Wie gut ist man nach einer Omikron-Infektion geschützt?
Die Zahl der Neuinfektionen ist in Österreich mit 27.299 Fällen von Sonntag auf Montag zwar etwas niedriger als der Schnitt der vergangenen sieben Tage mit 32.664, aber nach wie vor hoch. Denn: Omikron macht auch vor Geimpften und Genesenen nicht halt. Die Variante ist nicht nur ansteckender als die vorhergehenden, sondern kann sich dem Immunsystem auch besser entziehen. Mutationen am Spike-Protein, an dem durch Impfung oder Genesung gebildete Antikörper andocken, führen dazu, dass der Eindringling weniger gut erkannt wird. Sowohl Genesene als auch Geimpfte können sich daher mit Omikron infizieren, auch wenn sie weniger wahrscheinlich schwer erkranken als Ungeimpfte. Aber ist man nach einmaliger Infektion mit Omikron vor weiteren geschützt oder kann es zu einer Reinfektion kommen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie gut ist man nach einer Infektion mit Omikron geschützt?
Das Team des Instituts für Virologie der MedUni Innsbruck unter der Leitung von Janine Kimpel und Dorothee von Laer hat untersucht, wie gut Omikron-Genesene vor Varianten geschützt sind. "Wer schon geimpft ist und sich trotzdem mit Omikron infiziert, hat danach sehr hohe Antikörperspiegel gegen alle bisherigen Varianten als auch gegen Omikron. Nur Omikron-Genesene hingegen haben keine besonders guten Antikörperspiegel und die Antikörper, die wir nachweisen konnten, konnten auch nur Omikron inaktivieren, neutralisieren, und nicht andere Varianten", sagt Dorothee von Laer zum KURIER. Wer also geimpft ist und sich mit Omikron infiziert, erhöht auch seinen Schutz gegen andere Varianten. "Wer geimpft ist und Omikron-infiziert, hat nicht nur Antikörper gegen alle bekannten Varianten, sondern auch sehr hohe Spiegel davon", so von Laer.
Wie wahrscheinlich ist es, sich zweimal mit Omikron zu infizieren?
"Bei nur Omikron-Genesenen ohne Impfung und frühere Infektion ist das aufgrund der niedrigen Antikörperkonzentration etwas, womit man rechnen muss", sagt von Laer. "Generell sind BA.1 und BA.2 nahe verwandt und wahrscheinlich schützen bei Geimpften Antikörper gegen BA.1 auch gegen BA.2, aber noch gibt es keine endgültige Antwort darauf."
Noch gibt es wenig Daten dazu. Der dänische Virologe Anders Fomsgaard warnte vor übertriebener Sorge. Er geht nicht davon aus, dass sich eine Vielzahl von Menschen in kurzer Zeit erneut infizieren, auch wenn dies beobachtet werden müsse. Dänemark ist das Land mit der stärksten Verbreitung von BA.2 – die kleine Schwester von BA.1 sorgt dort bereits für 79 Prozent aller Neuinfektionen. Der österreichische Genetiker Ullrich Elling schrieb auf Twitter, dass, wer an der ersten Omikron-Variante erkrankt ist, eher nicht durch BA.2 erkranken werde. Mit jeder Konfrontation durch Impfung oder Infektion baue das Immunsystem eine breitere Antwort auf, wodurch die Wahrscheinlichkeit für mildere Verläufe steigt.
Eine Studie der University of California, in der verglichen wurde, wie gut die Antikörperbildung nach Omikron- und Deltainfektionen erfolgte, zeigte, dass es auch nach einer durchgemachen Omikron-Infektion zu einer neuerlichen Ansteckung kommen kann. Die Forscher fanden heraus, dass bei leichtem bis mittlerem Verlauf weniger Antikörper gebildet werden als bei schwerer Erkrankung. Wird das Immunsystem nicht ausreichend stimuliert oder ist es geschwächt, etwa durch Medikamente, macht dies eine Reinfektion wahrscheinlicher. Die Reinfektion ist auch abhängig von der Virenlast, der man ausgesetzt wird – ist diese hoch, erhöht das die Wahrscheinlichkeit dafür, sich erneut anzustecken. Britische Daten zeigen, dass die Reinfektionsrate seit Anfang Dezember deutlich gestiegen ist. Das betrifft vor allem Personen, die mit Delta infiziert waren und sich nun mit Omikron infizierten.
Gilt das für Geimpfte und Ungeimpfte gleichermaßen?
Schwere Erkrankungen sind unwahrscheinlich, wenn das Immunsystem bereits Kontakt mit dem Virus hatte – durch vollständige Impfung und/oder Genesung. Geimpfte und Genesene von früheren Varianten, die sich mit Omikron infizierten, sind vor einer neuerlichen Infektion besser geschützt als Ungeimpfte, die sich einmalig mit der Omikron-Variante ansteckten. Jeder Kontakt mit dem Virus verbessert die Immunantwort für kommende Kontakte. Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, ist für Geimpfte und Genesene geringer als für Ungeimpfte, aber eben nicht Null.
Was ist mit Kindern?
Shelly-Ann Alandy, eine Kinderärztin aus den USA, berichtet auf Twitter von Kindern in ihrer Praxis, die sich innerhalb von 30 Tagen erneut mit Omikron infizierten, dazwischen aber negativ getestet wurden. Wie auch bei Erwachsenen gibt es zu diesen und ähnlichen Einzelfallberichte bisher keine Studien, die zeigen, ob Kinder sich nach einer Omikron-Infektion erneut anstecken können bzw. in welchem Zeitraum danach. Bisher ist für Kinder unter fünf Jahren kein Impfstoff zugelassen. In Österreich sind 12,63 Prozent der Null- bis Elfjährigen zweimal geimpft.
Auch in der Studie von Dorothee von Laer waren Kinder dabei: "Auch sie hatten keine höheren Antikörperspiegel als die Erwachsenen, wenn sie nur mit Omikron infiziert und noch nicht geimpft waren."
Ist eine Infektion gleich viel „wert“ wie eine Impfdosis? Wirkt sie wie eine Auffrischungsimpfung?
"Eine Durchbruchsinfektion ist mit einer Auffrischungsimpfung gleichzusetzen", sagt von Laer. Eine kürzlich im Fachmagazin Nature veröffentlichte deutsche Studie zeigt, dass insgesamt drei Kontakte des Immunsystems mit dem Virus notwendig sind, damit sich neutralisierende Antikörper nicht nur in ausreichender Menge, sondern auch in hoher Qualität bilden. Das ist laut Studie nach einer Dreifach-Impfung, nach Infektion und zweifacher Impfung sowie nach zwei Impfungen und einer Durchbruchsinfektion erfüllt. Die Durchbruchsinfektion hat den Effekt der Booster-Impfung. Ein Impfdurchbruch liegt dann vor, wenn bei einer vollständig geimpften Person eine SARS-CoV-2-Infektion mit Symptomen (z.B. Halsschmerzen, Fieber) festgestellt wird. Eine Infektion ohne Symptome gilt nicht als Impfdurchbruch. Die Reinfektion ist mit einem Impfdurchbruch gleichzusetzen und wirkt gleichzeitig wie eine Auffrischungsimpfung.
Wer genesen und geimpft ist, ist von der Impfpflicht ausgenommen. Wer zweimal geimpft und dann genesen ist, ist nur 180 Tage von der Impfpflicht befreit, genauso wie nur Genesene. Wie ist das zu erklären?
"Es scheint zwar die Immunität bei einer Durchbruchsinfektion nach zwei Impfungen etwas schlechter zu sein, aber das ist marginal", sagt Dorothee von Laer. "Ich denke, die Reihenfolge von Impfung und Genesung sollte keine Rolle spielen. Entscheidend ist, ob man sich dreimal mit dem Virus auseinandergesetzt hat, sei es mit Impfungen oder teilweise auch Infektionen. Nach einer Impfung entwickeln die meisten Menschen gleich gute und hohe Antikörperspiegel. Nach einer Infektion ist die Schwankungsbreite viel höher – trotzdem sollte beides gleich gewertet werden. Menschen mit schweren Covid-Verläufen haben höhere Spiegel als solche mit milden und wahrscheinlich auch eine länger andauernde Immunität.
Wird durch Omikron eine Herdenimmunität erreicht werden können?
"Eine Herdenimmunität nur über eine Durchseuchung der Ungeimpften mit Omikron wird nicht möglich sein, das wird nur mit mehrfachen Infektionen bzw. besser mit Impfungen gelingen", sagt von Laer. "Ich vergleiche das immer gerne mit der Grippe: Irgendwann werden im Winter jene, die nicht mehr so immun sind, ihre Immunität durch eine Infektion auffrischen, wie bei der Grippe. Und den Risikopersonen, den Älteren und den besonders Exponierten wird angeraten zu sein, sich jedes Jahr eine Auffrischungsimpfung zu holen. Wer also die Infektion vermeiden will, wird sich impfen lassen. Aber irgendwann wird es auch bei Gesunden zumindest zu rechtfertigen sein, dass man sagt, man lässt es auf eine Infektion ankommen, weil es eben eine Grundimmunität gibt."
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