Praxistest fehlt
Auch wenn diese Simulationen erst in der Praxis (im Labor und am Menschen) überprüft werden müssen: Es zeigt, dass mit allen möglichen Mitteln an medikamentösen Angriffspunkten gegen das Virus gearbeitet wird. Ein Medikament zu finden ist derzeit eine der größten Hoffnungen – und auch eine der größten Herausforderungen. Dazu kommt: „Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit“ , sagt Kollaritsch.
Nutzen und Risiko
Rund 160 Studien laufen derzeit weltweit, um das Virus zu bekämpfen. Oberstes Gebot ist trotz aller gebotenen Eile die Sicherheit eines Präparats – und ob der Nutzen tatsächlich groß ist und den Aufwand lohnt. Doch das herauszufinden dauert seine Zeit. Im Falle der derzeitigen Pandemie könnte es auch schneller gehen, signalisieren medizinische Zulassungsbehörden.
Außer Frage steht, dass Impfstoffe zur Immunisierung (siehe rechts) die derzeit größten Hoffnungsträger sind, sagt Kollaritsch. Bei bereits für andere Indikationen zugelassenen Arzneien haben einige größeres Potenzial gezeigt. Möglicherweise, betont Kollaritsch aber nachdrücklich. „Die eine oder andere Substanz könnte marginalen Effekt haben im Rahmen der Covid-19-Erkrankung.“ Selbst dann müsste das erst in großen Studien überprüft werden. Gibt es besonders vielversprechende Kandidaten? „Es gibt da mehrere. Wer das Rennen macht, wissen wir nicht.“
"Alte" Medikamente, neu eingesetzt
Einer der oft diskutierten Ansätze am Medikamentensektor konzentriert sich darauf, das Virus bereits in einem frühen Stadium der Infektion am Eintritt in Körperzellen, etwa der Lunge, zu hindern. Damit soll die Virenmenge im Körper reduziert werden. Diese antiviralen Arzneien wurden gegen andere Viruserkrankungen wie Ebola oder HIV entwickelt oder gegen andere Coronaviren (SARS, MERS).
Entzündungsreaktion bremsen
Ein Angriffspunkt könnte die durch das Virus ausgelöste Entzündungsreaktion sein. „Das Hauptproblem bei Covid-19 scheint ein entzündlicher Prozess im Körper zu sein, der schnell zu einem Versagen der Atemfunktionsorgane führt. Und diese sind schwer, in den Griff zu bekommen“, erläutert Kollaritsch die Herausforderung. Medikamente, die etwa gegen Rheumatoide Arthritis oder Bauchspeicheldrüsenentzündung entwickelt wurden, sind hier im Blickpunkt. „Sie sollen die Abwehrreaktionen des Körpers insofern begrenzen, dass diese nicht noch mehr Schaden anrichten im Körper als die Viren selber“, sagte Alexander Herzog, Generalsekretär der Pharmig (Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs) in der Vorwoche.
Blutplasma
Gute Nachrichten gibt es auch bei der Verwendung von Blutplasma, das Menschen, die am Coronavirus erkrankt sind und inzwischen als geheilt gelten, spenden können (der KURIER berichtete). Zwei in Österreich tätige Firmen, Takeda und Octapharm, bitten Wiedergenesene, ihr Plasma zu spenden. Dieser Aufruf wird unter anderem von den Salzburger Landeskliniken unterstützt.
Das Plasma der Spender soll nach einer bereits bewährten Methode gereinigt und dabei auf die Antikörper in konzentrierter Form gewonnen werden. Diese kann dann schwer Erkrankten injiziert werden, um das Coronavirus direkt zu bekämpfen. Laut einer chinesischen Studie sei dies eine erfolgversprechende Behandlungsmethode, erklärt dazu Richard Greil, Leiter des medizinischen Einsatzstabes in Salzburg.
Studie bewilligt
Auch im Wiener Allgemeinen Krankenhaus wartet man auf das Eintreffen der ersten Plasma-Konzentrate. „Eine entsprechende klinische Studie wurde letzte Woche in Rekordtempo ausgearbeitet und gestern von der zuständigen Ethikkommission bewilligt“, berichtet dazu Markus Zeitlinger, Leiter der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie am AKH.
Sobald Plasma angeliefert wird, kann man in dieser klinischen Studie testen, ob es zur Heilung von Patienten beitragen kann, wie konkret dosiert werden muss und welche Nebenwirkungen auftreten können. Für den erfahrenen Internisten eine hoch spannende Frage: „Wir stehen jedenfalls schon in den Startlöchern.“
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