Anders als in Utrecht gelten bei den Pilotveranstaltungen neben der 3-G-Regel weitere Regeln: Sowohl vor als auch nach der Veranstaltung sollten die Teilnehmer einen freiwilligen PCR-Test machen, am Morgen des Festivalstarts musste zudem ein negativer Selbsttest vorgelegt, sowie Kontaktdaten bekannt gegeben werden, um Contact Tracing zu ermöglichen. Masken- und Abstandsregeln gab es ebenso keine.
Das Fazit der ersten neun Pilotveranstaltungen, darunter die BRIT Awards sowie die World Snooker Championships, mit insgesamt 58.000 Menschen: Nur 28 Personen infizierten sich laut ersten veröffentlichten Daten.
Die beteiligten Forscher bezeichneten die Ergebnisse als "beruhigend", warnten aber davor sie zu positiv zu sehen. Vor allem auch, da viele Teilnehmer den zweiten PCR-Test nach den Veranstaltungen ausließen, wodurch möglicherweise nicht alle während der Veranstaltung Infizierten erfasst wurden: Nur 15 Prozent kamen zum zweiten Test.
Kritik erntete das Projekt, da die Ergebnisse nicht vollständig veröffentlicht wurden.
"Superspreader-Events"
Österreichische Experten stehen Festivals mit tausenden Besuchern skeptisch gegenüber. "Nachtclubs und große Festivals bereiten mir derzeit am meisten Sorgen. Sie werden von einer Personengruppe besucht, die noch gar nicht oder nur zu einem geringen Prozentsatz geimpft ist. Sie haben aber gleichzeitig ein höheres Risikoverhalten, wodurch diese Veranstaltungen auch zu Superspreader-Events werden und dort liegt das Problem", sagte etwa Epidemiologe Gerald Gartlehner dem KURIER.
Er spricht sich dafür aus, möglichst viele Vorkehrungen zu treffen, um Ansteckungen zu verhindern. "Wenn die 3G-Regel konsequent umgesetzt würde, würde das das Risiko schon reduzieren", so Gartlehner. Er spricht sich zudem für PCR-Tests aus, die vor dem Zutritt gemacht werden sollten.
Auch Virologin Dorothee von Laer von der MedUni Innsbruck warnt vor Veranstaltungen wie dem Frequency Festival und hat kein Verständnis dafür, dass sie möglicherweise stattfinden.
Sie fürchtet ebenso wie Gartlehner, dass sie zu Superspreader-Events werden können und spricht sich eher für kleinere, lokale Open-Air-Festivals aus. Solche werden von der Uni Innsbruck im August auch wissenschaftlich untersucht.
Virologe Norbert Nowotny zeigt sich hingegen optimistisch. "Da kann man sich schon drüber trauen“, meint Nowotny. Allerdings spricht auch er sich für Maßnahmen wie engmaschiges Contact Tracing aus und bezieht sich auf die wissenschaftlich begleiteten Großevents in Großbritannien: "Es waren kaum mehr Infektionszahlen nach solchen Großveranstaltungen zu beobachten als in der Normalbevölkerung."
Vergleich mit Sportveranstaltungen
Veranstaltungen in der Größenordnung von 50.000 Menschen wie sie beim Frequency Festival geplant sind, waren bisher vor allem Sportevents. Dazu kann etwa das Finale der Europameisterschaft im Londoner Wembley Stadion mit mehr als 67.000 Teilnehmern gezählt werden.
Noch ist nicht klar, wie viele Personen sich im Stadion ansteckten, da noch zu wenig Zeit seither vergangen ist. Eine erste Bilanz zeigt allerdings, dass rund 2.500 Fälle in sieben Ländern in Zusammenhang mit der EM stehen. Der größte Cluster entstand mit 1.991 Fällen in Schottland.
Ein Beispiel für ein Großevent aus Österreich ist der Formel-1-Grand-Prix von Spielberg, der am ersten Juli-Wochenende stattfand. 132.000 Menschen waren live vor Ort – sie konnten das Gelände nur mit 3-G-Nachweis und nach Temperaturmessung betreten.
Die Polizei richtete ein eigenes Covid-Kompetenzteam ein, das für die Einhaltung der Regeln sorgte. Alle Teilnehmer hatten zudem einen zugewiesenen Sitz- oder Stehplatz.
Hier liegt einer der großen Unterschiede zu Musik-Festivals, bei denen dicht an dicht getanzt und gesungen wird. Hinzu kommt, dass zwischen den Sitzplätzen oft einzelne Plätze frei bleiben und die Austragungsstätten nicht vollständig ausverkauft sind. Beim EM-Finale hätte das Stadion etwa nicht nur 67.000, sondern 90.000 Personen Platz geboten.
Risiko auf Campingplätzen?
Gemeinsam ist den Veranstaltungen allerdings, dass es auch außerhalb der eigentlichen Events zu Ansteckungen kommen kann, z.B. auf Campingplatzen oder wie beim Frequency Festival beim Massenbaden in der Traisen.
Die Campingplätze bieten daher oft reduzierte Kapazitäten, in Spielberg war etwa nur eine Auslastung von 80 Prozent festgelegt. Ob es beim Formel-1-Grand-Prix zu Ansteckungen kam, ist bisher nicht bekannt. Die Inkubationszeit müsste nun allerdings erreicht sein.
Beim Frequency Festival, das vier Tage dauert, soll die 3-G-Regel laut vorgelegtem Sicherheitskonzept am Bändchen sichtbar sein: Wer einen PCR-Test als Nachweis vorweist, hat demnach nur 72 Stunden Zeit am Festival, danach muss neuerlich getestet werden.
Jene, die trotz 3-G-Nachweis infiziert sind, sollen möglichst herausgefiltert werden. Es sollen "vergleichbar viele Fälle" mittels PCR-Test und Impf-Anreiz (jene mit Impfung erhalten ein grünes Armband und müssen nicht während des Festivals erneut getestet werden) erkannt werden.
Eine eigens von den Frequency-Veranstaltern in Auftrag gegebene Studie mit Simulationen zu Covid-19-Neuinfektionen berechnet, dass die geplante PCR-Strategie die Zahl der neuen, bestätigten Fälle um ca. 40 Prozent gegenüber der normalen 3-G-Regel reduzieren würde.
Noch wartet das Sicherheitskonzept auf die Freigabe durch die Behörden.
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