Covid-19: Bestimmt die Blutgruppe das Erkrankungsrisiko?

Symbolbild
Studie der MedUni Graz bestätigt, dass Menschen mit der Blutgruppe Null seltener erkranken. Auf die Schwere der Erkrankung hat die Blutgruppe aber keinen Einfluss.

Den möglichen Zusammenhang zwischen verschiedenen Blutgruppen und der Wahrscheinlichkeit einer COVID-19 Infektion untersuchen WissenschafterInnen der Med Uni Graz aktuell an der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin. Erste Forschungsergebnisse bestätigen vergleichbare Studien aus China und Europa, wonach Menschen mit der Blutgruppe O seltener an Covid-19 erkranken, als Menschen mit den Blutgruppen A, B oder AB. Nun soll der Mechanismus erforscht werden, der dieser Beobachtung zu Grunde liegt, heißt es in einer Aussendung der Medizinischen Universität Graz.

Die Studie an der Med Uni Graz ist als retrospektive (zurückblickende) Fall-Kontroll-Studie mit insgesamt 399 SARS-CoV-2 positiv getesteten Patientinnen und Patienten aufgebaut, die infolge einer Covid-19 Erkrankung in stationärer Behandlung waren. "Als Vergleichskontrolle für die ‚normale‘ Blutgruppenverteilung in der Steiermark dienen die VollblutspenderInnen (n=250.298) des Blutspendedienstes (ÖRK Landesverband Steiermark)", beschreibt Transfusionsmediziner Thomas Wagner den Aufbau der Studie. Gemeinsam mit einem interdisziplinären Team innerhalb der Med Uni Graz/KAGes und finanziell gefördert durch die Stadt Graz sowie die Österreichische Gesellschaft für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin (ÖGBT) wurde die Studie umgesetzt.

"Unsere Studienergebnisse zeigen, dass Menschen mit der Blutgruppe O eine statistisch signifikant geringere Wahrscheinlichkeit haben, an Covid-19 zu erkranken, als Menschen mit anderen ABO Phänotypen (Blutgruppe A, B oder AB)", berichten die Forscherinnen und Forscher. Die Blutgruppe AB hingegen wurde bei infizierten und an Covid-19 erkrankten Menschen signifikant häufiger festgestellt, im Vergleich zur Häufigkeit des Vorkommens in der gesunden Bevölkerung (Blutspenderkollektiv des Blutspendedienstes des ÖRK).

Der Schweregrad der Covid-19 Erkrankung bleibt allerdings von der ABO Blutgruppe unbeeinflusst. Das bedeutet, dass die Erkrankung bei Menschen mit Blutgruppe O nicht leichter verläuft als bei Menschen mit Blutgruppe AB. Eine ABO Blutgruppenbestimmung sollte aktuell also nicht als Prognosefaktor für den Verlauf einer Erkrankung herangezogen werden.

"In unserer Studie untersuchen wir, ob die ABO Blutgruppeneigenschaften einen möglichen weiteren Risikofaktor für die Infektion und die Erkrankung an COVID-19 darstellen können“, ergänzt Thomas Wagner. In den ersten vorgestellten Forschungsergebnissen konnte bereits gezeigt werden, dass ein Zusammenhang zwischen der Blutgruppe und einer Infektion mit SARS-CoV-2 nachweisbar ist. Damit können frühe Hinweise einer Studie aus China und einer genomweiten Assoziationsstudie (Europäische GWAS COVID-19 Forschungsgruppe) bestätigt werden.

"Es gilt nun, den Mechanismus, der hierbei eine Rolle spielt, genau zu erforschen". Auch andere Blutgruppensysteme werden in die Untersuchungen mit einbezogen", so Studienleitern Eva Maria Matzhold, Molekularbiologin an der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin, Maund Thomas Wagner.

Was die Blutgruppen unterscheidet

Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) sind ringförmige Zellen, die Sauerstoff und Kohlendioxid durch die Blutbahnen tragen. Die "Hülle" der roten Blutkörperchen nennt sich "Membran". In dieser Membran stecken viele unterschiedliche Kohlenhydrate (Zucker) und Eiweiße. Diese verleihen den roten Blutkörperchen eine bestimmte Oberflächenstruktur, sie werden auch "Antigene" genannt. Die "Blutgruppen-Kohlenhydrate" A und B sind ebenfalls solche Antigene. Für die ABO-Blutgruppe unterscheidet man die Eigenschaft A, B, AB und O (Null). Menschen mit der Blutgruppe "O" haben keines dieser genannten Blutgruppenantigene auf der Oberfläche ihrer roten Blutkörperchen. Bei Menschen mit der Blutgruppe "AB" sind beide Kohlenhydrate (A und B) in der Erythrozytenmembran enthalten. Bei Blutgruppe "A" ist nur das Antigen "A" vorhanden, bei der Blutgruppe "B" nur das Antigen "B".

Es ist bekannt, dass die Zucker-Strukturen, wie sie im ABO Blutgruppensystem an der Zelloberfläche der roten Blutkörperchen, aber auch in Geweben der Atmungsorgane und des Gastrointestinaltraktes ausgeprägt sind, nicht nur bei der Blutgruppen Erkennung von Antikörpern, sondern auch bei der Erkennung von Mikroorganismen eine Rolle spielen. "Pathogene, wie Bakterien oder Viren, können dabei selektiv an Blutgruppenstrukturen binden und die Besiedelung des betroffenen Gewebes, oder die Aufnahme in die Zellen beeinflussen", erklärt Matzhold.

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