Impfung für Kinder unter 12 Jahren: Was Kinderärzte dazu sagen
3.052 Kinder unter 12 Jahren haben in Österreich laut Gesundheitsministerium bereits eine erste Covid-Schutzimpfung erhalten, 1.088 davon bereits beide Teilimpfungen. Häufig sind es Kinder mit Vorerkrankungen. Sie erhielten jeweils ein Drittel der Erwachsenendosis von Biontech/Pfizer. Was in Österreich derzeit noch mit erhöhter Aufklärung außerhalb der europäischen Zulassung stattfindet („off label“), wird in den USA demnächst großflächig anlaufen.
Laut Weißem Haus könnten die Covid-Schutzimpfungen für 28 Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und elf Jahren bereits im November starten. Dienstag diskutierte ein Beratergremium der US-Arzneimittelbehörde FDA eine mögliche Notfallzulassung und sprach sich für eine Empfehlung der Impfung aus. Die endgültigen Entscheidungen der Arzneimittelbehörde FDA und anschließend der Gesundheitsbehörde CDC werden in den kommenden Tagen erwartet.
Eine Zulassung für Europa durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) erwarten Experten für frühestens Mitte November. Anschließend werden das Nationale Impfgremium und auch die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde eine Empfehlung abgeben.
Laut Daten von Biontech/Pfizer reduzierte der Impfstoff in einer Studie mit 2.268 Kindern das Risiko für eine symptomatische Infektion um knapp 91 Prozent. Der Impfstoff sei „gut verträglich“ gewesen.
„Auch wenn Kinder in der Regel nicht so schwer an Covid erkranken wie Erwachsene, sehen wir doch immer wieder auch schwer kranke Kinder“, sagt Volker Strenger von der MedUni Graz, Leiter der Arbeitsgruppe Infektiologie der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). „Vor allem das Entzündungssyndrom PIMS kann schwere Verläufe verursachen und dabei viele Organe betreffen.“ Fieber, starke Bauchschmerzen, Übelkeit oder auch Hautausschläge sind häufige Symptome. „Insofern wäre es wünschenswert, zum Eigenschutz der Kinder eine Impfung zu haben, die sehr wirksam ist und keine schweren Nebenwirkungen verursacht.“
Strenger betont auch, dass es nicht darum gehe, Kinder zu impfen, um Erwachsene zu schützen: "Die haben selbst die Chance, sich zu schützen." Und natürlich sollten sich in erster Linie die Erwachsenen impfen lassen: "Mit einer hohen Impfquote bei Erwachsenen werden auch die Kinder geschützt."
Man dürfe auch nicht immer nur die Krankheitsverläufe von Erwachsenen mit denen von Kindern vergleichen: „Zum Glück sind Kinder weniger stark betroffen. Aber wir müssen Covid anderen Kindererkrankungen gegenüberstellen, gegen die geimpft wird, etwa die Meningokokken oder Rotaviren“, betont Strenger: „Auch da impfen wir in erster Linie, um Komplikationen zu vermeiden, nicht Todesfälle. Und das Entzündungssyndrom kann durchaus schwere Komplikationen verursachen.“
Das sagt auch der langjährige Leiter der Kinderklinik in St. Pölten, Karl Zwiauer: "Ich denke, dass es einen verkürzten Ansatz darstellt, wenn man die Krankheitslast zwischen Kindern und älteren Personen vergleicht", erklärte er in einem Interview mit dem ORF NÖ. "Wenn ich die absoluten Zahlen bei den Problemen und Hospitalisationen und Intensivstationen heranziehe, muss ich Covid-19 mit herkömmlichen Kindererkrankungen vergleichen."
Und keine der herkömmlichen und derzeit durch Impfungen bekämpften Kindererkrankungen habe eine so große Krankheitslast wie SARS-CoV-2 infektionen. "Wir müssen die Erkrankungen der Kinder mit anderen Kinderkrankeiten vergleichen und wir kennen keine Kinderkrankheit, , die so belastend ist, so viele Hospitalisationen, so viele schwere Fälle, so viele Intensivstationsaufenthalte verursacht wie die Covid-Erkrankung."
Covid mit Herzrisiko
Über die Häufigkeit von PIMS könne noch keine endgültige Aussage getroffen werden, im Jänner ergab eine Erhebung der ÖGKJ einen Fall auf 1.000 Kinder mit einer bestätigten SARS-CoV-2-Infektion: „Die Angaben schwanken international noch.“ Faktum sei, dass es bei diesem Entzündungssyndrom auch zu einer schweren Beeinträchtigung des Herzens kommen kann: „Bei einem Drittel der Kinder kommt es zu Erweiterungen der Arterien, die sich oft nicht zurückbilden und unter anderem das Risiko für Thrombosen erhöhen.“
Die Fälle von Herzmuskelentzündungen bei Jugendlichen nach einer Impfung seien hingegen in der Regel sehr mild verlaufen und wieder komplett ausgeheilt. In den Impfstudien sind bei Kindern unter zwölf bisher noch keine Fällen von Herzmuskelentzündungen beobachtet worden. "Unabhängig von der Impfung tritt die Myokarditis typischerweise bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf. Deshalb könnte ich mir vorstellen, dass auch durch die Impfung bei den unter 12-Jährigen es hier keine Probleme geben wird. Überdies betrage auch die Dosis nur ein Drittel von jener der Jugendlichen und Erwachsenen. Aber weil diese Fälle so selten sind, werden wir das erst genau sagen können, wenn Hunderttausende Kinder geimpft sind."
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