Grippe, Erkältung oder Corona: Wo liegen die Unterschiede?
Ein Anstieg der Influenza-Fälle, und immer noch viele Corona-Infektionen: Wie unterscheiden sich die Erkrankungen? Und kann man an den Symptomen erkennen, womit man infiziert ist?
Lassen sich anhand der Symptome Erkältung, Influenza und Covid-19 unterscheiden?
„Das ist nicht möglich“, heißt es beim Robert-Koch-Institut. „Früher hat man gesagt: Grippale Infekte kennzeichnet ein langsamer Krankheitsbeginn, mit nur leicht erhöhter Temperatur und einer rinnenden Nase, also Schnupfensymptomen. Und auf der anderen Seite stand immer die Influenza, die echte Grippe, mit plötzlichem Krankheitsbeginn, hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und wenig Schnupfen. Covid-19 liegt genau dazwischen und kann sich einmal wie eine Influenza, ein anderes Mal wie ein grippaler Infekt präsentieren.“
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Gibt es zumindest Anhaltspunkte zur Unterscheidung?
„Plötzlich einsetzendes hohes Fieber ist sicher eher charakteristisch für Influenza, aber es kann in manchen Fällen auch mit Covid-19 einhergehen“, sagt die Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien. Magen-Darm-Beschwerden (Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Appetitlosigkeit) seien derzeit bei Erwachsenen „ein sehr häufiger Hinweis auf Covid-19“. Bei Influenza sei das „eher weniger“ der Fall. „Man darf sich aber nicht täuschen lassen: Bei Kindern kann auch die Influenza mit Durchfall einhergehen.“ Der Geruchs- und Geschmacksverlust wiederum ist typisch für Covid, er wird aber seit den auf Omikron zurückgehenden Varianten seltener beobachtet.
Sind Covid-19 und Grippe vergleichbare Krankheiten?
„Nein, es sind zwei völlig verschiedene Erkrankungen“, sagt Redlberger-Fritz. Die Influenza könne zwar auch zu verschiedenen Komplikationen führen, sie bleibe aber vorwiegend eine Erkrankung der Atemwege. Covid-19 hingegen sei mehr eine Multiorganerkrankung, die auf alle Organsysteme übergreifen könne.
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Wie unterscheiden sich die Langzeitfolgen?
Generell können sogenannte „postvirale Syndrome“ nach der Akutphase jeder Virusinfektion vorkommen. Aber bei Covid-19 treten Langzeitfolgen „überproportional häufig auf, und deshalb sprechen wir hier von Long Covid“, sagt Redlberger-Fritz. Weil Covid-19 eben eine Multiorganerkrankung sei, betreffen auch die Symptome und Langzeitfolgen mehr Organsysteme, Beispiele seien etwa die Magen-Darm-Probleme, der sogenannte Gehirnnebel („Brain Fog“) oder eine krankhafte Erschöpfung. Auch das Risiko für Autoimmunerkrankungen (z. B. der Schilddrüse, Schuppenflechte, rheumatoide Arthritis) und Gürtelrose sind nach Covid-19 häufiger.
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Influenza wiederum macht häufig Komplikationen bei Menschen, die schon vorgeschädigte Herz- oder Gehirngefäße haben, so Redlberger-Fritz: „Diese haben ein um bis zu sechsfach erhöhtes Risiko, in der ersten Woche nach der Grippe einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu bekommen – das sehen wir bei Covid-19 nicht.“
Zu den für Influenza typischen Komplikationen zählen auch sogenannte bakterielle Superinfektionen. Zur Virusinfektion kommt – begünstigt durch das geschwächte Immunsystem – eine bakterielle Infektion hinzu: „Bei Kindern sind das Mittelohr- und Lungenentzündungen, bei Erwachsenen häufig Lungenentzündungen.“
Und wie sieht es mit RSV aus?
"Auch die epidemische RSV-Aktivität hat nach Ende der Weihnachtsferien wieder deutlich zugenommen", schreibt die Virologin Judith Aberle auf der Plattform X (Twitter). Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ist einer der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen und Kleinkindern. Meist verläuft die Infektion wie eine Erkältung. Greift sie von den oberen auf die unteren Atemwege über (vor allem auf die kleinsten Verästelungen der Bronchien), kann es jedoch auch zu schweren Verläufen kommen. Je kleiner die Kinder, umso schwerer können die Verläufe sein - das gilt vor allem für die ersten zwei Lebensjahre. Ein Warnzeichen ist, wenn Säuglinge schlecht trinken, weil die Nase verstopft ist, sie zusätzlich husten, fiebern und sich beim Atmen anstrengen. Dann sind die kleinsten Verzweigungen der Bronchien, die Bronchiolen, entzündet und verengt. Auch bei älteren Menschen, insbesondere mit Vorerkrankungen der Lunge oder des Herzens, kann es zu schwereren Verläufen kommen.
Wie gut sind Kombi-Antigentests (Covid/Influenza/RSV)?
Grundsätzlich sprechen die Schnelltests auch auf die aktuellen Corona-Varianten an. „Wenn sehr hohe Viruslasten ausgeschieden werden, können die Kombi-Tests die jeweilige Infektion nachweisen“, sagt Redlberger-Fritz. Höhere Virusmengen scheidet man bei den ersten Infektionen mit einem Erreger aus: „Deshalb funktionieren diese Tests bei Kindern wesentlich besser.“
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Ist hingegen das Immunsystem durch zahlreiche Infektionen bereits trainiert, reiche die Viruskonzentration im Abstrich oft nicht aus, damit der Test anschlägt: „Dann kommt es zu falsch negativen Testergebnissen.“ Das gelte für Influenza in stärkerem Ausmaß als für Corona: „Mit Influenza kamen Erwachsene im Laufe ihres Lebens schon öfter in Kontakt – sie müssen dabei nicht erkranken –, und dementsprechend niedriger sind die Viruslasten.“
Mehrere Wellen
In der zweiten Jännerwoche wurden im Überwachungssystem des Zentrums für Virologie der MedUni vor allem Influenza (18,4 % von 309 Proben von Schleimhautabstrichen) , SARS-CoV-2 (11,3 %) und RSV (10,4 %) nachgewiesen, schrieb die Virologin Judith Aberle am Sonntag auf der Plattform X (früher Twitter).
Viruswechsel
Bei Influenza dominieren A(H1N1)-Viren, „die in den vergangenen vier, fünf Jahren so gut wie nicht zirkuliert sind“, sagt Virologin Monika Redlberger-Fritz. In den letzten zwei Saisonen dominierte A(H3N2), davor gab es pandemiebedingt kaum Influenzafälle
Junge betroffen
Von A(H1N1) sind hauptsächlich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene betroffen. Es gibt vier bis fünf Geburtsjahrgänge, die mit diesem Virus noch nie in Berührung gekommen sind.
Wie infiziert man sich?
Das Coronavirus SARS-CoV-2 und auch die Grippeviren werden hauptsächlich über virushaltige Tröpfchen übertragen. Bei der Influenza spielen aber auch Schmierinfektionen über die Hände (z. B. bei Türschnallen) eine Rolle, „vor allem bei den Kindern“, betont Redlberger-Fritz. „Deshalb ist auch die Händehygiene sehr wichtig.“ In einem anderen Punkt gibt es eine Gemeinsamkeit bei allen Atemwegserregern: „Masken sind ein sehr gutes Mittel, um zu verhindern, dass man sich selbst ansteckt oder andere angesteckt werden.“
Ist Impfen jetzt noch sinnvoll?
„Die Influenza-Welle hat erst begonnen, die Infektionen nehmen zu. Wenn man davon ausgeht, dass die Grippe-Welle mindestens zwölf Wochen andauert und fünf bis sieben Tage nach der Impfung der Impfschutz einsetzt, dann ist die Influenza-Impfung – auch für Kinder – auf jeden Fall noch empfehlenswert.“ Die Covid-Welle wiederum ist zwar im Abklingen, aber noch nicht vorbei: „Für Hochrisikopersonen, die in den vergangenen zwölf Monaten weder geimpft worden sind noch eine Infektion durchgemacht haben, ist eine Impfung auch jetzt noch sinnvoll.“
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