Vierte Corona-Welle: Forderung nach Testpflicht im Kindergarten

Vierte Corona-Welle: Forderung nach Testpflicht im Kindergarten
Noch beruht das Testen auf Freiwilligkeit. Eltern und Patientenanwalt wollen Pflicht wie in Schulen.

Die meisten Kindergartenkinder werden derzeit nicht regelmäßig auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 getestet. Es gibt österreichweit keine einheitlichen Regelungen, auch wenn manche Bundesländer Pilotprojekte gestartet haben.

In Niederösterreich können Eltern etwa zustimmen, dass ihre Kinder drei Mal pro Woche mittels Lollipop-Test getestet werden. Dabei handelt es sich um einen Antigentest, der kurz im Mund gelutscht wird und rasch ausgewertet werden kann. Im Burgenland können Kindergartenkinder einmal pro Woche einen Lollipop-PCR-Test machen. Auch hier wird über kurzes Lutschen Speichel entnommen, allerdings mittels PCR-Methode ausgewertet.

In Wien haben Kinder ab vier Jahren kürzlich zwei Gurteltests mit nachhause bekommen. So sollten Eltern animiert werden, ihre Kinder regelmäßig zu testen.

Derzeit freiwillig

Bei allen Testmöglichkeiten setzt man auf Freiwilligkeit, eine Verpflichtung gibt es derzeit in Österreichs Kindergärten nicht. Johanna Pichler, Allgemeinmedizinerin in Niederösterreich und Mutter von drei Kindern, ist das zu wenig. "In unserem Kindergarten ist es leider so, dass viele Eltern ihre Kinder nicht testen lassen. Mittlerweile sind zwei von vier Gruppen wegen positiver Fälle geschlossen", sagt Pichler.

Sie lässt ihre beiden Kindergartenkinder bereits seit vier Wochen fremdbetreuen, hat dafür eigens jemanden angestellt. "Ich kann meiner Arbeit als Allgemeinmedizinerin nicht mehr nachgehen, wenn meine Kinder immer wieder Kontaktpersonen sind. Ich fühle mich im Stich gelassen, wenn es darum geht, dass im Kindergarten regelmäßig getestet wird."

Vierte Corona-Welle: Forderung nach Testpflicht im Kindergarten

Über Lutschen im Mund kann eine Speichelprobe gewonnen werden  für Antigen- oder PCR-Tests.

Meist Impfgegner gegen Testen

Die meisten Eltern, die im Kindergarten ihrer Kinder den Tests nicht zugestimmt haben, seien Impfgegner. "Während diese Leute ihre Kinder nach wie vor in den Kindergarten geben, sind die, die für das Testen sind, auf Fremdbetreuung angewiesen. Vielmehr sollten aber Getestete in den Kindergarten gehen", meint Pichler. Zwar verlaufe bei vielen Kindern eine Covid-Infektion mild, sie würde sich aber sicherer fühlen, wenn die Kinder getestet werden und so die Wahrscheinlichkeit für eine Ansteckung reduziert wird. "Auch wenn der Verlauf vielleicht mild ist, kann Long Covid auftreten. Ich möchte mein Kind davor geschützt wissen, dass es nicht mehr leistungsfähig ist und unter Konzentrationseinbußen leidet", betont Pichler.

Sie habe im Kindergarten angeboten, dass Eltern mit ihren Kindern auch zu ihr in die Praxis für einen Antigen- oder PCR-Test kommen können – dies wurde aber nicht angenommen. Bei ihren eigenen Kindern macht die Medizinerin einmal pro Woche einen PCR-Test mittels Abstrich.

Patientenanwalt für Pflicht

Pichler hat eine Online-Petition gestartet, mit der sie sich für eine Testpflicht in Kindergärten stark macht . Den niederösterreichischen Patientenanwalt Gerald Bachinger hat sie an ihrer Seite. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir längerfristig bestimmte Abläufe brauchen, um das Virus in den Griff zu bekommen. An den Schulen haben wir gute Erfahrungen mit den regelmäßigen Tests. Auch im Kindergarten sollten wir die Gesundheit unserer Kinder bestmöglich schützen", sagt Bachinger zum KURIER.

Das Pilotprojekt in Niederösterreich habe gezeigt, dass im Schnitt drei von vier Eltern zugestimmt haben, ihre Kinder regelmäßig den Schleckertest machen zu lassen. Er habe "vollstes Vertrauen" in Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen, dass die Tests kindgerecht stattfinden.

Kinder, die nicht an regelmäßigen Tests teilnehmen, sollten nicht in die Gruppen gebracht werden dürfen. Bachinger: "Eltern, die aus welchen Gründen auch immer nicht mitmachen, sollten ein klares Signal bekommen, dass wenn sie sich nicht solidarisch zeigen, mit Konsequenzen zu rechnen ist. Es sollte nicht eine kleine Minderheit das Gesamtsystem gefährden."

Tests umstritten

Die derzeit in Niederösterreich eingesetzten Lollipop-Tests sind allerdings hinsichtlich ihrer Qualität umstritten. Zwar ist die Handhabung sehr einfach, insbesondere für Vorschulkinder, allerdings zeigen bisherige Studien, dass Antigentests, die auf Speichelproben basieren, deutlich schlechter abschneiden als solche bei denen ein Abstrich aus Nase oder Rachen genommen wird.

Grund dafür ist die geringe Virenlast im Speichel. "Bis zu einem gewissen Grad kann auch ein schlechter Test besser sein als gar kein Test. Aber man darf nicht den Schluss ziehen, dass ein negativer Test wirklich eine Infektion ausschließt, also man das so getestete Kind zur nicht geimpften Oma schicken kann", sagt Gregor Hörmann von der Österreichischen Gesellschaft für Labormedizin. Am ehesten seien hochinfektiöse Personen zu erkennen.

Allgemeinmedizinerin Pichler und Patientenanwalt Bachinger kennen die Bedenken zum Lollipop-Antigentest. Für Pichler liegt der Vorteil in der Probengewinnung durch kurzes Lutschen im Mund. Abstriche seien bei Kindern im Vorschulalter nicht immer so einfach durchzuführen. Besser geeignet seien PCR-Tests, wie sie etwa im Burgenland einmal wöchentlich für Kindergartenkinder möglich sind.

Bis bessere Testsysteme gefunden werden, sei aber auch der Lollipoptest geeignet, meint Patientenanwalt Bachinger. Schließlich habe es auch bei den Tests für Erwachsene Erfahrungswerte gebraucht, bis sich gut geeignete Verfahren herauskristallisiert hätten.

Die guten Erfahrungen an den Schulen würden jedenfalls zeigen, dass Kinder bereit sind, bei Tests mitzumachen, betont Bachinger. In ersten Gesprächen mit der niederösterreichischen Landesregierung sei man auf Verständnis gestoßen.

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