Long Covid: Erklären Schädigungen der Gefäße die Symptome?
Lang anhaltende, Müdigkeit, Erschöpfung, Atembeschwerden, verschiedene Einschränkungen im Alltag und viele weitere Symptome: Nach wie vor gibt es mehrere Hypothesen für die Ursachen von Beeinträchtigungen durch "Long Covid". Kanadische Forscher haben jetzt aber neue Hinwweise auf die sogenannte "Gefäßhypothese" gefunden, konkret der Beeinträchtigung des Sauerstofftransports in den Blutgefäßen.
Mittels der funktionellen Magnetresonanztomographie (MRI) mit inhaliertem Xenon-Gas haben sie gezeigt, dass diese schwächenden Symptome mit mikroskopischen Anomalien zusammenhängen, die den Sauerstoffaustausch zwischen den Lungen und den roten Blutkörperchen beeinträchtigen.
Mit dieser Technologie können die Wissenschafter live mitverfolgen, wie sich Sauerstoff von den 300 bis 500 Millionen Lungenbläschen (Alveolen) in die Blutzellen bewegt. Durch die dünne Hülle der Alveolen gelangt der Sauerstoff aus der eingeatmeten Luft in die Blutgefäße."Wir sahen, dass bei jenen symptomatischen Patienten, die Covid-19 hatten, im Vergleich zu gesunden Freiwilligen der Transport von Sauerstoff zu den roten Blutkörperchen verringert war", sagt Studienleiterin Grace Parraga von der Universität von Western Ontario. Die Studie ist im Fachmagazin Radiology erschienen." Weitere CT-Scans wiesen auf eine "abnorme Beschneidung" des Gefäßbaums hin, was auf eine Beeinträchtigung der winzigen Blutgefäße hindeutet, die die roten Blutkörperchen zur Anreicherung mit Sauerstoff zu den Lungenbläschen bringen", schreibt der niederländische Mediziner Hank Schiffers auf Twitter.
"Laut der Studie gibt es auch keinen Unterschied im Schweregrad dieser Anomalie zwischen Patienten, die mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden, und solchen, die sich ohne Krankenhausaufenthalt erholten. Dies ist ein wichtiges Ergebnis, da die jüngste Welle von COVID-19-Infektionen eine große Zahl von Menschen betroffen hat, die keine stationäre Behandlung benötigten."
Auch "Bei denjenigen, die nach einer COVID-Infektion Symptome zeigen, selbst wenn die Infektion nicht schwer genug war, um ins KH eingeliefert zu werden, sehen wir diese Anomalie beim Austausch von Sauerstoff durch die Alveolarmembran in die roten Blutkörperchen", wird Parraga in einer Aussendung der Western University zitiert.
Von einer gestörten Gefäßfunktion als eine mögliche Ursache für Long Covid berichtete bereits die Immunologin Carmen Scheibenbogen von der Charité in Berlin im NDR-Podcast Coronavirus Update. Diese gestörte Gefäßfunktion, die man auch bei Jüngeren sehe, sei "ein ganz wichtiger Befund". SARS-CoV-2 sei ein Virus, das sehr viele unterschiedliche Körperzellen infizieren könne, darunter eben auch Gefäße. Man sehe langanhaltend, dass sich die Funktion gerade der kleinen Gefäße "noch nicht wieder richtig erholt hat".
Das könne man mit Ultraschalltechniken messen. "Und das haben wir auch gesehen, bei vielen jüngeren Patienten waren die kleinen Gefäße noch nicht wieder richtig gut durchblutet und infolgedessen kommt es möglicherweise auch zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff der Organe, also der Muskulatur zum Beispiel".
Gerade diese Minderversorgung der Muskulatur mit Sauerstoff könne auch erklären, "dass diese Fatigue nicht nur ein Gefühl ist, sondern dass man die wirklich auch gut messen kann, dass also bei vielen auch die Handkraft vermindert ist".
Dies führe aber zu ersten Ansätzen, wie man das Post-Covid-Syndrom behandeln könnte, "indem man gezielt Medikamente gibt, die das Immunsystem modulieren, oder indem man gezielt Medikamente gibt, die die Durchblutung verbessern".
Virusreste als Auslöser?
Ein Auslöser dieser Gefäßschädigungen könnten Virusreste sein, die zu einer anhaltenden Aktivierung des Immunsystem bei einem Teil der Patientinnen und Patienten führen. Dabei geht es nicht um infektiöse Viren, die sich weiterhin im Körper vermehren, sondern eher um "kleine Eiweißbruchstücke", so Scheibenbogen Die Folge ist eine permanente Entzündungsreaktion, die negative Effekte auf die Gefäßfunktion hat.
Einen Hinweis darauf erbrachte auch eine Studie an der MedUni Innsbruck. Bei Patienten mit chronischen Darmerkrankungen werden regelmäßig Magen-Darm-Spiegelungen durchgeführt. Im Rahmen einer Studie wurden bei allen Patientinnen und Patienten, die unabhängig von ihrer Grunderkrankung Long-Covid-Symptome wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit zeigten, Virusbestandteile in der Dünn- oder Dickdarmschleimhaut gefunden.
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