"Wegen der kleinen Fallzahl lässt sie keine endgültigen Schlüsse zu, man kann aber in Ansätzen herauslesen, dass dreifach Immunisierte nicht allzu schwer erkranken könnten. Wenn das mit der Impfung bei Omikron gelingt und Geimpfte mit einem Schnupfen und Husten davonkommen, können wir zufrieden sein", sagt er. Die vollständige Verhinderung der Ansteckung sei "das Sahnehäubchen".
Auf Basis aktueller Daten könne man durchaus Hoffnung in den dritten Stich setzen: "Der Booster hat einen derart enormen Antikörperanstieg zur Folge, dass man davon ausgehen kann, dass er einen Großteil der Wirkungsverluste nach zwei Impfungen wettmacht. Wenn wir die Drittimpfungen jetzt durchziehen, sollten wir erreichen können, dass die Menschen nicht schwer erkranken."
Eine Ausnahme bilden Risikopatienten, die auch nach der dritten Gabe keine exzellente Immunantwort ausbilden und vulnerabel bleiben. Eine gewisse Unschärfe bezüglich der Impf-Wirksamkeit müsse man laut Kollaritsch wegen Omikron in Kauf nehmen, "aber die Impfungen als wertlos zu bezeichnen, wäre der vollkommen falsche Ansatz".
Ähnlich formuliert es Redlberger-Fritz: "Im Moment gehen wir davon aus, dass der dritte Stich gegen Omikron ungefähr so gut schützt wie der zweite gegen Delta."
In Österreich kann man sich aktuell vier Monate nach dem Zweitstich eine weitere Dosis verabreichen lassen. Nach neuesten Einschätzungen der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) kann die Auffrischungsdosis auch schon nach drei Monaten verimpft werden – ohne Einbußen bei Sicherheit und Wirksamkeit.
Für eine Verkürzung des zeitlichen Intervalls spricht sich auch der Salzburger Infektiologe Richard Greil aus: Angesichts der bisherigen Daten zu Omikron "ist es ganz wichtig, dass wir unter Umständen den Zeitabstand verkürzen für die dritte Impfung", sagte er am Donnerstag im "Mittagsjournal" auf Ö1. Ähnlich argumentierte Biontech-Gründer Ugur Sahin im Interview mit dem Spiegel.
Befunde aus Südafrika und England würden laut Greil zudem dafürsprechen, "dass Omikron Delta verdrängen könnte". Omikron treibt in Südafrika die Fallzahlen in die Höhe: Im Großraum um Johannesburg und Pretoria sind die Neuinfektionen im Wochenvergleich um 400 Prozent gestiegen. Hinter rund 70 Prozent der Fälle steckt die neue Variante.
Dafür, den Abstand zwischen Zweit- und Drittstich weiter zu reduzieren, spricht laut Kollaritsch und Redlberger-Fritz – sie sind beide Mitglieder des Nationalen Impfgremiums (NIG) – derzeit nichts. "Der längere Abstand macht immunologisch Sinn, weil das Immunsystem so bessere Gedächtniszellen bildet", erläutert Redlberger-Fritz. Bei der Bestimmung des Zeitabstands schöpfe man aus Erfahrungen mit anderen Impfstoffen, ergänzt Kollaritsch.
"Impfungen folgen einem recht klaren immunologischen Grundgesetz: Wenn man zwei Impfungen bekommen hat und ihren Erfolg verstärken möchte, muss man dem Organismus Zeit geben, um sie zu verarbeiten. Verkürzt man die Abstände, leidet der Effekt." Mit einem Mindestabstand von vier Monaten zum Drittstich sei man auf der sicheren Seite.
Regelmäßig auffrischen
Biontech-Chef Sahin geht davon aus, dass Dreifachgeimpfte spätestens im Sommer eine vierte Impfung benötigen werden. Das hält auch Kollaritsch für denkbar: "Es könnte sein, dass wir jetzt mit dem dritten Stich die Basisimmunisierung abschließen und dann mit einem variantenspezifischen Impfstoff auffrischen im Sommer."
Ungeachtet dessen sei es sinnvoll, bereits jetzt mit der Anpassung der Impfstoffe zu starten: "Womöglich wird es darauf hinauslaufen, dass wir uns jährlich zu Beginn der kühlen Jahreszeit mit einem auf die dann vorherrschende Corona-Variante abgestimmte Impfung auffrischen lassen müssen."
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