Herdenimmunität: Wie wahrscheinlich ist es, sie zu erreichen?
In den USA zeichnet sich eine Entwicklung ab, die auch in Europa in einigen Wochen einsetzen könnte: Das Impftempo wird langsamer. Die politische Einstellung spielt hier eine große Rolle. In Bundesstaaten, deren Bevölkerung mehrheitlich Donald Trump gewählt hat, sind Impfgeschwindigkeit und Bevölkerungsanteil der Geimpften niedriger.
Doch nicht nur deshalb zweifeln viele Experten, ob das ursprüngliche Ziel der Herdenimmunität erreichbar ist. Dafür verändere sich das Virus zu rasch. Durch die höhere Infektiosität der britischen Variante B. 1.1.7 ist auch die dafür notwendige Durchimpfungsrate angestiegen – von 70 auf rund 80 Prozent, wie auch die Epidemiologin Eva Schernhammer von der MedUni Wien sagt: „Hinzu kommt, dass ja die Impfungen auch nicht zu 100 Prozent vor einer Infektion – und einer Weitergabe des Virus – schützen.“
Andererseits sei sie aber „nicht prinzipiell pessimistisch“, betont die Epidemiologin. „Möglicherweise können wir schon ab Juni Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren impfen. Und in den USA werden bereits Studien mit jüngeren Kindern durchgeführt. Sobald auch diese Bevölkerungsgruppen geimpft werden können, erhöht das unsere Durchimpfungsrate deutlich.“ Gleichzeitig seien durch die neuen Virusvarianten – zumindest in Europa – bisher keine Katastrophen eingetreten. „Deshalb bin ich doch zuversichtlich.“
Zwar werde es trotzdem „streng mathematisch gesehen schwierig werden, die Herdenimmunität zu erreichen – aber es sind bei den Zahlen viele Unschärfen dabei. Vielleicht genügt doch eine etwas niedrigere Durchimpfungsrate, als wir derzeit vermuten“. Lokale Infektionsherde werde man aber nie ganz verhindern können, wie das Beispiel Masern zeige: „Selbst dann, wenn ein Land die für Masern notwendige Durchimpfungsrate von 95 Prozent erreicht, kann es in lokalen Gemeinschaften von Impfskeptikern zu Ausbrüchen kommen.“
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