Denn der Anteil von Pirola (BA.2.86) und neuen Untervarianten wie JN.1 wachse kontinuierlich und liege „bei mehr als 20 Prozent – aber dieser Wert stammt von Proben, die zirka zwei Wochen alt sind“,, erklärt Bergthaler im KURIER-Gespräch. Damals dominierten noch XBB-Varianten und Subvarianten, die in rund drei Viertel aller Abwasserproben nachgewiesen werden konnten.
Aus internationalen Daten könne man schließen, „dass sich die Untervarianten von Pirola wöchentlich verdoppeln“. JN.1 allein lag vor zwei Wochen bereits bei einem Anteil von rund zehn Prozent.
JN.1 hat eine genetische Veränderung (Mutation) im Spike-Protein, „die zumindest im Labor zu einer starken Immunflucht führt“. Bestehende Antikörper können die Bindung dieser Coronaviren an menschliche Zellen nur in beschränktem Ausmaß blockieren, Infektionen werden erleichtert: „Diese Untervarianten können den Antikörpern sehr gut entkommen.“
Noch im Steigen
Dies könnte erklären, warum die derzeitige Welle noch nicht gebrochen, sondern tendenziell eher im Steigen begriffen ist: „Im Hintergrund der XBB-Varianten haben sich Pirola und ihre Subvarianten kontinuierlich aufgebaut.“ JN1. und andere Abkömmlinge hätten das Potenzial, „weiter schnell anzuwachsen und so die Welle in die Länge zu ziehen“.
Die derzeitigen hohen Infektionszahlen seien zwar sicher nicht allein durch die Pirola-Untervarianten verursacht, weil ja auch die XBB-Varianten noch vorhanden seien, „aber wir sehen einfach, dass sie stark im Kommen sind und die Dynamik der Virusaktivität bereits in den vergangenen Wochen stark von BA.2.86 und dessen Untervarianten angetrieben wurde“.
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Bergthaler betont, dass dies aber kein Grund für Alarmismus sei: „Es sind ja nach wie vor Omikron-Untervarianten und es gibt kein Indiz, dass die Krankheitsverläufe stärker sind. Der Körper hat noch andere Abwehrmechanismen wie die T-Zellen, die vor schweren Verläufen schützen.“ Labordaten zeigen, „dass der aktuelle Covid-Impfstoff auch neutralisierende Antikörper gegen BA.2.86 samt Untervarianten bildet – vielleicht nicht ganz so effektiv, aber grundsätzlich ist der Impfstoff sehr wirksam“.
Auch wenn die derzeitige Infektionswelle „eine besonders hohe ist, sollte es uns grundsätzlich nicht überraschen, dass es immer wieder durch neue Varianten neue Infektionswellen gibt“, betont Bergthaler:
„Es ist ein Wechselspiel. Auf der einen Seite ist unsere Immunität , die mit der Zeit schrittweise nachlässt. Aber das ist individuell sehr unterschiedlich und hängt stark davon ab, wie viele Impfungen und / oder Infektionen man hinter sich hat und wie lange das zurückliegt. Immun-Gedächtniszellen aber bleiben jahrelang erhalten, und bieten deshalb ein Grundmaß an Immunität."
"Und auf der anderen Seite ist es das Virus, das durch immer neue Mutationen und Varianten versucht, unserer Immunantwort zu entkommen“, erklärt der Immunologe. Der große Unterschied zum Beginn der Pandemie sei allerdings, dass praktisch niemand mehr immunologisch naiv ist, also gar keine Infektion oder Impfung hinter sich hat. „Das ist auch der Hauptgrund, der gegen alarmierende Botschaften spricht.“
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Da praktisch jede Person eine gewisse Immunität habe, gebe es auch keine Berechtigung mehr für von oben verordnete Maßnahmen. Trotzdem sollte man versuchen, Infektionen zu vermeiden, um das Risiko von Long Covid oder anderen Komplikationen zu reduzieren.
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Erhöhtes Bewusstsein würde generell gegen die typischen Winter-Infektionen helfen: „Da haben wir schon vor der Pandemie die Vorsorge eher vernachlässigt, wenn ich etwa an die Grippeimpfungen denke.“
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