Affenpocken gelten verglichen mit den seit 1980 ausgerotteten Pocken als weniger schwere Erkrankung. Laut einer aktuellen niederländischen Studie betrug die Inkubationszeit bei den niederländischen Affenpocken-Fällen im Schnitt 8,5 Tage. (Die Studie können Sie hier auf Englisch nachlesen.) Die längste Inkubationszeit betrug mehr als 17 Tage in den Niederlanden und rechtfertigt daher eine Quarantäne von 21 Tage.
Winters Symptome haben an einem Dienstag mit einem "atypischen Husten" begonnen, der entweder zu möglichen neuen Symptomen der Krankheit gehört oder sich als Merkmal einer begleitenden Infektionskrankheit eingestellt hat. Laut seinen Schilderungen handelte es sich am ersten Tag um einen leichten Husten, der durch ein Kratzen im Hals ausgelöst wurde. Ein Corona-Test verlief negativ, also machte er sich keine weiteren Sorgen.
Am 4. Tag Juckreiz am Penis
Allerdings verschlimmerte sich der Husten zwei Tage später: Jetzt waren es bellende Hustenanfälle, die in Wellen kamen. Ein erneuter Corona-Test verlief wieder negativ. Am vierten Tag verschlimmerten sich die Symptome, so dass er sich als "grippekrank" bezeichnet hat. Er fühlte sich schlapp, hatte Gliederschmerzen und leichte Kopfschmerzen. Zu Mittag juckte die Rückseite seines Penisses: Er entdeckte eine kleine kreisrunde Wunde, die er nicht als Pocke identifizierte.
"Sie hatte einen schmalen, weißen Rand und nässte. Mein ganzer Penis wirkte leicht geschwollen, rötlich, entzündet. Hier folgen in den Gastrollen eine erste Panik und absolute Verwirrung. Wie ein vorbildlicher Millennial habe ich sofort das Internet konsultiert", berichtet Winter auf Twitter.
Die Beschreibungen passten nicht auf eine Infektionskrankheit, am ehesten auf Syphillis, eine sexuell übertragbare Krankeit, die durch ein Bakterium verursacht wird. Nachdem er sich keine Sorgen machte, cremte er die Wunde ein. Schließlich dachte er, dass es sich um einen Pickel oder einen Stich handeln müsste. Doch: "Am selben Tag gegen 17 Uhr kam der Schüttelfrost; eine unerbittliche, den ganzen Körper erfassende Kälte, die mich – wortwörtlich – geschüttelt hat. Das Fieber kam abrupt und wie aus dem Nichts und stieg schnell auf 39,5 Grad. Dazu: heftige Kopfschmerzen."
Die Kopfschmerzen wurden so schlimm, dass die Schmertabletten nicht mehr wirkten. Hinzu kamen Gliederschmerzen, vor allem im Nacken. Nach einigen Stunden bemerkte Winter Juckreiz an weiteren Stellen: eine weitere Pocke am Hals, eine weitere Pocke an der Schulter. Die Pocken juckten wie Stiche.
Die richtige Diagnose sollte erst eine Woche nach Symptombeginn kommen.
"Als hätte mir jemand in den Penis geschossen"
Der Juckreiz am Penis nahm stark zu, die Wunde nässte, zudem schwoll das Glied stark an. Also suchte er seinen Penis ab und entdeckt unter der Vorhaut eine viel größere Pocke: "Kreisrund, tief, nässend, mit einem weißen, dicken Wundrand. Es sah aus, als hätte mir jemand mit einer kleinen Schrotkugel direkt in den Penis geschossen." Jetzt erst setzte Panik ein.
In den darauffolgenden Tagen folgte Fieber, das bis zu 40 Grad anstieg und wieder abfiel. Zu diesem Zeitpunkt glaubte der Erkrankte, er hätte sich mit einer Geschlechtskrankheit und mit Grippe angesteckt.
Am Dienstag ging der Deutsche zum Hausarzt, also sieben Tag nach Symptombeginn: Der Arzt testete auf Influenza, Syphillis und Affenpocken. Auf Affenpocken wäre er selbst nie gekommen: "Diese Pocken unterscheiden sich in Form und Struktur massiv von den Bildern, die ich im Internet bzw. den Medien gesehen habe und als "Nicht-Mediziner" kann ich sagen: Ohne einen Arzt wäre es mir unmöglich gewesen, diese Pusteln den #Affenpocken zuzuschreiben."
Am Donnerstagabend wurde Winter offiziell als Affenpocken-positiv diagnostiziert, das Gesundheitsamt meldete sich am Freitag.
Wie hat er sich angesteckt?
Ja, er sei homosexuell, aber dem Virus ist das egal. Niemanden gehe sein Sexleben etwas an. Was er aber sagen kann: Er ist der einzige Infizierte in seinem Bekanntenkreis. Auch sein Ehemann ist nicht an Affenpocken erkrankt. Zwar gilt enger Körperkontakt zu einem der Übertragungswege, aber eben nicht als einziger.
"Nach über zwei Jahren Covid sind die meisten verunsichert, müde, angeschlagen. Wir wollen keine andere, keine zweite Pandemie. Trotzdem schreibe ich diese Tweets in der irrigen Hoffnung, dass meine Erfahrungen anderen helfen könnten, dass all das vielleicht dazu beiträgt, den Fokus auf diese Krankheit zu erweitern, nicht bloß zu simplifizieren. Wir müssen offen und direkt darüber reden können. Wir müssen Symptome benennen und die Scham, die mit solchen Erkrankungen möglicherweise einhergeht, aktiv bekämpfen. Wir leben in einer Zeit, in der das notwendig sein wird."
Kommentare