Erstimpfung oder Auffrischung: Soll man auf einen Omikron-Impfstoff warten?
Es ist eine Frage, die sich derzeit so mancher noch Impfwilliger stellt: Wenn man sich jetzt für eine Impfung entscheidet, sollte man dann nicht gleich auf einen an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff warten? Die Antwort von Expertinnen und Experten darauf ist derzeit eindeutig.
"Wer sich impfen lassen will, sollte jetzt auf keinen Fall auf einen an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff warten", sagt der Virologe Lukas Weseslindtner von der MedUni Wien.
Dies gelte auch für Menschen, die aufgrund ihres Alters oder ihrer Risikofaktoren dieser Tage eine vierte Impfung erhalten: „Vorläufige Daten zeigen, dass bei einer vierten Impfung auch mit den derzeitigen Impfstoffen die neutralisierenden Antikörper gegen Omikron zunehmen“, betont Weseslindtner.
Und sollte sich das Virus wieder in eine andere Richtung entwickeln, oder im Herbst wieder Delta verstärkt auftreten, wäre ein an Omikron angepasstes Vakzin sogar kontraproduktiv. "Wir können nicht einfach nur auf die Immunisierung gegen Omikron setzen", sagte der deutsche Virologe Christian Drosten im Interview mit Die Zeit. "Es kann sogar sein, dass wir uns damit einen Bärendienst erweisen, weil das Virus in eine andere Richtung mutiert. Es ist klug, sich auf unterschiedliche Szenarien vorzubereiten."
Derzeit arbeiten mehrere Impfstoffhersteller an einem an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff. „Ein solcher braucht eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA“, sagt Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Verbands Österreichischer Impfstoffhersteller (ÖVIH). Ob es dazu kommt, ist offen, bis Ende April / Anfang Mai sind etwa bei Biontech/Pfizer noch klinische Studien mit einem Variantenimpfstoff am Laufen, die EMA wartet die Ergebnisse ab.
"Nach einer EU-Zulassung muss dann auch noch das Nationale Impfgremium entscheiden: Stellen wir komplett auf einen Variantenimpfstoff um? Oder wird er nur für Auffrischungsimpfungen eingesetzt? Bei allen Menschen oder nur bei Risikopersonen?"
Jedenfalls könnte Biontech/Pfizer erste Dosen unmittelbar nach einer Zulassung ausliefern. Moderna gab bekannt, dass eine Auslieferung eines an Omikron angepassten Impfstoffes ab August 2022 möglich wäre.
Moderna hat auch bereits begonnen, einen bivalenten Impfstoff zu testen: Er enthält sowohl die mRNA des bisherigen Impfstoffes als auch eine speziell auf die Omikron-Variante angepasste mRNA. Einen Impfstoff, der Komponenten sowohl gegen die ursprüngliche Virus-Variante als auch gegen Omikron enthält, wird es im Herbst voraussichtlich aber noch nicht geben. Auch für einen Kombi-Impfstoff Influenza/Covid-19 ist es diesen Herbst wahrscheinlich noch zu früh.
Was geprüft wird
Ein Varianten-Impfstoff wird in zwei parallelen Studien mit Freiwilligen mit dem ursprünglichen Impfstoff verglichen, heißt es beim Verband der forschenden Pharma-Unternehmen Deutschlands: In der einen Studie als Erstimpfung, in der anderen als Auffrischungsimpfung. Dabei wird im Labor gemessen, wie zuverlässig nach der Impfung genügend Antikörper gebildet werden, die die betreffende Virusvariante unschädlich machen (neutralisieren). Der Varianten-Impfstoff muss dabei besser abschneiden als der Ursprüngliche. Und ob das der Fall sein wird, ist derzeit noch unklar. Denn Studien mit Tieren haben keinen Vorteil der an Omikron angepassten Impfstoffe gezeigt, berichtet Nature.
"Was wir in den Tierstudien sehen ist, dass ein Booster mit einem Varianten-Impfstoff nicht wirklich besser ist als ein Booster mit einem der herkömmlichen Impfstoffe", sagt David Montefiori, Direktor des Labors für Aids-Impfstoffforschun an der Duke University in den USA.
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