
Das Einatmen kalter Luft führt dazu, dass sich die Bronchien zusammenziehen und der Körper weniger mit Sauerstoff versorgt wird. Problematisch ist das vor allem für Menschen, die aufgrund einer Lungenerkrankung bereits verengte Bronchien haben. Bei ihnen kann es bei starker Kälte zu Atemnot kommen.
Dieser Effekt ist noch stärker, wenn die Luft kalt und feucht ist, etwa bei Nebel. Kalte, feuchte Luft führt dazu, dass die Schleimhäute zu viel Wasser aufnehmen. In der Folge schwellen sie an und verengen die Bronchien noch stärker. Insbesondere Menschen mit Lungenerkrankungen wie COPD (Chronisch obstruktive Lungenkrankheit) sollten dann nur durch einen Schal ein- und ausatmen. So wird die Luft vor dem Einatmen etwas angewärmt. Das hilft auch bei Menschen ohne Lungenprobleme. Denn bei Temperaturen von minus 20 und weniger Grad fällt das Atmen schwerer und das Einatmen der kalten Luft in den Lungen schmerzt auch dann, wenn man gesund ist. Die Kälte kann die Schleimhäute zudem reizen und zu einem Hustenreiz führen. Etwa jeder Zehnte ist besonders kälteempfindlich in der Lunge, insbesondere Asthmatiker.
Hilfreich ist, durch die Nase zu atmen. So wird die Atemluft angefeuchtet und besser erwärmt als bei der Mundatmung. Ebenfalls unterstützend wirken eine Tasse warmer Tee vor dem Rausgehen sowie salzhaltige Nasensprays.
4. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigt
Bei extremer Hitze und extremer Kälte muss das Herz mehr arbeiten. Im Vergleich zu Hitzetagen im Sommer sind extrem niedrige Temperaturen aber deutlich gefährlicher. Bei Kälte ist die Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen um rund ein Drittel höher als bei hohen Temperaturen. Das zeigt eine US-Studie, in der die Daten von mehr als 32 Millionen Todesfällen aus allen Weltregionen in Zusammenhang mit den jeweiligen Temperaturen analysiert wurden.
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Das Ergebnis: An den Tagen mit den tiefsten Temperaturen war die Sterblichkeit durch Herzinfarkte und als Folge chronischer Herzschwäche um ein Drittel höher. Die Gefahr tödlicher Schlaganfälle stieg um 37 Prozent. Zum Vergleich: Extreme Hitze führte "nur" zu einer um sieben Prozent höheren Sterblichkeit durch Herzinfarkte, zu tödlichen Schlaganfällen kam es um zehn Prozent häufiger. Die Sterblichkeit bei chronischer Herzschwäche stieg um sieben Prozent.
Insbesondere Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz sind bei extrem kalten Tagen gefährdet. An extrem kalten Tagen starben 12,8 Menschen pro 1.000 mehr durch Herzinsuffizienz. Bei extremer Hitze waren es um 2,6 mehr je 1.000.
Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder anderen chronischen Erkrankungen sollten ihre Aufenthalte im Freien bei extremer Kälte minimal halten.
5. Alkohol verstärkt den Wärmeverlust
Bei extremer Kälte sollte besser auf Alkohol verzichtet werden. Er reduziert nicht nur das Kälteempfinden und damit die Wahrnehmung, wann es zu kalt im Freien geworden ist. Alkohol weitet auch die Blutgefäße und sorgt so für einen noch stärkeren Wärmeverlust. Das heißt, wir kühlen schneller aus.
Dass Alkohol von innen wärmt ist also ein Mythos. Die Weitung der Blutgefäße sorgt nur kurzfristig für ein wärmendes Gefühl. Die entstandene Wärme wird über die Haut abgegeben und die Körpertemperatur verringert sich.
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