Eine gestörte Entfernung von toxischen Stoffwechselprodukten aus dem Gehirn durch schlechten und zu kurzen Schlaf könnte die Entstehung neurologischer Erkrankungen wie Demenzen oder auch Parkinson begünstigen.
Bei diesem Abfallbeseitigungssystem ("glymphatisches System") fließt die Hirnflüssigkeit durch kleinste Kanäle bzw. Schläuche im Gehirn, die sich im Zwischenzellraum des Gehirngewebes befinden. Dabei nimmt sie Schadstoffe wie Bruchstücke von alten Zellen auf. Dieses System wurde erst im Jahr 2012 von einem Team um die dänische Forscherin Maiken Nedergaard von der University of Rochester in New York entdeckt. Funktioniert der Abtransport nicht richtig, lagern sich diese Substanzen im Gehirn ab. Dies kann zum Tod von Nervenzellen und der Entstehung einer Demenz führen.
Im Unterschied zu den meisten anderen Organen besitzt das Gehirn kein klassisches Lymphsystem für den Abtransport von Stoffwechselprodukten. Viele Experten bezeichnen das als erstaunlich, da gerade das Gehirn hohe Stoffwechselaktivität hat, bei der ständig Schadstoffe anfallen, die wieder abtransportiert werden müssen.
Schlafstörungen als Risikofaktor für neurologische Erkrankungen
Die Forschenden um Nedergaard gehen davon aus, dass durch dieses System auch Stoffwechselabfälle wie Amyloide und Tau-Proteine entsorgt werden, die eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Alzheimer spielen. "Wenn das Gehirn vom Wachzustand in den Schlaf übergeht, nimmt die Verarbeitung externer Informationen ab, während Prozesse wie der glymphatische Abtransport von Abfallprodukten aktiviert werden", wird Nedergaard in einer Aussendung des University of Rochester Medical Center zitiert.
Da der Abtransport vor allem in der Nacht passiert, könnten Schlafstörungen ein Risikofaktor für die sogenannten neurodegenerativen Erkrankungen des Gehirns wie eben Demenzen sein. Die Studie selbst ist im Fachjournal Cell erschienen.
Was die Müllabfuhr im Gehirn antreibt
Was diese Müllentsorgung im Gehirn aber antreibt, war bis jetzt unklar. Das Team um Nedergaard fand jetzt heraus, dass der Botenstoff Noradrenalin eine Schlüsselrolle bei der Reinigung des Gehirns von Mäusen spielt. Noradrenalin wirkt unter anderem auf Herz und Blutgefäße, steigert den Blutdruck und auch die Herzfrequenz.
Während des Tiefschlafs setzt der Hirnstamm etwa alle 50 Sekunden winzige Noradrenalinwellen frei. Noradrenalin veranlasst die Blutgefäße, sich zusammenzuziehen und langsame Pulsationen zu erzeugen, die einen rhythmischen Fluss in der umgebenden Hirnflüssigkeit erzeugen, um die Abfallstoffe abzutransportieren.
"Das ist so, als würde man vor dem Schlafengehen den Geschirrspüler einschalten und mit einem sauberen Gehirn aufwachen", sagt Nedergaard.
"Man kann Noradrenalin als den Dirigenten eines Orchesters betrachten", sagt die Hauptautorin Natalie Hauglund von der Universität Kopenhagen und der Universität Oxford, UK. Die Verengung und Erweiterung der Arterien sorge dafür, dass die Gehirnflüssigkeit durch das Gehirn zirkuliert, um die Abfallprodukte zu entfernen.
Häufig verwendetes Schlafmittel scheint den Reinigungsprozess zu reduzieren
Das Team untersuchte auch, wie sich eines der am häufigsten verwendeten Schlafmittel - die Substanz Zolpidem - auf den Reinigungsprozess des Gehirns bei den Mäusen auswirkt. Dabei zeigte sich: Die Noradrenalinwellen waren um 50 Prozent schwächer als bei Mäusen, die ohne dieses Schlafmittel schliefen. Zwar schliefen die Mäuse, denen Zolpidem verabreicht wurde, rascher ein, der Flüssigkeitstransport im Gehirn ging aber um mehr als 30 Prozent zurück.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Schlafmittel die durch Noradrenalin gesteuerte Abfallbeseitigung während des Schlafs stören kann.
"Immer mehr Menschen nehmen Schlafmittel ein, und es ist wirklich wichtig zu wissen, ob das ein gesunder Schlaf ist", sagt Hauglund. Wenn die Gabe von Schlafmitteln dazu führt, dass sie den Nutzen und die Funktionen des Schlafs nicht voll ausschöpfen können, dann sollte sie sich dessen bewusst sein, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.
Das Team der Wissenschafterinnen und Wissenschafter geht davon aus, dass die Studienergebnisse höchstwahrscheinlich auch auf den Menschen übertragbar sind. Denn auch bei Menschen wurden bereits ähnliche Noradrenalinwellen sowie ähnliche Muster des Blutflusses und der Ströme der Hirnflüssigkeit beobachtet.
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