Seit fast zwei Wochen haben nur Supermärkte und Apotheken geöffnet, die Infektionszahlen mit dem Sars-CoV-2-Virus steigen trotzdem. Werden die Nahversorger zu einer Sicherheitslücke, wie manche bereits befürchten? Nein, betont Hygienikerin Miranda Suchomel von der MedUni Wien. Man infiziert sich vorrangig über Tröpfcheninfektion. Es müsste ein Infizierter einen also direkt anhusten. Viren können sich nicht verbreiten, wenn nur Gesunde hingehen. Die Massen sollten sich aber auch jetzt nicht dort tummeln. Beim Einkaufen rät sie zu Hygienemaßnahmen, die auch ohne das Coronavirus vor der Übertragung von Keimen und Krankheitserregern schützen.
Schützen die Plexiglasscheiben vor den Kassen wirklich?
"Man schafft dadurch eine Barriere, wenn man die empfohlenen zwei Meter Abstand nicht einhalten kann. Es ist ein Schutz für jene, die davor stehen. Ein hundertprozentiger Virenschutz kann es aber nicht sein", betont Suchomel. Eine völlig geschlossene Fläche wäre effizienter.
Kann ich mich bei Supermarkt-Mitarbeitern mit dem Coronavirus anstecken?
Für Mitarbeiter im Lebensmittelhandel gelten generell besondere Hygienevorschriften, wie etwa häufiges Händewaschen. „Als Verbraucher gehe ich davon aus, dass die Supermarktmitarbeiter gesund sind. Darauf sollten die Handelsketten achten“, sagt Suchomel. „Die Verkäuferin an der Wursttheke oder die Kassiererin mit Krankheitsgefühl haben nichts am Arbeitsplatz verloren.“
Sollen Feinkost-Mitarbeiter Handschuhe tragen?
Es ist ein Fehlglaube, dass das Tragen von Handschuhen automatisch hygienischer sei. „Keime können generell auch damit übertragen werden, etwa, wenn man sich damit unbedacht ins Gesicht greift oder einen Finger abschleckt.“ Mit häufigem Händewaschen – das in Feinkostabteilungen ohnehin auch abseits des Coronavirus selbstverständlich sein sollte – und der Verwendung von Gabeln oder Zangen kann die Hygiene enorm verbessert werden. Schon vor dem Auftreten des Virus wurden Kunden auf Wunsch mit Einmal-Handschuhen bedient.
Können Viren durch Aufschnitt oder Wurstsemmeln übertragen werden?
Das hält die Expertin nach derzeitigen Erkenntnissen für unwahrscheinlich. Es brauche für eine Ansteckung eine bestimmte Virenmenge, ein passendes Milieu und vor allem eine Wirtszelle, um sich zu vermehren. Diese ist in Frischwaren nicht vorhanden. Katharina Koßdorff vom Verband der Lebensmittelindustrie: „Nach dem derzeitigen Wissensstand sind Lebensmittel sicher und kommen als Überträger der Viren nicht in Betracht.“ Wer besonders besorgt ist, „kann auch zu abgepackten Wurst- und Käsewaren greifen“, sagt Suchomel.
Auch das ist laut der Hygiene-Expertin unwahrscheinlich. „Da müsste man wirklich in einen ungewaschenen Apfel beißen, den unmittelbar zuvor ein Infizierter direkt angehustet hat.“ Beim neuartigen Coronavirus gelte ebenso wie bei anderen Keimen als oberste Regel: Vor dem Genuss gründlich waschen.
Halten sich die Coronaviren auf Griffen von Einkaufswagen oder auf Geld?
Theoretisch sei das möglich, heißt es etwa beim deutschen Robert-Koch-Institut. Die Stabilität hänge jedoch immer von Umgebungsfaktoren wie Temperatur oder Luftfeuchtigkeit ab. Zwei Studien zeigten bisher, dass das Virus auf verschiedenen Oberflächen nachweisbar war: Etwa zwei bis drei Tage auf Kunststoff, aber nur vier Stunden auf Kupfer. „Das heißt aber nicht, dass sie dann noch infektiös sind, also krank machen. Die Infektiosität der Virenpartikel wurde nicht untersucht“, betont Suchomel. Keine Gefahr sieht sie beim Bargeld. „Wenn man es nimmt, in die Brieftasche steckt, sich nicht ins Gesicht greift und zu Hause gleich die Hände wäscht.“
Wie verhalte ich mich beim Einkaufen richtig: Soll ich Handschuhe oder Mundschutz tragen?
Das ist für Gesunde nicht unbedingt nötig. „Handschuhe bringen nichts, wenn man Kontakt zu Viren vermeiden will. Wenn man welche trägt, müsste man sie sofort wieder ausziehen.“ Gerade das machen viele falsch und kommen so erst in Kontakt mit Keimen. Wichtig ist: Die Innenseite nach außen kehren. „Man nimmt den Handschuh der behandschuhten Hand mit Daumen und Zeigefinger über der Handfläche und dreht ihn beim Ausziehen um. Dann fährt man mit der nackten Hand in den zweiten Handschuh unter das Bündchen rein und zieht ihn weg.“ Etwas einfacher ist es, den ersten Handschuh als Greifschutz beim Wegziehen des zweiten zu verwenden. Auch beim Einkaufen gilt: Der Hauptinfektionsweg ist Tröpfcheninfektion, nicht Kontaktinfektion. „Abstand halten und zu Hause sofort Händewaschen sind sehr wichtige Schutz-Maßnahmen.“
In manchen Supermärkten gibt es beim Eingang Spender mit Desinfektionsmittel. Schützt das vor Infektionen?
Es kommt darauf an, womit man desinfiziert – und vor allem wie. „Ein Desinfektionsmittel muss ausreichend Alkohol enthalten und die Bezeichnung „begrenzt viruzid“ tragen, um Viren wie Sars-CoV-2 abzutöten. „Es bringt nichts, wenn man es nur kurz auf den Handflächen wie eine Handcreme verreibt“, betont die Hygienikerin. „Man braucht eine entsprechende Portion – eine hohle Handvoll, um beide Hände vollständig zu benetzen und soll es auch zwischen den Fingern auf den Fingerkuppen verteilen, genau wie wie beim Händewaschen.“
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