EU gibt grünes Licht für Astra Zeneca - ohne Altersbeschränkung
Die Europäische Arzneimittel-Behörde (EMA) erteilte vor Kurzem wie erwartet eine bedingte Zulassung für den Corona-Impfstoff von Astra Zeneca. Knapp ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie steht damit neben den Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna ein dritter Impfstoff zur Verfügung. Der Impfstoff wird für alle Personen ab 18 Jahren zugelassen. Bisher war ja spekuliert worden, dass er nur für Menschen unter 65 Jahren eine Zulassung erhalten könnte.
Formale Zustimmung
Jetzt muss die EU-Kommission noch formal der Zulassung zustimmen: Dieser Prozess kann nur wenige Stunden dauern und gilt als sicher. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) begrüßten die Entscheidung der EMA jedenfalls. „Jeder von der EMA zugelassene Impfstoff durchläuft ein präzises und verantwortungsvolles Prüfverfahren."
Beide Politiker ersuchten das Nationalen Impfgremium „um eine Bewertung bis Sonntag, ob für die Gruppe der Über-65-Jährigen die Vorlage ergänzender Studien, die noch im Februar geplant sind, vor einer Verwendung des Impfstoffes für diese Altersgruppe abgewartet werden soll, so wie das auch in Deutschland von der Ständigen Impfkommission des Robert-Koch-Instituts empfohlen wurde.“
Anders als bei den ersten beiden zugelassenen Impfstoffen handelt es sich bei jenem von Astra Zeneca um einen Vektorimpfstoff. Hierfür braucht es ein sogenanntes Trägervirus ("Vektor"), das für Menschen harmlos ist: In diesem Fall wählten die Impfstoff-Entwickler ein abgeschwächtes Schnupfenvirus von Schimpansen.
Diskussionen und Lieferengpässe
Eine Altersobergrenze nannte die EMA nicht - auch wenn es noch nicht genügend Daten über die Wirksamkeit des AstraZeneca-Präparats bei älteren Menschen gebe, um zu beurteilen, wie effektiv es bei diesen sei. Im Vorfeld hatten Experten ja damit gerechnet, dass die EMA den Impfstoff zunächst nur für Personen bis 65 Jahre empfehlen könnte. Die EMA argumentiert jetzt, dass ein Schutz erwartet wird, da in dieser Altersgruppe eine Immunantwort beobachtet wird. Wissenschafter sind aufgrund von Erfahrungen mit ähnlichen Impfstoffen davon aus, dass der Impfstoff bei älteren Erwachsenen eingesetzt werden kann. Klarheit sollen weitere Studien schaffen, die einen höheren Anteil älterer Teilnehmer einschließen. Das Unternehmen hatte immer betont, dass die Zuverlässigkeit auch bei Über-70-Jährigen hoch sei.
Als weltweit erstes Land hatte Großbritannien das Vakzin von AstraZeneca zugelassen. Der Impfstoff erhielt seitdem bereits in einer Reihe anderer Länder eine Notfallgenehmigung, darunter in Indien, Argentinien, Mexiko oder Marokko. Die Europäische Kommission hat einen Kaufvertrag über bis zu 400 Millionen Dosen des Vakzins unterschrieben. Allerdings ist zwischen der EU und AstraZeneca ein Streit wegen Lieferproblemen entbrannt.
Von den 341 Geimpften der über 65 Jahre alten Probanden hatte sich nur einer mit dem Sars-CoV2-Virus infiziert. Da die Zahl der Probanden nicht ausreiche, lasse sich daraus keine statistisch signifikante Aussage ableiten, so die deutsche Stiko.
Laut Hersteller ist der Impfstoff zu 70 Prozent wirksam, während der von Biontech zu 95 Prozent wirksam ist.
Der Impfstoff wird in Form von zwei Injektionen in den Arm verabreicht, die zweite zwischen 4 und 12 Wochen nach der ersten. Die häufigsten Nebenwirkungen waren in der Regel leicht oder mäßig und besserten sich innerhalb weniger Tage. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Schmerzen und Empfindlichkeit an der Injektionsstelle, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Muskelschmerzen, allgemeines Unwohlsein, Schüttelfrost, Fieber, Gelenkschmerzen und Übelkeit. Die Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs wird während seiner Anwendung in der EU weiterhin durch das EU-Pharmakovigilanzsystem und zusätzliche Studien des Unternehmens und der europäischen Behörden überwacht.
Lieferung ungeklärt
Ungeklärt ist noch immer, wie viele Impfdosen von Astra Zeneca geliefert werden können: Seit Tagen streiten der Pharmakonzern und die EU-Kommission bezüglich der Lieferengpässe des Konzerns. Noch Donnerstagabend hatte ein Kommissionssprecher in Brüssel verkündet, Astra Zeneca müsse Vorschläge dazu machen, wie die Verpflichtungen aus dem Liefervertrag erfüllt werden sollen.
Zudem wurde bekannt, dass die EU den Mitgliedstaaten die Möglichkeit geben will, Exporte von Corona-Impfstoffen notfalls zu blockieren. Die EU-Kommission werde dazu voraussichtlich am Freitag einen Vorschlag vorstellen. Zuvor hatte das Unternehmen angekündigt, seinen Vertrag mit der EU offenlegen zu wollen - freilich mit teils geschwärzten Passagen.
Vom Liebkind zum Sorgenkind: Begonnen hatte alles mit einem Fehler im Studiendesign
Der Impfstoff soll im Durchschnitt eine 70-prozentige Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 aufweisen - so hieß es zu Beginn. Allerdings bezieht sich die Wirksamkeit auf zwei unterschiedliche Studienabschnitte: einmal wurde die volle Impfstoffdosis verabreicht, einmal eine halbe sowie eine volle ein Monat später. Das Verabreichen der halbe Impfdosis war ein Versehen, wenn auch ein glücklicher, weil dieser zur einer höheren Wirksamkeit führt.
Allerdings verunsicherte diese Meldung viele Bürger und auch Wissenschafter im Vorfeld.
Warum sich Europa so viel von dem Wirkstoff der Uni Oxford versprach? Die EU-Kommission hat sich bekanntlich je rund 400 Millionen Impfstoffdosen bei Astra Zeneca sowie bei Pfizer/Biontech gesichert, bei Moderna lautet der Vertrag auf 160 Millionen Dosen. Da die Impfung aus Oxford weitaus billiger in der Herstellung ist und im Gegensatz zu den beiden anderen Wirkstoffen bei Kühlschranktemperatur gelagert werden kann, gilt sie als Hoffnungsträger für ein Impfen im niedergelassenen Bereich.
Auch Österreich vertraute aus diesem Grund auf eine Zulassung für über 65-Jährige.
Der Artikel wird laufend aktualisiert - mehr in Kürze.
Was man über den Impfstoff von Astra Zeneca bisher weiß, erfahren Sie hier:
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