Gegen Tabu-Thema: Erstes "Retortenbaby" der Welt fordert mehr Offenheit

Gegen Tabu-Thema: Erstes "Retortenbaby" der Welt fordert mehr Offenheit
Louise Browns Geburt war ein Meilenstein. Warum Unfruchtbarkeit heute von der WHO als Krankheit definiert wird.

Sie ist heute 44 Jahre alt und spätestens seit ihrer Geburt eine Berühmtheit: Die Britin Louise Brown war der erste Mensch, der durch eine künstliche Befruchtung (in-Vitro-Fertilisation, kurz IVF) geboren wurde. 1978 war es eine Sensation, dass es gelungen war, eine Eizelle außerhalb des menschlichen Körpers mit einer Samenzelle zu befruchten. Die WHO definiert Unfruchtbarkeit unter bestimmten Kriterien sogar als Krankheit: Wenn sich bei Paaren nach einem Jahr trotz ungeschütztem Sex keine Schwangerschaft einstellt.

Vielen Paaren mit Kinderwunsch kann mittlerweile geholfen werden. In den mehr als 40 Jahren ist aus dem einstigen Experiment in Großbritannien ein gängiges medizinisches Verfahren entstanden, das in Kliniken weltweit angewendet wird. Millionen Babys kamen dank immer besserer IVF-Möglichkeiten seither zur Welt.

Gegen Tabu-Thema: Erstes "Retortenbaby" der Welt fordert mehr Offenheit
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Mehr Offenheit

Heute setzt sich Louise Brown, die sich zur Kinderkrankenschwester ausbilden ließ, für mehr Offenheit bei Kinderwunschbehandlungen ein. Denn oft ist es immer noch ein Thema, das tabuisiert wird. „Die Menschen sollten mehr darüber sprechen, je mehr man das tut und darüber erfährt, desto besser. Reden ist der Schlüssel“, sagte Brown im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Browns Eltern Lesley und John Brown sowie die Ärzte Robert Edwards und Patrick Steptoe sind inzwischen verstorben. „Seitdem reise ich durch die Welt."

Die Gründe für Unfruchtbarkeit können sehr unterschiedlich sein und beide Partner betreffen, etwa Ejakulationsprobleme oder verminderte Samenqualität bei Männern oder hormonelle Schwierigkeiten und Anomalien in Eierstöcken, Eileitern oder Gebärmutter bei Frauen.

Was passiert?

Ist von künstlicher Befruchtung die Rede, geht es meist um IVF oder Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI). Bei einer IVF wird eine der Mutter zuvor entnommene Eizelle außerhalb des Körpers mit Sperma des Vaters in Kontakt gebracht. Noch häufiger ist die ICSI. Dabei wird ein einzelnes Spermium außerhalb des Körpers gezielt in die Eizelle gespritzt. In beiden Fällen wird nach einigen Tagen der entstandene Embryo - manchmal auch mehrere - in die Gebärmutter der Frau übertragen. Geht alles gut, wächst ein Baby heran.

Finanzielle Hürde

Das Thema künstliche Befruchtung ist für Paare oft auch eine finanzielle Hürde. In Österreich und auch anderen Ländern wie Deutschland wird IVF unter bestimmten Kriterien unterstützt. Hierzulande finanziert der sogenannte IVF-Fonds zum Beispiel fünf Versuche. „In Großbritannien kann man sich mit Geld alles leisten, nur haben wahrscheinlich 95 Prozent der Menschen nicht genug Geld“, sagt Brown. Auch ihre Eltern hätten sich die Behandlung nicht leisten können, erzählt sie. "Die eigentliche IVF, damals ein Experiment, war kostenlos. Doch meine Mutter benötigte vorher eine Eileiteroperation. Mein Vater hat dann Geld bei einer Fußballwette gewonnen, mit der die beiden die Operation bezahlen konnten.“ Außerdem mussten die Eltern rund 640 Kilometer Weg für die Behandlung auf sich nehmen.

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