Der Unterschied ist deutlich: Rund 290.000 bestätigte Grippefälle gab es 2019 im australischen Herbst und Winter bis zum 20. September. Heuer waren es im selben Zeitraum 21.000 dokumentierte Erkrankungen. Ab Mitte März sanken in Australien die Infektionszahlen merklich: „Es ist wahrscheinlich, dass die Covid-19-Maßnahmen (Lockdowns, Hygieneregeln, Masken, Anm.) einen Effekt auf die Übertragung von Atemwegsinfekten, einschließlich der Influenza, haben“, heißt es dazu im jüngsten „Influenza Report“ des australischen Gesundheitsministeriums.
„Wir dürfen berechtigt hoffen, dass auch bei uns im kommenden Winter und Frühjahr die Grippewelle milder verlaufen wird – verlassen können wir uns darauf aber nicht“, sagt die Virologin Monika Redlberger-Fritz vom Department für Virologie der MedUni Wien: Denn einerseits ist in Australien die Bevölkerungsdichte geringer, was die Ansteckungsgefahr senkt, andererseits die Durchimpfungsrate höher. 16,5 Millionen Impfdosen hatte die australische Regierung heuer gekauft (für 25 Millionen Einwohner) – drei Millionen mehr als im Jahr davor.
87 Prozent der Infektionen in Australien wurden durch zwei Influenza-A-Viren verursacht: „Diese werden durch den Impfstoff, der bei uns zum Einsatz kommt, abgedeckt“, erklärt Redlberger-Fritz. Ob dann auch in unserer Grippe-Saison ab Jänner diese Viren dominieren werden, lässt sich nicht vorhersehen: Denn im Gegensatz zum neuen Coronavirus „können bei Influenzaviren Mutationen besonders leicht entstehen“, heißt es beim deutschen Robert Koch-Institut. Und diese können eine Auswirkung auf die Wirksamkeit des Impfstoffes haben.
Der deutsche Moderator Jan Böhmermann fragte kürzlich auf Twitter, ob heuer wegen der Corona-Hygieneregeln weniger Menschen an anderen Infekten erkranken werden. „Unsere Influenzasaison wurde im März abrupt beendet, im Südhalbkugel-Winter ist die Influenza-Saison fast ausgefallen. Auch die meisten anderen Erkältungsviren sind selten geworden“, antwortete der deutsche Virologe Christian Drosten. Sein Kollege Hendrik Streeck warf in einem Interview mit t-online aber ein, dass bestimmte Erkältungsviren (Rhinoviren) derzeit stark kursieren: „Da stellt sich die Frage, warum dieses Virus nicht auch geblockt wird durch unser Verhalten.“ Möglicherweise, weil es sich hauptsächlich um Schmierinfektionen (durch verunreinigte Oberflächen) bei Kindern handelt, worauf Drosten selbst hinweist.
Run auf Gratis-Impfung
Unterdessen haben sich in Wien bis Freitagmittag 52.087 Menschen für die Gratis-Grippeimpfung angemeldet: 43.554 online (impfservice.wien), 8.533 per Gesundheitstelefon (1450). Je nach Impfzentrum gibt es erst wieder zwischen Ende Oktober und Mitte November freie Termine. Insgesamt stehen für die Aktion der Stadt Wien rund 400.000 Impfdosen zur Verfügung.
Kommentare