Corona: Reinfektionen auch bei Geimpften mit Genesung möglich
Wer zum Jahreswechsel beziehungsweise im Jänner oder Februar eine Coronainfektion mit der Subvariante BA.1 hatte und geimpft ist, kann sich derzeit trotzdem nicht vor einer neuerlichen Coronainfektion, diesmal mit BA.4 oder BA.5, sicher fühlen: Darauf weist jetzt eine Studie hin, an der unter anderem die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek und die Biontech-Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci beteiligt waren. BA.1. war zu Jahresbeginn die dominante Subvariante von Omikron. Trotzdem blicken mehrere Expertinnen und Experten relativ zuversichtlich in die Zukunft.
Im Labor wurde für diese Studie untersucht, wie gut die Antikörper der Betroffenen vor einer Infektion mit anderen Corona-Varianten schützen. Demnach scheint eine Durchbruchsinfektion mit BA.1 bei Geimpften zwar den Schutz gegen verschiedene SARS-CoV-2-Varianten zu erhöhen, aber eben nicht gegen die neuen Subvarianten BA.4 und BA.5.
Bei den Zweifach-Geimpften führte die Durchbruchsinfektion mit BA.1 zu einem 100-fach höheren Antikörpertiter gegen BA.1 und immerhin noch einem 35-fach höheren Titer gegen BA.2 im Vergleich zu der Gruppe ohne Durchbruchsinfektion, berichtet das deutsche Ärzteblatt.
Zweifach-Geimpfte mit Infektion hatten auch höhere Antikörperwerte als Dreifach-Geimpfte ohne Infektion.
Anders waren die Labordaten bei BA.4 und BA.5: Hier war der neutralisierende Effekt der Durchbruchsinfektion weitaus geringer. "Zwar hatten die 2-fach Geimpften mit Durchbruchinfektion 15-fach höhere Titer gegen BA.4/BA.5 als diejenigen ohne Durchbruchinfektion, doch war die Antikörperantwort verglichen mit der Ursprungsvariante sehr gering", schreibt das Ärzteblatt.
Deutlich höher dürfte das Ansteckungsrisiko für Menschen sein, die nur von BA.1 genesen sind, aber nicht geimpft sind, berichtet zeit online unter Verweis auf das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Sie seien Laborversuchen zufolge besonders anfällig für eine Infektion mit den neuen Subvarianten, so das Zentrum: "Diese Individuen sind wahrscheinlich nicht vor einer symptomatischen Infektion mit BA.4 oder BA.5 geschützt."
Infektiologe ist "nicht beunruhigt"
Der österreichische Infektiologe Emil Reisinger von der Universität Rostock sagte im Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk NDR, dass ihn die Varianten BA.4 und BA.5 "nicht beunruhigen". Der Impfstoff wirke auch gegen diese Subvarianten. "Und dann haben wir zur Ausbreitung die Situation, dass BA.4 beziehungsweise BA.5 sich in Südafrika im April und Mai dieses Jahres ausgebreitet haben, dann aber die Ausbreitung wieder abflachte." Darauf hoffe er auch in Portugal. Beruhigend für ihn sei, dass im benachbarten Spanien die Inzidenzen weiterhin sehr niedrig seien.
Der Virologe Christian Drosten hingegen zeigte sich kürzlich "etwas beunruhigt" von der Entwicklung in Portugal, wo nicht nur die Inzidenz, sondern auch die Sterbefälle ansteigen, wie er sagte. Für mehr Klarheit müsse man aber noch abwarten.
"Es macht zuversichtlich, dass die Welle in Portugal und Südafrika nicht allzu schwer verlaufen ist", erklärte hingegen Virologin Ciesek in zeit online: "Das Ausmaß an Infektionen dort war nicht vergleichbar mit vorherigen Wellen, und ich hoffe, dass es bei uns ähnlich sein wird."
Ähnlich auch die Einschätzung von Christina Falk, Immunologin an der Medizinischen Hochschule Hannover: "BA.4 und BA.5 sind immer noch Sublinien von Omikron, so wie BA.1 und BA.2, die gerade bei uns zirkulieren. Daher werden wir in den Sommermonaten vermutlich ganz gut klarkommen."
Infektiologe Reisinger hält es für möglich, dass im Oktober eine neue Variante auftritt: "Wir haben in den letzten zwei Jahren gelernt, dass sich alle sechs Monate eine neue Variante entwickelt. Und innerhalb dieser Varianten wie beispielsweise Omikron gibt es alle paar Wochen Mutationen. Sodass ich mir vorstellen kann, dass wir sechs Monate nach Omikron – sprich: im Oktober - wieder eine neue Variante bekommen, die sich dann eventuell vermehrt ausbreitet", erläuterte er im NDR-Interview. "Aber wenn Viren mutieren, dann können sie immer in beide Richtungen mutieren. Sie können ansteckender werden oder nicht ansteckender. Allerdings nur die ansteckendere Variante setzt sich dann in einer Population durch."
Ideal wäre eine Variante, "die ansteckender ist, aber nicht krankmachend. Dann hätten wir so etwas wie eine natürliche Immunisierung oder Impfung."
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