Asthma-Spray gegen Covid-19: "Daten mit Vorsicht betrachten"

Asthma-Spray gegen Covid-19: "Daten mit Vorsicht betrachten"
Stellungnahme der Österreichischen Lungenärztegesellschaft: Größere Studien notwendig, um positive Effekte aus erster Untersuchung zu bestätigen.

Für großes Aufsehen und viel Hoffnung, was eine frühzeitige Therapie von Covid-19 betrifft, sorgte vor kurzem eine Studie zum Wirkstoff Budesonid (Cortison), der in Asthma-Sprays zum Einsatz kommt. Bei einer im Fachmagazin The Lancet publizierten Studie wurde die Wahrscheinlichkeit von schweren Verläufen mit Aufsuchen einer Notaufnahme oder Krankenhausaufenthalt gegenüber einer Kontrollgruppe mit Standardtherapie ohne Budesonid um 90 Prozent reduziert.

Voraussetzung war, dass das Mittel in den ersten Tagen nach Auftreten der ersten Symptome zum Einsatz kam.Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bezeichnete diese Resultate als "Game Changer", mehrere Medizinier äußerten sich positv und sprachen von einem "beachtlichen und bedeutsamen Effekt".

Von 146 Patienten erhielten innerhalb von maximal sieben Tagen nach Symptombeginn 73 die Standardtherapie (z.B. Fieber- und Schmerzmittel), die anderen 73 inhalierten zwei Mal täglich je zwei Hübe Budesonid (ingesamt 1600 Mikrogramm pro Tag). Von den Patienten in der Gruppe mit Standardtherapie mussten letztlich zehn in eine Notaufnahme fahren bzw. in einem Spital aufgenommen werden, in der Gruppe mit Budesonid war es nur ein Patient - das entspricht einer relativen Reduktion des Risikos um 90 Prozent.

Keine endgültigen Schlüsse ziehen

Auch die Österreichische Gesellschaft für Pneumologie schreibt jetzt in einer aktuellen Stellungnahme, dass eine hochdosierte Therapie mit der anti-entzündlichen inhalativen Wirkstoff Budesoni einen Vorteil "gegenüber der Standardtherapie hinsichtlich der Verringerung des Bedarfs einer Notversorgung aufgrund von Covid-19" zeigte.

Die fünf Autoren der Stellungnahme betonen aber auch: "Wichtig dabei ist, die interessanten, jedoch aus unserer Sicht lediglich Hypothesen generierenden Daten aus dieser kleinen Patientengruppe mit Vorsicht zu betrachten." Derzeit sei es noch nicht seriös möglich, "endgültige Schlüsse für die frühzeitige Behandlung von Covid-19-PatientInnen" mit Budesonid zu ziehen.

"Ausdrücklich muss darauf hingewiesen werden, dass weitere, größere, verblindete Placebo-kontrollierte Studien benötigt werden, um mögliche positive Effekte einer ICS-Therapie (anti-entzündliche, inhalative Glukokortikoide wie Budesonid, Anm.) bei Covid-19 zu bestätigen und eine Zulassung durch die EMA zu veranlassen."

Was die Aussagekraft der Studie einschränkt

Die Autoren führen dafür mehrere Gründe an. So sei darauf hinzuweisen, dass der gewählte primäre Endpunkt, also das vorrangige Ziel der Studie  (in diesem Fall das Ermitteln der Häufigkeit einer Notversorgung bzw. eines Besuchs einer Notaufnahme oder Spitalsaufnahme) sehr subjektiv sei, da "die Wahrnehmung des Krankheitsverlaufes vom Patienten / der Patientin abhängt".

Unterschiede in objektiven Parametern, wie in der Sauerstoffsättigung oder der Reduktion der Virenlast, "zeigten sich zwischen den Gruppen dagegen nicht", so die Autoren.

Zudem waren die Ursachen für den Arztbesuch in der Kontrollgruppe "zu einem Großteil nicht primär Covid-19-assoziiert", heißt es in der Stellungahme. Als Beispiele werden etwa ein Rippenbruch, akutes Nierenversagen oder eine schwerwiegende Stoffwechselentgleisung bei Insulinmangel (Ketoazidose) genannt. Ebenso sei es möglich, dass PatientInnen, die eine Standardtherapie (ohne Budesonid, Anm.) erhielten, "eine höhere Erwartung einer möglichen Komplikation hatten" als jene, die einer Behandlung mit Budesonid zugeitelt waren. "Passend dazu hatten alle drei PatientInnen der Kontrollgruppe, die über zunehmende Atembeschwerden klagten, unter Raumluft eine sehr gute Sauerstoffsättigung."

Von Selbstmedikation wird abgeraten

Zu vermeiden sei auch, die Ergebnisse dieser Phase II Studie auf die gesamte Substanzklasse solcher inhalativen Cortison-Präparate (ICS) zu projizieren. "Derzeit sind außer zu Budesoind keine Daten für eine Behandlung von Covid-19-PatientInnnen publiziert." Auch sei keines dieser Präparate für die Behandlung von Covid-19 zugelassen.

Für Patienten mit Asthma ist eine regelmäßige Einnahme solcher Präparate "unerlässlich und die Versorgung dieser PatientInnen muss gewährleistet bleiben", heißt es abschließend in der Stellungnahme. "Daher ist von einer breiten off-label-Behandlung (außerhalb der Zulassungsanwendungen, Anm.) von Covid-19-PatientInnen oder gar der Selbstmedikaiton durch Personen mit SARS-CoV-2-Infektion auch aus Sicht der Versorgungssicherheit von PatientInnen mit Asthma abzuraten."

 

 

 

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