Impfung gegen Krebs: Was in den kommenden Jahren zu erwarten ist
Es ist ein weiterer Schritt hin zur Entwicklung von Krebsimpfungen auf mRNA-Basis: Biontech will noch heuer in Großbritannien klinische Studien starten, bis 2030 sollen 10.000 Patientinnen und Patienten behandelt werden, berichtet Der Spiegel.
Was bewirkt eine mRNA-Impfung gegen Krebs?
„Man macht das Immunsystem auf bestimmte Merkmale von Krebszellen aufmerksam, damit sie diese gezielt attackieren“, sagt Onkologe Matthias Preusser, Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie von MedUni/AKH Wien. „Dazu wird der Bauplan, die mRNA, von Eiweißmolekülen der Krebszellen in gesunde Körperzellen geschleust, die dann dieses Protein produzieren. So, wie sie bei den Covid-Impfstoffen das Spike-Protein des Coronavirus produzieren. Dank der Impfung bekämpft das Immunsystem dann in einem Fall das Virus, im anderen den Krebs.“
Wann wird man so eine Impfung einsetzen?
„Die erste Anwendung kommt sicher bei Patienten, die bereits erkrankt sind“, sagt Preusser. Sie erhalten zusätzlich zu etablierten Therapien eine oder mehrere Impfungen – entweder individualisiert mit Merkmalen ihres Tumors oder mit Tumorproteinen, die generell vom Immunsystem gut erkannt werden: „Damit soll das Risiko des Wiederauftretens der Erkrankung reduziert werden.“
Eine weitere Anwendung könnte in der Krebsprävention liegen: Derzeit werden Tests entwickelt, die frühzeitig im Blut Zeichen von Krebs entdecken. Eine mRNA-Impfung könnte dann das Immunsystem in einer Phase aktivieren, in der es die Entstehung eines Tumors noch stoppen könnte: „Aber dazu sind mit den Tests mehrere Entwicklungsschritte notwendig, das wird noch länger dauern bis zur Anwendungsreife.“
Gibt es schon Daten zur Wirksamkeit?
Ende 2022 konnten die US-Firmen Moderna und MSD einen Erfolg gegen schwarzen Hautkrebs melden: 157 Melanom-Patienten erhielten entweder nur eine sehr gute moderne Immuntherapie (macht den Tumor generell besser sichtbar für das Immunsystem), oder eine Kombination von Immuntherapie und mRNA-Impfung. In letzterer Gruppe sank das Risiko, dass der Tumor neuerlich auftrat oder die Patienten im Beobachtungszeitraum verstarben, im Vergleich zur alleinigen Immuntherapie um weitere 44 % – der erste harte Beleg einer Wirksamkeit.
Welche Krebsarten kämen dafür infrage?
„Wahrscheinlich besonders jene, die vom Immunsystem leichter erkannt werden, dazu gehören zum Beispiel der schwarze Hautkrebs und manche Lungenkrebsformen“, erklärt Preusser. „Aber genau wissen wir es noch nicht.“ Sehr wahrscheinlich werde man mRNA-Impfungen, so wie in der Moderna-Studie, mit anderen Therapien kombinieren, um die Wirksamkeit zu erhöhen: „Die Immuntherapie aktiviert das Immunsystem generell. Und die Impfung zeigt ihm dann, wo es gezielt angreifen soll. Es ist jedenfalls eine vielversprechende Entwicklung.“
Wann kommt die erste mRNA-Krebsimpfung?
Bereits viele Jahre vor der Pandemie forschten die Entwickler der Covid-Vakzine an mRNA-Impfstoffen gegen Krebs. „Die Pandemie bedeutete für diese Technologie einen Entwicklungsschub.“ Bis zu einer Zulassung werde es aber sicher noch einige Jahre dauern – wobei es davor auch in der EU Studien geben wird. Generell sei eine Impfung gegen Krebs kein komplett neues Konzept: „Neu ist die mRNA-Technologie. Aber wir haben ja bereits u. a. die HPV-Impfung gegen mehrere Krebsarten, und es werden auch andere Impftechnologien derzeit vorangetrieben.“
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