Diskriminierung bei künstlicher Befruchtung

Diskriminierung bei künstlicher Befruchtung
Arzt und Anwalt orten gesetzliche Mängel und schalten Menschenrechtsgerichtshof ein.

Diskriminierungen und Grauzonen im österreichischen Gesetz rund um die künstliche Befruchtung will ein oberösterreichisches Brüderpaar vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg bringen. Der Medizinprofessor und Chef der Kinderwunschklinik Wels, Gernot Tews und der Anwalt Günter Tews stoßen immer wieder auf rechtliche Ungerechtigkeiten.

Man brauche in Österreich jedes Kind, sagt Gynäkologe Tews. Statt der erforderlichen rechnerischen Rate von 2,1 Kindern pro Paar werden in Österreich nur 1,5 erreicht. „So gehen in 30 Jahren eine Million Kinder ab“, behauptet der Arzt. Deshalb müsse der Gesetzgeber Menschen mit Kinderwunsch besser unterstützen und im „generell nicht schlechten Gesetz“ zur künstlichen Befruchtung deutliche Mängel beheben.

Grundsätzliches Übel sei die Prämisse, dass in Österreich unerwünschte Kinderlosigkeit keine Krankheit sei, sagt Tews. Die Kassen würden bei einem selbst verschuldeten Alko-Unfall beim Skifahren alle Behandlungskosten bezahlen. „Eine Patientin, die zur Eizellenentnahme in meine Klinik kommt, darf das nicht im Krankenstand tun, sondern muss Urlaub nehmen“, prangert der Klinikchef an.

Diskriminierung bei künstlicher Befruchtung

Anwalt Günter Tews (l.), Klinikchef Gernot Tews

Fälle

Aus einem Bündel fragwürdiger Vorschriften, will Anwalt Tews zwei Gerichtsurteile über den Obersten Gerichtshof vor den Menschenrechtsgerichtshof bringen. Im ersten Fall geht es um einen 31-Jährigen, der wegen Hodenkrebs seinen Samen einfrieren ließ, um sich einen spätern Kinderwunsch zu erfüllen. Chemotherapie und Operation werden von der Sozialversicherung bezahlt, die Lagerung des Samens (Kosten: 600 Euro) nicht. Damit werde das später mögliche einfache Einbringen des Samens zur Fortpflanzung verhindert, sieht Tews ein Menschenrecht verletzt.

Im zweiten Fall geht es um die medizinisch assistierte Reproduktion, also die künstliche Befruchtung der Eizelle. Die wird in Österreich für Paare finanziell unterstützt. Alleinstehenden Frauen ist sie dagegen verboten. „Die Situation einer 42-jährigen Ärztin, die sich ein Kind ohne Partner gut leisten könnte“, will Tews nach Straßburg bringen. Die Frau würde zum One-Night-Stand oder ähnlichem getrieben, um zur Mutterschaft zu kommen. In anderen Ländern, wie Dänemark oder Spanien, sei das längst kein Thema mehr.

Acht Millionen Kinder In Österreich ist jedes siebente Paar ungewollt kinderlos.  In 30 bis 40 Prozent der Fälle liegt die Ursache entweder beim Mann oder bei der Frau, in 20 Prozent bei beiden. Jährlich werden in Österreich  10.000 In-vitro-Fertilisations-Versuche (IVF,  künstliche Befruchtungen) vorgenommen. Pro Jahr steigt die Zahl um zehn Prozent.   35 Prozent  pro Versuch verlaufen positiv.  90 Prozent der Paare können sich nach bis zu vier IVF-Versuchen über ihr Wunschkind freuen.   Weltweit wurden bereits mehr als acht Millionen  Kinder durch IVF zur Welt gebracht.

 

 

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