Mund oder Nase? Die wichtigsten Fragen zu den Massentests
Nachdem Virologen und Experten des Bundesheeres im KURIER darauf hingewiesen haben, dass bei einer falschen Proben-Abnahme bei den Covid-Schnelltests erhebliche Ergebnisfehler drohen, gilt es die wichtigsten Fragen noch einmal zu beantworten.
Ist es für das Test-Ergebnis egal, ob man die Proben für den Antigen-Schnelltest im Nasenrachen oder im Mund nimmt?
"Nein", antwortet Bernhard Benka, Leiter der Abteilung für Krisenmanagement und Seuchenbekämpfung im Gesundheitsministerium. "Fast alle mir bekannten Antigen-Tests schreiben in der Gebrauchsanleitung den Nasenrachen-Abstrich (auch Nasopharynx-Abstrich, Anm.) vor", sagt Benka. Dementsprechend sei die Probe dort zu nehmen. Einer der Gründe dafür: Im Unterschied zum PCR-Test, der schon kleine Viruslasten erkennen kann, schlagen die Schnelltests nur bei entsprechend hohen Viruslasten an. Außerdem kann die Erregerkonzentration im Abstrich des Nasenrachens tendenziell höher sein kann. Benka: "Insofern ist es wichtig, auch dort die Probe zu entnehmen, wo die Wahrscheinlichkeit am größten ist, möglichst viele Erreger zu finden – und das ist normalerweise im Nasenrachen."
Geplant ist, dass die Bürger, etwa in Wien, zwischen Nasen- und Rachenabstrich wählen können. Ist das klug?
Eher nicht. Abgesehen von den Herstellern, die bei vielen Tests das tiefe Einführen eines Tupferstäbchens in den Nasenrachen als Standard definieren, sagt auch das renommierte Robert Koch-Institut (KI), dass dies die "Standardmethode" zur Probengewinnung ist. Im Vergleich dazu ist ein tiefer Mundabstrich subjektiv aber leichter zu tolerieren, bei – je nach Studie – vergleichbarer oder etwas niedrigerer diagnostischer Zielgenauigkeit.
"In beiden Fällen muss man zur Rachenhinterwand, weil sich die Viren dort vermehren", gibt Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) zu bedenken. Im Mund bestehe aber die Gefahr, nur das Gaumensegel zu erwischen oder Material am Gaumensegel abzustreifen. "Daher ist nasopharyngeal besser." Für den Epidemiologen Gerald Gartlehner vom Department für Evidenzbasierte Medizin und Evaluation der Donau-Universität Krems sind in Summe "kombinierte Abstriche an Nase und Mund sinnvoll".
Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko beim Anstellen in der Warteschlange?
"Wenn die üblichen Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten werden und konsequent Maske getragen wird, können die Tests einigermaßen sicher vonstattengehen", sagt Gartlehner. In Wien sollen zu Testende FFP2-Masken bekommen. Bis ein Antigentest-Ergebnis vorliegt, vergehen aber 20 Minuten: "Hier stellt sich die Frage, wie man verhindert, dass zu viele Personen aufeinandertreffen." Gemeinsames Warten in Innenräumen sei gefährlicher als im Freien, "wobei man sich angesichts der momentanen Temperaturen fragen muss, ob Letzteres angemessen ist".
Ist nach einem positiven Schnelltest ein PCR-Test zur Bestätigung angebracht?
Gartlehner: "Das ist sinnvoll, weil eine beträchtliche Zahl an falsch-positiven Ergebnissen zu erwarten ist." Allerdings würden schon jetzt Infizierte tagelang auf das PCR-Ergebnis warten. Kommen Zehntausende hinzu, sei eine Überlastung zu befürchten. Fakt ist, dass nach einem positiven Test eine Selbstquarantäne bis zum Ergebnis des PCR-Tests und dem Erhalt des Absonderungsbescheids einzuhalten ist. "Das Problem der falsch-negativen Tests bleibt außerdem ungelöst."
Ist der Zeitpunkt der Massentests günstig?
Der harte Lockdown zeigt inzwischen Wirkung. Man werde daher trotz des hohen Aufwands nicht übermäßig viele neue Fälle detektieren, sagt Czypionka. "Massentests eigenen sich, um Infektionszahlen niedrig zu halten. Dafür braucht es mehrere Wiederholungen binnen weniger Tage." Das sei in Österreich nicht angedacht. "Eine andere Möglichkeit wäre, die Massentests als Wellenbrecher zu verwenden, um die Ansteckungszahlen rasch zu senken. Aktuell hat man sich für eine Mischlösung entschieden, die man am ehesten als Generalprobe sehen kann, sollte es zu einer dritten Welle im neuen Jahr kommen."
Momentan werde die Maßnahme laut Czypionka kommunikativ zu wenig begleitet. Infolge könnten weniger Menschen als erhofft bei den Testungen erscheinen. "Man müsste die Menschen motivieren, immerhin bedeutet der Test Aufwand für jeden Einzelnen." Auch Aufklärung sei wichtig, damit ein negatives Testergebnise nicht als Freibrief verkannt wird.
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