Streng genommen ist Schnupfen also ein Symptom für eine Infektion mit dem neuen Coronavirus. Das Problem: "In den Studien, für die bei Patienten die Symptome erhoben wurden, wird nicht unterschieden, ob es ein isolierter Schnupfen war, oder ob er gemeinsam mit anderen Symptomen aufgetreten ist." Bei einem isolierten Schnupfen ohne andere Krankheitszeichen sei aber die Wahrscheinlichkeit einer anderen Ursache – eines anderen Virusinfekts oder einer Allergie – "um ein Vielfaches höher".
Strenger verweist auf die Testung von bisher 1.200 Kindern an der MedUni Graz auf SARS-CoV-2, die allermeisten mit Verdachtssymptomen wie Fieber, und/oder Husten oder auch Schnupfen: "Nur fünf von 1200 waren positiv, also infiziert." Diese waren nicht von Kindern mit anderen Infektionen zu unterscheiden.
Kinder mit ausschließlich Schnupfen sollte man nicht als Corona-Verdachtsfall einstufen und deshalb auch nicht ganze Schulklassen unter Quarantäne stellen, sagt Strenger. Kindergarten oder Schule sollten hier auch keine ärztliche Abklärung verlangen: "Ein Tag Erholung zuhause kann aber nicht schaden."
Der deutsche Virologe Alexander Kekulé sagt dazu in seinem MDR-Podcast: "Wenn es nur einen isolierten Kinderschnupfen hat und das Kind sonst völlig gesund wirkt und vor allem die Kardinalsymptome von Covid-19 (Fieber, Husten, Halsschmerzen, Geruchs- und Geschmacksverlust, bei Kindern auch Durchfall, Erbrechen Anm.) nicht dabei sind, ist es kein Verdacht auf Covid-19."
In mehreren deutschen Bundesländern müssen Eltern von Schnupfenkindern auch bereits keine Bescheinigung mehr in Kindergärten und Schulen vorlegen, dass es sich nicht um Covid-19 handelt. "Das ist auch nur mit einem PCR-Test möglich", sagt Strenger. "Man kann von einem Kinderarzt nicht verlangen, dass er eine Coronavirus-Infektion ohne Test ausschließt." – "Auch Schnupfenkinder müssen in den Kindergarten gehen können", appellierte der Wiener Kinderarzt Peter Voitl gegenüber orf.at. Strenger: "Jedes Kind wird in der kalten Jahreszeit mindestens einmal die offiziellen Kriterien für einen Verdachtsfall erfüllen. Bis zu zehn fieberhafte Infektionen im Jahr – meist Atemwegsinfektionen – sind nichts Ungewöhnliches."
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