Ex-Raucher erzählen: "Rauchstopp: So haben wir es geschafft"
Melitta Nicponsky fühlt sich jetzt "viel energiegeladener". Für Johannes Tichy war es "ein Befreiungsschlag". Und Johannes Kellerer freut sich über "ganz normale Lungenwerte": Alle drei haben mit dem Rauchen aufgehört – und bereuen es nicht. Jeder zweite Raucher denkt über einen Ausstieg zumindest nach. "Das Rauchverbot in der Gastronomie hat bei vielen Rauchern den Ausschlag gegeben, es mit dem Rauchausstieg zu probieren", sagt die Gesundheitspsychologin Sophie Meingassner, fachliche Leiterin des "Rauchfrei Telefons" ( 0800 810 013) der Österreichischen Gesundheitskasse.
Sie rechnet ab morgen, Donnerstag, mit einem Anstieg an Anrufen – ähnlich wie im Herbst nach Inkrafttreten des Rauchverbots. "Wir erleben jedenfalls viele positive Rückmeldungen – und ein erstaunliches Selbstverständnis, dass die Lokale rauchfrei sind – wie wenn es eh schon immer so gewesen wäre."
Ähnlich Gerda Bernhard vom Zentrum für Public Health der MedUni Wien. Dieses organisiert Rauchentwöhnseminare für die Mitarbeiter des AKH und über das Nikotininstitut auch für andere Betriebe: "Wir hören oft, dass Leute sagen, ,ich wollte eh schon immer aufhören, aber jetzt ziehe ich es durch‘."
Der Wille zum Aufhören ist wichtig – "aber nicht das einzige", betont Meingassner: "Man muss es sich auch zutrauen und eine Strategie haben, was anstelle der Zigarette – und der Funktionen, die sie übernimmt – in der jeweiligen Situation gemacht werden kann."
Welche Methoden sind am erfolgversprechendsten? Meingassner: "Belegt ist eine gute Wirksamkeit von Einzel- oder Gruppenberatungen, wenn notwendig in Kombination mit Nikotinersatzprodukten. Das sind in der Regel fünf bis sechs Sitzungen. Dabei können die vielfältigen Aspekte des Rauchens – von der Entspannung bis zur Bedeutung für das Selbstbild – besprochen und auch Verhaltensalternativen überlegt und eingeübt werden. Das gilt auch für die telefonische Beratung, die in der Regel aus mehreren Terminen besteht." Diese -übrigens kostenlose - telefonische Beratung am Rauchfrei-Telefon wird von einem Team aus speziell geschulten Gesundheitspsychologinnen durchgeführt.
Es gebe aber auch Klienten, die etwa mit Akupunktur oder Hypnotherapie Erfolg haben, das sei sehr individuell. "Keine aktive Empfehlung geben wir für E-Zigaretten, auch wenn diese offenbar einigen Klienten beim Ausstieg helfen können. Denn die Suchtproblematik bleibt bestehen – und auch, wenn sie wahrscheinlich weniger schädlich als herkömmliche Zigaretten sind, sind sie nicht gesund."
Wer einen Rückschlag erlebt hat, den motiviert Sozialmediziner Michael Kunze von der MedUni Wien, ein Pionier der Rauchentwöhnung, mit folgendem Vergleich, es nochmals zu probieren: "Wenn Sie hinfallen, stehen Sie ja auch wieder auf. Oder sind Sie schon einmal liegen geblieben?"
Lesen Sie hier jetzt die drei kurzen Porträts der Ex-Raucher:
"Ich bin kein Nichtraucher, sondern ein Freiatmer"
Rauchfrei seit 10 Jahren. Der erste Rauchstopp von Johannes Tichy, 53, hielt eineinhalb Jahre: "Ich dachte damals, eine Zigarette kann ich schon wieder rauchen. Nach drei Tagen war ich auf meiner alten Konsummenge – zweieinhalb bis drei Packerln am Tag." Im Dezember 2009 startete er einen neuen Anlauf: "Mit der Psychologin, die mich am Rauchfrei-Telefon beriet, vereinbarte ich, es zunächst nur einen Tag ohne Zigaretten testweise zu probieren – und, wenn ich das geschafft habe, einen zweiten Tag, und dann einen dritten. Diese Testphase dauert für mich bereits zehn Jahre."
Damals sei es für ihn unvorstellbar gewesen, ein Leben lang auf Zigaretten zu verzichten. Bei Verlangensattacken im Kaffeehaus sei er hinaus gegangen, habe tief Luft geholt und sei erst nach einiger Zeit zurückgekehrt. Eine App zeigte ihm an, wie viel Geld er sich bereits erspart hatte. "Das war eine gewaltige Motivation für mich. Mit dem ersparten Geld habe ich mir zwei Reisen nach New York finanziert. So weit zu fliegen ohne Möglichkeit zu rauchen konnte ich mir früher nicht vorstellen." Tichy bezeichnet sich nicht als Nichtraucher, sondern als Freiatmer: "´Nichtraucher‘ klingt nach Verzicht – aber ich verzichte auf nichts."
"Heute belohne ich mich mit einer Handvoll Heidelbeeren"
Rauchfrei seit August 2019. In ihrer Schulzeit war Melitta Nicponsky, 57, noch vehement gegen die Einrichtung eines Raucherraums an ihrem Gymnasium. Aber während eines Studentenjobs in der Kinderbetreuung hat sie zur Entspannung mit dem Rauchen begonnen und – mit einer zweijährigen Pause – 40 Jahre lang geraucht. "Vor vier Jahren fiel mir die Kurzatmigkeit auf, wenn ich der Straßenbahn nachlief", sagt die Sozialarbeiterin. "Der Lungenarzt hat mir gesagt, wenn ich nicht aufhöre, ist das Lungenleiden COPD unvermeidbar."
Im Sommer 2019 hat sie erstmals beim Rauchfrei-Telefon angerufen: "In welchen Situationen ich zur Zigarette greife, war eine der Fragen meiner Beraterin – um den Tag zu strukturieren und um mich zu belohnen." Statt mit einer Zigarette tut sie dies jetzt häufig mit einer Handvoll Heidelbeeren. "Motivierend war auch, dass ich mich relativ rasch energiegeladener gefühlt habe." Bei starkem Verlangen hat sie die 3-A-Technik angewandt: Ablenken. Abwarten (z. B. mit Bewegung, Atemtechnik). Abhauen (den Ort des Verlangens verlassen). Was ihr ein Anliegen ist: "Die Beratung am Rauchfrei-Telefon sollte auch in slawischen und türkischer Sprache angeboten werden."
"Das Rauchen ging mir schon lange auf die Nerven"
Rauchfrei seit Oktober 2018. 37 Jahre lang hat Manfred Kellerer, 56, Maschineneinsteller in einem Kunststoff produzierenden Unternehmen, geraucht – zuletzt rund ein Packerl am Tag. "Das Rauchen ging mir schon lange auf die Nerven, aber es war halt doch ein Genuss dabei, und so habe ich den Entschluss aufzuhören immer wieder aufgeschoben." Solange, bis in seiner Firma über die (damals niederösterreichische) Krankenkasse ein Betriebsprogramm zur Raucherentwöhnung angeboten wurde. In Gesprächen mit einem Arzt und Psychologen wurde sein Rauchverhalten analysiert und Alternativen aufgezeigt.
Seit dem 23.10.2018 hat er nicht mehr geraucht – sieht man von seinen geträumten Zigaretten ab. "Diese Träume waren so intensiv, dass ich in der Früh nachdenken musste, ob das jetzt Realität war oder nicht." Auch Verlangensattacken hat er erlebt: "Aber nach zwei, drei Minuten waren sie wieder vorbei." Nikotinspray und -pflaster haben ihm in den ersten drei bis vier Monaten geholfen. "In der ersten Zeit habe ich als Ausgleich zum Kaffee auch mehr Süßes gegessen. Aber ich bin schon dabei, durch mehr Spaziergänge mit meinem Hund und Radfahren das Gewicht zu reduzieren."
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