Corona: Sind Infektion und Impfung gleichwertig?
Ist eine Genesung – was den Immunschutz betrifft – gleichwertig mit einer Impfung? Diese Debatte wird derzeit wieder sehr kontroversiell geführt. Welche Argumente es dagegen und dafür gibt.
Ab 23. August sind für eine Grundimmunisierung künftig einheitlich drei Impfungen notwendig. Bisher galt eine Genesung vor der ersten Impfung als eigenes immunologisches Ereignis – also so wie eine Impfung. Künftig sind für den Grünen Pass aber generell drei Impfungen nötig. Jede Genesung gilt weiterhin sechs Monate, sie ersetzt aber keine Impfung mehr.
Dies führt bei der Konstellation „Genesen / geimpft / geimpft“ zu einer verkürzten Gültigkeit des Grünen Passes: Wurde die zweite Impfung in diesem Fall bisher als Booster mit einer Gültigkeit von 365 Tagen gewertet, sind es ab 23. 8. nur mehr 180 Tage, analog zu Zweifach-Geimpften ohne Genesung. Davon sind laut Gesundheitsministerium zwischen 45.000 und 50.000 Menschen betroffen.
Eine Bedeutung hat der Grüne Pass derzeit für den Besuch von Krankenhäusern, Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen in allen Bundesländern. Denn hier wird ein 3-G-Nachweis verlangt (Genesen / Geimpft / Getestet). In Wien gilt für Besucherinnen und Besucher eine PCR-Testpflicht. Bei Reisen ins Ausland ändert sich nichts, betont man im Gesundheitsministerium: „Da gelten die jeweils nationalen Bestimmungen. Und in den meisten EU-Ländern waren Genesungen im Gegensatz zu Österreich nie Teil des Grünen Passes.“
Hintergrund sind die Empfehlungen des Impfgremiums (NIG): Darin wird betont, dass eine durchgemachte Infektion, egal mit welcher Variante, „keine Impfung in der Grundimmunisierung“ mehr ersetzt. Infektionen der Atemwege hinterließen keine dauerhafte Immunität. Und eine Infektion mit BA.1 oder BA.2 führe zu keiner anhaltenden und belastbaren Immunität, „sodass kein guter Schutz gegen eine neuerliche Infektion mit den derzeit vorherrschenden Varianten (BA.4, BA.5) besteht“.
So benötige man jedenfalls für eine breite und gut ausgeprägte Immunitätslage in Hinblick auf SARS-CoV-2 eine Grundimmunisierung bestehend aus drei Impfungen, unabhängig von durchgemachten Infektionen. Eine Infektion habe lediglich Auswirkungen auf den empfohlenen Zeitpunkt für die nächste Impfung – frühestens vier, besser ab 6 Monate nach der Infektion.
Immunantwort
„Bei der Impfung ist der große Unterschied, dass wir den Kontakt des Immunsystems haben – es wird eine breite Immunantwort ausgebildet“, sagte die Leiterin der Abteilung Impfwesen im Gesundheitsministerium, Maria Paulke-Korinek, in den Ö1-Journalen: „Es werden nicht nur Antikörper gebildet, es wird auch die zelluläre Immunität aktiviert.“ Diese Immunität schütze vor schweren Verläufen, vor Komplikationen, vor Todesfällen. Das Coronavirus hingegen mache oftmals nur „mukosale Infektionen“ (nur oberflächlich in den Schleimhäuten, Anm.). Bei diesen könne man nicht davon ausgehen, dass eine nachhaltige Immunantwort gebildet wurde. Das Virus wird also gleich beim Eintritt über Nase oder Mund abgefangen.
Europa
Generell gibt es in Europa kaum noch Corona-Maßnahmen. Die meisten
Länder verlangen keinen 3-G-Nachweis mehr (Details: www.oeamtc.at, www.bmeia.gv.at)
Masken mitzunehmen ist trotzdem empfehlenswert: In vielen Urlaubsländern (etwa in Griechenland, Italien, Spanien oder Portugal) gilt noch Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrs- mitteln sowie in Gesundheitseinrichtungen. In Griechenland gilt die Maskenpflicht auch in den gemeinsamen Passagierbereichen im Inneren der Fähren. In Kroatien sind Masken u. a. im öffentlichen Verkehr empfohlen
Grüner Pass
EU-COVID-Zertifikat (Grüner Pass oder ausgedruckt) bzw. negativer PCR- oder Antigentest benötigt: Frankreich, Malta, Monaco
Einreise in die USA Ausländern ist die Einreise nur erlaubt, wenn sie vollständig gegen Covid-19 geimpft sind. Seit 12. Juni muss der Fluglinie aber kein negativer Covid-19-Test mehr vorgelegt werden
Österreich-Einreise
Derzeit ist aus allen Ländern die 3G-Pflicht aufgehoben
Anders sieht dies der Immunologe Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie: „Generell fände ich es besser, wenn man eine Infektion einer Impfdosis gleichsetzen würde, also so, wie es in Deutschland gehandhabt wird. Wenn man sich als Ungeimpfter mit Omikron infiziert, kann gerade bei leichten Infektionen die Immunität nach der Genesung unzureichend sein. Das war der Grund, warum in Deutschland ja der Genesenenstatus in der Omikron-Welle auf drei Monate verkürzt wurde. Aber: Wenn man sich nach der Genesung impfen lässt, sehe man schon, dass sich das Immunsystem auch an die Omikron-Infektion „erinnert“.“
Wenn man sich als geimpfte Person mit Omikron infiziere, werden gerade die Antikörper stimuliert und verbessert, die sowohl die früheren Varianten als auch Omikron erkennen, erklärt Watzl. Die Immunität werde also breiter und Varianten-unabhängiger. „Daher sehe ich die Regelung gerade bei geimpften Personen sehr kritisch.“ Generell fände er es „besser, wenn man eine Infektion einer Impfdosis gleich setzen würde, also so, wie es in Deutschland gehandhabt wird“.
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