Erfolg bei Leukämie: Neue Therapie rettet Leben von Alyssa

Die bisher unheilbare Leukämie der 13-jährigen Alyssa scheint geheilt zu sein.
Der Blutkrebs der 13-jährigen Alyssa sprach auf keine Behandlung an. Erst genetisch leicht veränderte Abwehrzellen eines Spenders brachten den Durchbruch.

„Vergangenes Jahr fürchteten wir schon, dass es die letzten Weihnachten mit Alyssa sein werden“, sagt ihre Mutter Kiona. Denn die heute 13-Jährige aus Leicester, England, litt an einer besonders schwer zu behandelnden Form der akuten lymphatischen Leukämie (ALL), der T-Zell-ALL. Alle konventionellen Therapien – darunter Chemotherapie und eine Knochenmarktransplantation – blieben bei ihr ohne Erfolg, teilten Mediziner des Great Ormond Street Krankenhauses in London mit: Die Krankheit kam nach der Therapie zurück.

Als weltweit erste Person wurde bei ihr eine neue Zelltherapie eingesetzt.

Alyssa hat gesunde Abwehrzellen (T-Lymphozyten) eines Spenders erhalten. Bei diesen wurden einzelne der vier verschiedenen Bausteine (Basen), aus denen die DNA (das Erbgut) zusammengesetzt ist, modifiziert. Der Effekt: Dank der leichten Veränderung der Abfolge der Bausteine greifen die gesunden Spenderzellen gezielt nur Alyssas T-Zellen (kranke und gesunde, aber sonst kein Gewebe) an. Die T-Zellen erkennen sie an einem Oberflächenmerkmal. Von den Abwehrzellen des Spenders wurde dieses Merkmal aber entfernt – damit sie sich nicht gegenseitig zerstören.

28 Tage danach waren keine Krebszellen mehr nachweisbar, Alyssa erhielt eine zweite Knochenmarktransplantation, um ihr Immunsystem wiederherzustellen. Bisher, ein halbes Jahr danach, ist die Erkrankung nicht zurückgekehrt.

„Wenn sich dieser Erfolg in einer Studie mit einer größeren Zahl an Patienten bestätigt, wäre das ein gewaltiger Durchbruch“, sagt Andishe Attarbaschi, Spezialist für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie im St. Anna Kinderspital in Wien. „Dieser erste Erfolg stimmt aber schon sehr zuversichtlich.“

Problem bei Rückfällen

15 Prozent aller ALL-Erkrankungen bei Kindern betreffen die T-Zell-ALL, 85 Prozent die B-Zell-ALL. „Kommt es zu einem Rückfall, haben wir bei Letzterer trotzdem noch sehr viele verschiedenen Möglichkeiten, die Kinder zu heilen. Bei einem Rückfall bei der T-ALL, wie er auch bei dem Mädchen in England aufgetreten ist, haben wir bisher kaum Möglichkeiten. Dann ist aber auch eine Knochenmarktransplantation nicht erfolgreich“, betont Attarbaschi: „Mit der neuen Therapieform können wir wahrscheinlich erstmals Kinder nach einem Rückfall trotzdem noch in einen Zustand bringen, in dem dann eine Knochenmarktransplantation erfolgreich ist.“

Seit rund zehn Jahren wird eine ähnliche Therapie vor allem bei Kindern mit wiederkehrender B-Zell-ALL angewandt: Dabei werden den Kindern eigene Abwehrzellen entnommen. Außerhalb des Körpers werden sie so verändert, dass sie an ihrer Oberfläche einen Rezeptor tragen, der die Leukämie-Zellen erkennt.

Die heute 17-jährige Emily Whitehead war vor zehn Jahren das erste Kind, das diese CAR-T-Zelltherapie erhielt. Sowohl Chemotherapien als auch eine Knochenmarkstransplantation waren bei ihr erfolglos, zweimal kam die Krankheit zurück. Seit der CAR-T-Zelltherapie sind bei ihr keine Krebszellen mehr nachweisbar.

Erfolg bei Leukämie: Neue Therapie rettet Leben von Alyssa

Emily Whitehead ist seit zehn Jahren „krebsfrei“.

„Ein Wundermittel ist es nicht, aber ein großer Fortschritt“, betont Attarbaschi. Das St. Anna Kinderspital ist das einzige Zentrum in Österreich, das diese Therapien durchführen darf: „Wir können derzeit 40 bis 50 Prozent der Kinder, die dafür infrage kommen, retten. Davor waren es maximal 10 Prozent. Wir haben uns also deutlich verbessert, aber sind noch weit von 100 Prozent Heilungsrate entfernt.“

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