Nach Drosten-Aussage zu Pandemieende: Ist Corona jetzt vorbei?
Die Aussage des deutschen Virologen Christian Drosten sorgt für Aufsehen: „Wir erleben in diesem Winter die erste endemische Welle mit SARS-CoV-2, nach meiner Einschätzung ist damit die Pandemie vorbei“, sagte er dem Berliner Tagesspiegel. Die Immunität in der Bevölkerung werde nach diesem Winter so breit und belastbar sein, dass das Virus im Sommer kaum noch durchkommen könne.
Doch nicht alle Expertinnen und Experten teilen diese Auffassung uneingeschränkt, auch die WHO und das österreichische Gesundheitsministerium sind noch zurückhaltend damit, die Pandemie für beendet zu erklären.
„Wir sind heute in einer viel besseren Lage als noch vor einem Jahr“, sagte vergangene Woche auch WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. Aber noch gebe es zu viele Unsicherheiten, um sagen zu können, die Pandemie sei vorbei: Etwa Lücken bei der Virusüberwachung, den globalen Impfraten (30 Prozent der Weltbevölkerung haben noch keine einzige Dosis erhalten) oder bei der Therapie. Aber die Hoffnung sei, im Laufe des nächsten Jahres sagen zu können, „dies ist keine Pandemie mehr“.
Die Epidemiologin Eva Schernhammer (MedUni Wien) geht gegenüber dem KURIER davon aus, „dass wir langsam in eine Phase kommen, die man als endemisch bezeichnen kann“ – relativ gleichbleibende Infektionszahlen in einem geografisch eingegrenzten Gebiet. Auch sie sieht aber noch Unsicherheitsfaktoren. Und: „Endemie heißt nicht, dass jetzt alles toll ist. Es gibt ja nach wie vor viele Infektionen, es gibt Long Covid, und es kann auch in Zukunft zu Wellen kommen, die das Gesundheitssystem belasten können.“ Maßnahmen wie eine Überwachung der Virusvarianten würden wichtig bleiben.
Die WHO kann die Pandemie übrigens nicht für „beendet“ erklären. Sie kann aber die „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ , die sich am 30.1.2020 ausgerufen hat, aufheben. Voraussetzung ist, dass ein unabhängiger Expertenrat dies der WHO empfiehlt – die Entscheidung liegt dann beim WHO-Generaldirektor. Und dieser, Tedros Adhabin Ghebreyesus, geht davon aus, dass es 2023 zur Aufhebung dieser gesundheitlichen Corona-Notlage kommen werde.
Mit dieser gesundheitlichen Notlage empfiehlt die WHO Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung und Unterstützung ärmerer Staaten. Die konkreten Maßnahmen erlässt aber jedes Land komplett unabhängig.
Wie das Gesundheitsministerium reagiert
An der WHO – und der ECDC – orientiert sich auch der österreichische Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) , heißt es aus seinem Ressort. Auch in Österreich ist die Covid-Lage besser als in den Pandemiejahren zuvor. Die Zahlen stagnieren derzeit zwar auf einem relativ hohen Niveau. Eine Winterwelle, die einen Lockdown wie in den vergangenen Jahren hätte notwendig gemacht, blieb bisher trotzdem aus.
Mit einem (vorschnellen) Ausrufen eines Pandemie-Endes hält sich Rauch dennoch zurück. In der Vergangenheit haben sich sowohl Ex-Kanzler Sebastian Kurz als auch sein Nachfolger Alexander Schallenberg (beide ÖVP) mit einem angeblichen Ende der Pandemie mehrmals grob verschätzt.
Stattdessen weist man im Rauch-Büro auf eine stabile Infektionslage hin und lässt wissen, dass Covid „in diesem Jahr durch ein erhöhtes Influenzaaufkommen und den RS-Virus begleitet wird“. Die FFP2-Masken würde weiter gut vor den grassierenden Viren schützen, eine Influenza- und Covid-Impfung seien immer noch wichtig.
Dennoch hat Gesundheitsminister Rauch bereits einige Corona-Maßnahmen aus Hochzeiten der Pandemie abgeschafft, so kam etwa das Aus der Quarantäne im August und jüngst das Ende der 3-G-Regel in vulnerablen Einrichtungen.
Dass ein Ende der Pandemie aber kein Ende von Corona bedeutet, gab kürzlich das die Regierung beratende Gecko-Gremium zu bedenken. Auch eine Endemie könne zu lokalen Einschränkungen führen, heißt es im jüngsten Bericht. Corona werde auch bei einem endemischen Zustand Probleme bereiten, alleine dadurch, dass es weltweit eine höhere Krankheitslast geben werde.
Impfkampagne war entscheidend
Drosten ging in dem Tagesspiegel-Interview auch auf die Lage in China ein , wo sich das Coronavirus nach der Aufgabe der No-Covid-Politik gerade massiv ausbreitet: "Der große Fehler in China war, dass in der Bevölkerung, insbesondere in der älteren, kein Bewusstsein für das Impfen entstanden ist." Seiner Meinung nach sei die Impfkampagne in Deutschland und Europa der entscheidende Schritt bei der Bekämpfung der Pandemie gewesen.
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