Corona: Warum es trotz hoher Zahlen für den vierten Stich zu früh ist
Es ist eingetreten, was die Corona-Prognostiker vorhergesagt haben: Das Plateau der täglichen Neuinfektionen ist ein ausgedehntes. Am Mittwoch gab es mit 39.493 Neuinfektionen den bisher zweithöchsten 24-Stunden-Wert der Pandemie. 47 weitere Todesopfer sind die höchste Zahl innerhalb von 24 Stunden in diesem Jahr. Neuerlich ist auch die Zahl der Spitalspatienten gestiegen, auf 2.622, um 69 mehr als am Dienstag. Innerhalb einer Woche gab es eine Steigerung um 9, 1 Prozent. Es ist die Ausbreitung des noch infektiöseren Omikron-Subtyps BA.2 – er ist mittlerweile österreichweit dominant –, die dazu führt, dass voraussichtlich erst in den kommenden zwei Wochen das Infektionsgeschehen seinen Höhepunkt erreichen wird. Und während das Interesse an Erstimpfungen mit Novavax unter den Erwartungen bleibt, ist eine Diskussion um die vierte Impfung ausgebrochen: Sollte angesichts der hohen Zahlen schon jetzt neuerlich aufgefrischt werden?
„Prinzipiell gehen wir davon aus, dass in Zukunft eine 4. Impfung notwendig sein wird“, heißt es im Gesundheitsministerium. „Sie wird aber nicht unmittelbar jetzt und allgemein für alle Personengruppen notwendig sein.“ Denn es sei davon auszugehen, „dass die 3. Impfung in der Regel für eine gewisse Zeit jedenfalls einen guten Schutz vor schweren Krankheitsverläufen, Hospitalisierungen und Todesfällen gibt.“
„Es können ja jetzt schon Hochrisikopersonen – etwa sehr alte Menschen mit Vorerkrankungen oder Beschäftigte im Gesundheitssystem – die vierte Impfung erhalten“, sagt Infektiologe Herwig Kollaritsch, Mitglied des Nationalen Impfgremiums. „Aber das sollen Einzelfallentscheidungen bleiben.“ Auch im Gesundheitsministerium betont man, dass es jetzt schon spezielle Situationen gebe, in denen eine vierte Impfung bereits Sinn machen kann und empfohlen ist: "Beispielsweise bei Hochrisikopersonen, die nicht richtig auf die Impfung ansprechen."
Eine weitere 4. Impfung solle aber nur nach ärztlicher Individual-Einschätzung und auf Wunsch der zu impfenden Person erfolgen.
Generell schon jetzt eine vierte Impfung für alle sei aber nicht sinnvoll. Die wichtigsten Argumente, die dagegen sprechen:
Guter Schutz:
„Drei Impfungen bieten weiterhin einen guten Schutz vor schweren Verläufen, Spitalsaufnahmen und Todesfällen. Bisher ist der Wirkungsverlust der Impfungen nicht stark“, betont Kollaritsch. Ende April / Anfang Mai werden es mehr Daten geben: "Großbritannien ist uns um ein paar Wochen voraus, da werden wir dann sehen, in welche Richtung sich die Schutzwirkung längerfristig bewegt."
Kurzer Abstand:
„Es gibt Daten aus Israel, die zeigen, dass in einem Abstand von zirka vier Monaten nach der dritten Impfung zwar vorübergehend die Antikörper ansteigen, aber der Schutz vor einer Infektion nicht besser wird“, sagt Kollaritsch. Es brauche einen größeren Abstand zur dritten Impfung, damit das Immunsystem ausreichend reifen könne.
Falscher Zeitpunkt:
Auch wenn die Infektionszahlen noch hoch sind: „Wir nähern uns dem Ende der Omikronwelle, für diese Welle bringt also die vierte Impfung nicht mehr viel an zusätzlichem Schutz. Danach erwarten die Prognostiker eine epidemiologisch ruhige Phase. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren erlebt, dass im Herbst die Fallzahlen steigen – wegen der Reiserückkehrer und den wieder vermehrten Aktivitäten in Innenräumen. Deshalb könnte der September der ideale Monat für die vierte Impfung werden.“ Die Gültigkeit vorher auslaufender Impfzertifikate könnte bei neuen Erkenntnissen verlängert werden.
Besserer Infektionsschutz:
Der Schutz vor Infektionen durch die Impfung ist zwar flüchtig, bleibt aber immerhin zwei, drei Monate hoch. Kollaritsch: „Dieser Effekt hilft uns dann natürlich zusätzlich, wenn wir erst knapp vor einer Welle impfen.“
Klarheit über Impfstoff:
Ob an Omikron angepasste Impfstoffe notwendig sein werden oder es nicht vielleicht sogar besser sein wird, mit den derzeitigen Präparaten aufzufrischen, ist noch offen und hängt auch davon ab, welche Varianten weiterhin dominieren. „Wir erwarten zusätzliche Erkenntnisse in den nächsten Wochen“, heißt es im Ministerium. Kollaritsch: „Nach meinem Empfinden wären ja Kombinationsimpfstoffe am besten.“
Ob eine Omikron-Infektion in dieser Welle eine vierte Impfung ersetzen kann, da ist Kollaritsch noch skeptisch: „Wir wissen noch nicht, wie gut der Schutz einer auf Impfungen aufgepfropften Omikron-Infektion ist – und wie lange er hält.“
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