Von einer Demenz im jüngeren Lebensalter sprechen Experten, wenn die Symptome vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Bei diesen jüngeren Patientinnen und Patienten ist neben der Alzheimer-Demenz die Frontotemporale Demenz (FTD) am häufigsten. Dabei sterben Nervenzellen vor allem im Stirn- und Schläfenbereich (= frontaler und temporaler Lappen) des Gehirns ab. Von hier aus werden unter anderem Emotionen und Sozialverhalten kontrolliert. Die FTD beginnt daher oft mit Veränderungen der Persönlichkeit, Stimmungsschwankungen und in manchen Fällen Sprachstörungen. Anfang 2023 wurde bekannt, dass Hollywoodstar Bruce Willis an Frontotemporaler Demenz erkrankt ist.
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Für die neue Studie der Universität Exeter und der Universität Maastricht analysierten die Wissenschafter die in der UK Biobank gespeicherten Daten von mehr als als 350.000 Personen. Die ersten einbezogenen Daten stammten aus den Jahren 2006 bis 2010, damals waren alle Personen jünger als 65 und ohne Demenz-Diagnose. Die aktuellsten Daten stammen von März 2021. Die Studie wurde im Fachjournal JAMA Neurology veröffentlicht.
Und das sind die 15 wichtigsten Faktoren:
- Niedriger formaler Bildungsabschluss
- Soziale und wirtschaftliche Benachteiligung
- Bestimmte genetische Mutationen
- Gar kein Alkoholkonsum
- Alkoholmissbrauch
- Soziale Isolation
- Vitamin-D-Mangel
- Hoher Entzündungswert CRP (C-reaktives Protein)
- Geringe Handgriffstärke
- Schwerhörigkeit
- Blutdruckabfall beim Aufstehen (orthostatische Hypotonie)
- Schlaganfall
- Diabetes
- Herzerkrankung
- Depression.
Für Sebastian Köhler, Professor für Neuroepidemiologie an der Universität Maastricht in den Niederlanden, waren die Studienergebnisse durchaus unerwartet, wie er in einer Aussendung der Universität Exeter sagt: "Wir wusste bereits von den Forschungsergebnissen bei Menschen, die im höheren Alter an Demenz erkranken, dass es eine Reihe an veränderbaren Risikofaktoren gibt. Neben den körperlichen Faktoren spielt auch die psychische Gesundheit eine wichtige Rolle, einschließlich der Vermeidung von chronischem Stress, Einsamkeit und Depressionen. Die Tatsache, dass dies auch bei Demenz in jungen Jahren der Fall ist, hat mich überrascht und bietet möglicherweise Möglichkeiten, das Risiko auch in dieser Gruppe zu verringern."
Ähnlich äußerte sich Prof. David Llewellyn von der Universität Exeter: "Erstaunlicherweise zeigt die Studie zum ersten Mal, dass wir (auch bei jüngeren Patienten, Anm.) in der Lage sein könnten, das Risiko für diese schwere Erkrankung zu verringern, indem wir auf eine Reihe verschiedener Faktoren einwirken."
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Stevie Hendriks, Wissenschafterin an der Universität Maastricht, betont, dass bisher oft eine genetische Veranlagung als Ursache einer Demenzerkrankung bei Jüngeren angenommen wurde. "Demenz in jungen Jahren habe sehr schwerwiegende Auswirkungen, denn die Betroffenen haben in der Regel noch einen Job, Kinder und ein erfülltes Leben. Als Ursache wird oft eine genetische Veranlagung angenommen, aber bei vielen Menschen wissen wir nicht genau, was die Ursache ist. Deshalb wollten wir in dieser Studie auch andere Risikofaktoren untersuchen."
Viele der jüngeren Demenz-Patienten sind noch berufstätig
Schätzungen zufolge liegt die Häufigkeit von Demenz im jüngeren Lebensalter bei etwa 100 von 100.000 Menschen in der Altersgruppe von 45 bis 65 Jahren, während man in der Altersgruppe darüber von rund 5.000 Erkrankten pro 100.000 Personen ausgeht. Diese Zahlen wurden im Rahmen des EU-Forschungsprojekts Rhapsody erhoben. Ihre Lebenssituation ist in der Regel eine andere als die von Menschen, die im Pensionsalter erkranken. Meist sind sie berufstätig, oft leben noch Kinder im Haushalt oder es gibt alte Eltern, die selbst auf Unterstützung angewiesen sind. Auch die Autorinnen und Autoren der neuen Studie verweisen auf die schweren Folgen für die Betroffenen und ihre Familien. Ein Ratgeber für Angehörige von jung an Demenz erkrankten Menschen findet sich auf der Homepage der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft.
Demenz: Die wichtigsten Risikofaktoren generell
Im Wesentlichen sind die Risikofaktoren für jüngere und ältere Erkrankte ähnlich. Eine internationale Forschergruppe (The Lancet Commission on Dementia and Prevention) hat 2020 zwölf Risikofaktoren aufgelistet, die das Alzheimer-Risiko erhöhen:
- Im frühen Lebensalter zählt dazu schlechte Bildung.
- Im mittleren Alter gehen Hörverlust, Bluthochdruck, Schädel-Hirn-Verletzungen, schädlicher Alkoholkonsum und Übergewicht mit einer höheren Gefährdung einher.
- Im höheren Alter steigern demnach Rauchen, Depression, soziale Isolation, körperliche Inaktivität, Diabetes und Luftverschmutzung die Wahrscheinlichkeit zu erkranken.
Eine andere Untersuchung kam auf sieben entscheidende Faktoren. Dazu zählen nicht nur „aktiv sein“, und „bessere Ernährung“ (wenig Fleisch und Milchprodukte, viel Obst, Gemüse und Fisch), sondern auch „ein gesundes Gewicht halten“, „nicht rauchen“, ein „normaler Blutdruck“, ein „niedriger Blutzuckerspiegel“ und kein erhöhtes Cholesterin.
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